Beim FC Barcelona läuft es in dieser Saison unter Trainer Xavi zumindest in den heimischen Wettbewerben rund. In La Liga steht man mit neun Punkten Vorsprung auf den grossen Rivalen Real Madrid an der Tabellenspitze. Das Halbfinal-Hinspiel im spanischen Pokal konnte Barça ebenfalls gegen Real mit 1:0 für sich entscheiden und hat dadurch gute Chancen auf den Final-Einzug. Doch nun ranken sich plötzlich Korruptionsgerüchte um den spanischen Tabellenführer.
Die spanische Staatsanwaltschaft wirft dem FC Barcelona «Korruption zwischen Privatpersonen» vor. Dabei soll der Klub zwischen 2016 und 2018 insgesamt 1,4 Millionen Euro an José Maria Enriquez Negreira überwiesen haben, insgesamt soll er von 2001 bis 2018 gar 7,3 Millionen Euro erhalten haben. Negreira hatte zu diesem Zeitpunkt das zweithöchste Amt im spanischen Schiedsrichterwesen (CTA) inne.
Die Ermittler der spanischen Behörden kamen zum Schluss, dass die Gelder dazu dienten, Barça bei der Entscheidungsfindung der Schiedsrichter einen Vorteil zu verschaffen. Die Anzeige der Staatsanwaltschaft richte sich nun gegen den Verein, die beiden Ex-Präsidenten des Klubs Sandro Rosell, Josep Mario Bartomeu und gegen Negreira.
«Barça hat mit Enriquez Negreira eine streng vertrauliche, mündliche Vereinbarung getroffen, damit er in seiner Funktion als Vizepräsident des CTA gegen Geld Aktionen durchführt, die Barcelona bei der Entscheidungsfindung in den Spielen des Vereins und damit in den Ergebnissen der Wettbewerbe begünstigen», heisst es in der Anklage der Staatsanwaltschaft.
Der FC Barcelona weist jegliche Anschuldigungen von sich. Barças aktueller Präsident Joan Laporta sagt, der Klub sei «unschuldig und Opfer einer Kampagne».
Culers, estigueu tranquils. El Barça és innocent del que se l’acusa i víctima d’una campanya contra la seva honorabilitat en la que ara ja hi són tots. Cap sorpresa, defensarem el Barça i demostrarem la innocència del Club. Molts hauran de rectificar. #totsUnitsFemForça
— Joan Laporta Estruch🎗 (@JoanLaportaFCB) March 12, 2023
Die Zahlung der im Raum stehenden 1,4 Millionen Euro wurde vom Verein allerdings bestätigt. Laporta erklärte, sein Verein habe sich lediglich von der Firma des ehemaligen Schiedsrichterbosses beraten lassen. Barça habe unter anderem Ratschläge, wie sich Spieler gegenüber den Schiedsrichtern verhalten sollten, eingeholt. «Dies ist aber im Fussball bei den grossen Klubs sehr normal», meinte Laporta.
«Das machen wir schon seit vielen Jahren, das ist keine neue Nachricht», meinte auch Xavi auf einer Pressekonferenz zu den Angelegenheiten um Negreira.
Auch Negreira räumte die geschäftliche Beziehung zwischen seiner Firma und dem FC Barcelona ein. Die Vorwürfe der Korruption wies der ehemalige Schiedsrichter allerdings von sich. In einem Interview mit dem spanischen Radiosender «Cadena Ser» sagte der 77-Jährige, er habe den FC Barcelona bei keiner Entscheidung oder Schiedsrichterernennung bevorzugt. Weiter bestätigte er die Aussagen Laportas, dass er dem Klub lediglich beratend zur Seite gestanden hätte.
Bartomeu, Präsident des FC Barcelonas zwischen 2014 und 2020, sagte gegenüber der «AS», dass man die Dienste von Negreira für zu teuer befunden hatte und sie deshalb eingestellt habe. Zudem habe er sich nie persönlich mit dem Schiedsrichterboss getroffen. Dass Negreira dem Präsidenten mit Konsequenzen drohte, wenn sie die Zahlungen an ihn einstellen würden, bestätigte Bartomeu ebenfalls. «Er rief mich an und sagte, dass wir mit dem Geld seiner Familie spielen würden.»
Über die Aufgaben Negreiras beim FC Barcelona sagte Bartomeu: «Es scheint, als hätten wir als Gegenleistung mehr Elfmeter gefordert oder andere Schiedsrichterentscheidungen zu unseren Gunsten beeinflussen wollen, aber das ist nicht der Fall. Dieser Mann hatte keinerlei Macht unter den Schiedsrichtern.»
Besonders pikant an Bartomeus Aussagen ist, dass der spanische Tabellenführer die Zahlungen an Negreira einstellte, als dieser 2018 seine Tätigkeit als Vizepräsident des Schiedsrichterausschusses niederlegte.
La-Liga-Präsident Javier Tebas sagte, dass der FC Barcelona keine sportlichen Strafen zu befürchten habe, da die Anschuldigungen schon länger als drei Jahre zurückliegen und dadurch verjährt sind.
Dennoch ist eine Strafe nicht völlig ausgeschlossen. Der spanische Fussballverband RFEF reagierte anders als Liga-Präsident Tebas mit Bestürzung auf die Vorwürfe gegen den FC Barcelona und bot der Staatsanwaltschaft seine Hilfe bei der Aufklärung des Falles an. Ein Richter wird nun die Anklage prüfen und entscheiden, ob es zu einem Gerichtsverfahren kommt.
Mit Real Madrid erklärte sich am Sonntag auch der 41. von 42 Profiklubs aus den beiden höchsten spanischen Ligen dazu bereit, die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft zu unterstützen. Schon in den Wochen zuvor hatten sich die restlichen 40 Vereine für eine gründliche Untersuchung des Falles ausgesprochen.
Comunicado Oficial.#RealMadrid
— Real Madrid C.F. (@realmadrid) March 12, 2023
Die Madrilenen zögerten als einziger Klub lange, sich gegen den Rivalen aus Barcelona auszusprechen. Dies dürfte vor allem am angespannten Verhältnis der Königlichen gegenüber Liga-Präsident Tebas liegen. Allerdings dürften auch die gemeinsamen Interessen der beiden Klubs in puncto European Super League eine Rolle gespielt haben.
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung von Real Madrid, sich an den Ermittlungen zu beteiligen, genau eine Woche vor dem prestigeträchtigen El Clasico ist von den Verantwortlichen der Königlichen mit Sicherheit auch nicht rein zufällig ausgewählt worden. Der einzige spanische Klub der keine gründliche Untersuchung des Falles fordert, ist der FC Barcelona selbst.
Wer glaubt denn so einen Schwachsinn?
Aha eine mündliche Vereinbarung. Wird ja spannend zu sehen sein, wie die Staatsanwaltschaft das beweisen will.