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Das Warten ist seit gestern Abend vorbei. Um 19.45 Uhr stand fest, mit wem es die Schweizer Fussballer im Achtelfinal vom Samstag (15 Uhr) in St.Etienne zu tun bekommen: Polen. Die Osteuropäer besiegten zwar in Marseille die bereits ausgeschiedene Ukraine durch ein Tor von Jakub Błaszczykowski 1:0, doch brachte ihr der Sieg nicht den angestrebten Gruppensieg, weil auch Deutschland seine Pflichtaufgabe gegen Nordirland mit einem 1:0 löste.
Aber so reizvoll eine Partie gegen den Nachbarn auch hätte sein können, so gut ist es, spielen die Schweizer nicht gegen den Weltmeister, sondern eben gegen die Polen. Die Aussichten auf ein Weiterkommen sind dadurch ungleich grösser.
Nachdem die Polen beim 0:0 im zweiten Gruppenspiel gegen Deutschland hervorragende Kritiken erhalten hatten, war ihre Vorstellung gegen die Ukraine keine Augenweide. Sie liessen zwar auch in der dritten Partie keinen Gegentreffer zu, doch war dies weniger ihrer Klasse im Defensivbereich zu verdanken, als dem Unvermögen des Gegners, hochkarätigste Chancen zu nützen. Zudem hätte der Schiedsrichter den Ukrainern einen glasklaren Penalty zugestehen müssen. Spielen die Polen in drei Tagen nicht besser, hat die Schweiz eine grosse Chance, erstmals in die EM-Viertelfinals einzuziehen.
Doch aufgepasst: Im Vélodrome von Marseille ist gestern gewiss nicht das wahre Gesicht Polens zu sehen gewesen. Mit Krzysztof Maczynski, Lukasz Piszczek, und Kamil Grosicki hatte Trainer Adam Nawalka gleich drei seiner mit einer gelben Karte belasteten Titulare auf der Bank gelassen und auch Blaszczykowski eine Halbzeit lang eine Pause gegönnt. Es ist davon auszugehen, dass sein Team am Samstag mit einer anderen Leistung aufwartet.
Die beiden Mannschaften werden sich dabei zum ersten Mal bei einem grossen Turnier über den Weg laufen. Überhaupt sind sich die Schweiz und Polen mit zehn Partien bisher noch nicht besonders oft begegnet. Achtmal in Freundschaftsspielen, zuletzt im November 2014 unter Vladimir Petkovic bei einem 2:2 in Breslau, zwei Mal im Rahmen der EM-Qualifikation 1980, als die Schweiz beide Partien 0:2 verlor.
«Jetzt sind wir erst einmal glücklich, denn wir haben Geschichte geschrieben und sind als erste polnische Mannschaft bei einer EM eine Runde weiter gekommen», sagte Goalie Lukasz Fabianski, der den seit dem ersten Spiel gegen Nordirland verletzten Wojciech Szczesny ersetzt. «Nun wollen wir gegen die Schweiz unseren Weg weitergehen.»
Was bei den Polen auffällt: Die Torfabrik um Robert Lewandowski (Bayern) und Arkadiusz Milik (Ajax), die während der EM-Qualifikation mit 33 Treffern den Bestwert aller Teams schaffte, hat Produktionsschwierigkeiten. Immerhin war Milik beim 1:0 gegen Nordirland noch der Siegtorschütze. Doch Superstar Lewandowski ist ausser Form geraten. Gegen die Ukraine vergab er in der Startphase eine Möglichkeit, die so gar nicht typisch für den eiskalten Skorer ist.
«Robert ist für uns auch von grosser Wichtigkeit, wenn er nicht trifft», wollte Trainer Nawalka gar nicht erst Diskussionen über seinen Torjäger aufkommen lassen. Der 59-Jährige, der die Polen 2013 übernommen hatte, strich auch gestern wieder die enormen Fortschritte heraus, die seine Mannschaft gemacht habe. «Vor allem im organisatorischen Bereich gefällt mir, was wir leisten», sagte Nawalka.
Die Polen hatten sich als Gruppenzweite hinter Deutschland und dank einem 2:1-Heimsieg im letzten Spiel gegen Irland für die EM qualifiziert. Verbandspräsident Zbigniew Boniek ist überzeugt vom Team und schraubt die Erwartungen in die Höhe. «Diese Mannschaft ist so gut wie jene von 1982», sagte Boniek.
Was für das aktuelle Team einem kleinen Ritterschlag gleich kommt, denn in den 70er- und 80er-Jahren zählten die Polen mit Namen wie Deyna, Lato, Smolarek und Boniek zur Weltspitze. Bei der WM 1974 und 1982 wurden sie jeweils Dritte.
Doch seither brachten die Polen nichts mehr auf die Reihe. Das Heimturnier 2012 wurde für sie zur Enttäuschung wie jenes 2008 für die Schweiz. Der frühere Nationalspieler Tomasz Hajto, in Frankreich als TV-Experte dabei, sagt: «Es ist etwas zusammengewachsen. Der Sieg gegen Deutschland in der Qualifikation hat Selbstvertrauen gegeben.»
Trainer Nawalka glaubt nicht, dass die zwei Schweizer Ruhetage mehr für Polen zum Nachteil werden. «Wir sind physisch sehr fit und werden nun am Mittwoch das Spiel gegen die Schweizer vorbereiten. Wir kennen sie gut, sie spielen auf einem hohen Niveau und gehören hier zu den interessantesten Mannschaften», sagte Nawalka. «Aber ich bin guter Dinge, dass wir sie schlagen.»