Bei schwarzen Formel-1-Boliden denken die meisten wohl sofort an Mercedes. Die eigentlichen «Silberpfeile» wurden in den beiden Saisons 2020 und 2021 schwarz lackiert, um auf die «Black Lives Matter»-Bewegung aufmerksam zu machen. In der kommenden Saison werden mehrere Teams mit schwarzen Abdeckungen fahren. Nicht etwa aus aktivistischen Gründen, sondern um Gewicht zu sparen.
Bei den dunklen Autoteilen handelt es sich nämlich nicht etwa um schwarzen Lack, sondern um nacktes Carbon. Mit dieser Technik wollen die Teams Gewicht einsparen, denn eine Komplettlackierung eines Formel-1-Autos ist ca. sechs Kilogramm schwer. Sechs Kilogramm, welche man lieber für technische Änderungen, wie zum Beispiel stabilere Unterböden, nutzt, statt für schöne farbige Autos.
Die Regenreifen, welche eigentlich, wie es der Name schon sagt, bei starkem Regen eingesetzt werden sollten, wurden in der letzten Saison zum Flop. Laut den Fahrern war der Reifen viel zu hart und erreichte nie die gewünschte Temperatur. Deshalb griffen die Teams lieber zu den weicheren, aber bei viel Regen riskanteren Intermediatereifen. Um das Problem zu beheben, tüftelte Pirelli schon länger an einer Lösung. Die Teams sollen ab dem Rennen in Imola am 21. Mai 2023 die neuen, besseren Regenreifen nutzen können. Wie diese bei grossen Regenmengen zurechtkommen, ist noch unbekannt.
Ausserdem wird an zwei noch zu bestimmenden GP-Wochenenden ein neues Qualifying-Format getestet. Dabei erhalten die Teams keine freie Reifenwahl. Im ersten Teil der Qualifikation (Q1) müssen sie die Reifen der harten Mischung verwenden, in der zweiten Session die der mittleren Sorte und im Q3 die weichsten Pneus.
… Kommandostand. Die Teams staunten nicht schlecht, als sie während der Testfahrten in Bahrain den halbierten Kommandostand von Haas entdeckten. Laut Günther Steiner, dem legendären Teamchef von Haas, wurde der Kommandostand für diese Saison halbiert, um Frachtkosten zu sparen. Dank der Verkleinerung werden 250’000 Dollar im Jahr gespart, die das Team damit während der Saison für wichtige Anpassungen am Auto nutzen kann.
Nach dem letztjährigen Strategiedesaster von Ferrari war wohl allen klar, dass Ferrari-Teamchef Mattia Binotto seinen Hut nehmen muss. Sein Nachfolger wurde Frédéric Vasseur, der vorher Team-Manager bei Alfa Romeo war. Kurz nach Bekanntgabe von Vasseurs Abgang wurde Andreas Seidl als neuer CEO der Sauber-Gruppe kommuniziert. Damit hat das Team einen neuen CEO, nicht aber einen neuen Teamchef. Diese Position gibt es nämlich bei Alfa Romeo nicht mehr so, wie man sie kennt. Der neue Geschäftsführer der Sauber-Gruppe, Alessandro Alunni Bravi, wird das Team während der Rennwochenenden als «Team-Repräsentant» vertreten – nicht aber als offizieller Team-Chef.
Das wohl grösste Problem der Fahrer war in der letzten Saison das sogenannte «Porpoising», also das Holpern und teilweise Aufschlagen des Autos wegen des inkonstanten Anpressdrucks. Die neuen F1-Autos müssen nach dem neuen Regelwerk 15 Millimeter höher gebaut werden. Was nach wenig klingt, zeigt aber grosse Wirkung. Während der Testfahrten in Bahrain war im Gegensatz zur letzten Saison so gut wie kein Holpern mehr zu erkennen, ganz zur Freude der Fahrer, die sich 2022 noch über Rückenschmerzen beklagten. Durch die Erhöhung des Chassis und dem damit verbundenen Anpressdruck werden die Formel-1-Boliden langsamer als noch im Vorjahr – eine Challenge für die Aerodynamiker.
Erstmals in der Geschichte der Formel 1 wird die Weltmeisterschaft durch 23 Rennen entschieden – es wird die längste Saison der Geschichte. Ursprünglich waren gar zwei Rennen mehr als noch 2022 geplant, als 22 Grand Prix auf dem Kalender standen. Da nun aber die GPs von China und Frankreich gestrichen wurden, werden «nur» 23 Rennen gefahren. Dafür ist der GP von Katar nach der fussballbedingten WM-Pause wieder mit dabei. Neu auf dem Rennkalender steht das Stadtrennen auf der bekannten Hauptstrasse «The Strip» in Las Vegas. Bereits in den 1980er-Jahren fanden zwei GPs in Las Vegas statt – auf dem Hotelparkplatz des «Caesars Palace».
Im Vergleich zur letzten Saison gab es einige Änderungen im Fahrerfeld. Mick Schumacher verlor seinen Platz bei Haas und agiert in dieser Saison nur noch als Ersatzfahrer für Mercedes. Wegen ausbleibenden Erfolgen wurde auch der Publikumsliebling Daniel Ricciardo bei McLaren nicht weiter beschäftigt und wird nun bei seinem ehemaligen Team Red Bull zum Ersatzfahrer. Seinen Helm an den Nagel gehängt hat der vierfache Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel, dessen grosse Erfolge auch schon eine Weile zurückliegen.
Zurück im F1-Cockpit ist Nico Hülkenberg, der eigentlich bereits 2020 keinen Vertrag mehr bei Renault erhielt, aber wegen diverser Ausfälle von Fahrern als zuverlässiger und spontaner Ersatzmann in den vergangenen Saisons immer wieder zu Einsätzen kam. Dieses Jahr übernimmt er den Platz von Schumacher beim einzigen US-Team Haas. Ricciardos Cockpit im McLaren wird neu von Oscar Piastri besetzt. Der australische Formel-2-Weltmeister von 2021 war im letzten Jahr Ersatzfahrer von Alpine. Der Aufstieg von der Formel 2 in die Königsklasse ist auch dem US-Amerikaner Logan Sargeant geglückt. Sargeant wird für Williams an den Start gehen.
Nach seinem erfolgreichen Einsatz als Ersatzfahrer für Williams beim GP von Italien 2022 erhält mit dem Niederländer Nyck De Vries ein dritter Rookie einen Job als Stammfahrer. Der 28-Jährige übernimmt bei AlphaTauri für Pierre Gasly, der zu Alpine abgewandert ist. Das Cockpit beim französischen Team wurde frei, weil Fernando Alonso den zurückgetretenen Vettel im Aston Martin ersetzt. Bei den drei Top-Teams Red Bull, Ferrari und Mercedes sowie bei Alfa-Romeo-Sauber bleibt alles beim Alten.
Die Saison 2023 wird nicht nur wegen der Rekordanzahl an Rennen eine lange Saison für Fahrer, Teams und Fans, sondern auch wegen der Anzahl an Sprintrennen, welche jeweils am Samstag ausgetragen und bei denen rund ein Drittel der Distanz des Rennens vom Sonntag gefahren werden. Waren es im letzten Jahr noch drei solcher Rennen, sind es nun doppelt so viele. Diese finden in Aserbaidschan, Österreich, Belgien, Katar, Austin (USA) und Brasilien statt.
Dies hat auch Auswirkungen auf die Budgetobergrenze, welche 2021 eingeführt wurde, um eine Chancengleichheit unter den Teams herzustellen. Für die anstehende Saison hätte der Kostendeckel dabei grundlegend 135 Millionen Dollar (umgerechnet 125,7 Millionen Franken) betragen sollen, also fünf Millionen weniger als zuletzt. Doch der Ausgleich für Inflation und die Kompensation für die zusätzlichen (Sprint-)Rennen lassen die Budgets weiter anschwellen. So dürfen die Teams jetzt rund acht Millionen Dollar mehr ausgeben als im vergangenen Jahr. Nicht mit eingerechnet sind weiterhin die Löhne der Fahrer wie auch der bestbezahlten drei Mitarbeiter. So liegen die Ausgaben der Topteams nach wie vor weit jenseits der eigentlichen Budgetgrenze.
Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.