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Weltenbummler Oliver Buff träumt in Litauen von der Champions League

Seit März 2022 im Dress des litauischen Meisters FK Zalgiris Vilnius: Oliver Buff.
Seit März 2022 im Dress des litauischen Meisters FK Zalgiris Vilnius: Oliver Buff.bild: zvg

Oliver Buff – ein Schweizer Weltenbummler träumt in Litauen von der Champions League

Oliver Buff war U17-Weltmeister und langjähriger FCZ-Spieler. Dann wurde er zum Weltenbummler. Nach Stationen in Spanien, Zypern, Malaysia ist er nun in Litauen angekommen. Der bald 30-Jährige erzählt aus seinem neuen Leben, wie er den nahen Krieg erlebt und wo er seinen Verein FK Zalgiris im Vergleich mit der Schweiz einordnet.
12.07.2022, 13:17
Etienne Wuillemin / ch media
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In einer Woche beginnt für den Schweizer Meister FC Zürich die Qualifikation zur Champions League. Heute Abend wird feststehen, ob der Gegner Lech Posen oder Karabach heisst.

Für einen Schweizer Fussballer hat das Abenteuer Champions League bereits begonnen. Den Ex-FCZ-Spieler Oliver Buff. Der bald 30-Jährige spielt seit diesem Frühjahr für FK Zalgiris Vilnius. Mit den Litauern trifft Buff in der 1. Qualifikationsrunde auf den kosovarischen Meister KF Ballkani. 1:1 endet das Hinspiel – dank Buff, er erzielt per Kopf den Ausgleich für sein Team. Heute kommt es zum Rückspiel in Vilnius.

Der Champions-League-Quali-Treffer von Buff.Video: streamja

Seit März lebt Buff in Vilnius – und ist begeistert, wie er am Telefon erzählt. «Die Stadt ist grossartig. Das hätte ich so nicht unbedingt erwartet. Wobei mir das alle sagten, die Vilnius kannten. Es gibt viele tolle Restaurants und Cafés, die Innenstadt hat viel Charme, sie ist nie überfüllt und die Leute sind nie im Stress. Nur das Wetter könnte ein bisschen besser sein.»

In Litauen geniesst der Fussball nicht den höchsten Stellenwert. «Er steht klar im Schatten des Nationalsports Basketball», sagt Buff. Auch das ist der Stadt deutlich anzumerken. Überall stehen Körbe, die Kinder spielen schon von klein auf. «Und irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass jeder zweite Litauer zwei Meter gross ist – ich komme mir häufig vor wie ein kleines Kind», sagt Buff und lacht.

Doch der Sport ist auch in Litauen selbstredend nicht das grosse Thema dieser Tage. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist omnipräsent. Wobei Buff sagt: «Wenn Sie mich vor zwei Wochen gefragt hätten, dann hätte ich gesagt, es sei etwas ruhiger geworden. Doch dann hat die Regierung Litauens die Zugverbindungen in die russische Exklave Kaliningrad verboten. Seither spüre ich wieder eine grössere Unsicherheit in der Bevölkerung.»

Fussball inmitten der Weltpolitik:

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grafik: jbr

Überall in Vilnius hängen blau-gelbe Fahnen als Zeichen der Unterstützung für die Ukraine. «Die beiden Länder sind sich sehr verbunden, die Solidarität ist überwältigend», sagt Buff. Gleichzeitig hat er von Einheimischen gehört, die ihre Kinder aus der Schule genommen und ihre Häuser verkauft haben, um so schnell wie möglich wegzukommen. Für ihn selbst ist eine Rückkehr in die Schweiz derzeit kein Thema. Zumindest, solange sich die Lage nicht zuspitzt.

Fast wie in Zürich – ein Strassenzug in der litauischen Hauptstadt Vilnius.
Fast wie in Zürich – ein Strassenzug in der litauischen Hauptstadt Vilnius.bild: imago-images.de

Seinem Team FK Zalgiris würde Buff in der Schweizer Super League einen Platz im Mittelfeld zutrauen. Darum sagt er jetzt auch: «Von der Qualität her müssten wir uns für den europäischen Wettbewerb qualifizieren. Wahrscheinlich wird es nicht die Champions League. Aber zumindest die Conference League sollte drinliegen.» In Litauen ist alles darauf ausgelegt, dass es eine Mannschaft in den Europacup schafft. Entsprechend wurde auch das Liga-Spiel von Buffs Equipe an diesem Wochenende verschoben. Damit sich die Mannschaft ganz auf das Rückspiel gegen Ballkani konzentrieren kann. Wie aber hat Buff überhaupt nach Litauen gefunden?

Weltmeister mit der U17-Nati

Zum ersten Mal Notiz von Buff nimmt die Schweizer Öffentlichkeit im Herbst 2009. Buff ist einer der Schlüsselspieler der Schweizer U17, die sensationell den Weltmeistertitel gewinnt. Beim 1:0 im Final liefert er per Eckball die Vorlage für Haris Seferovic. Beim 2:1 im Viertelfinal gegen Italien gelingt ihm das entscheidende Tor.

Im Gegensatz zu einigen anderen entscheidet sich Buff nicht für den schnellen Wechsel ins Ausland. 2010 debütiert er für den FCZ in der Super League. Den Zürchern bleibt er treu bis im Sommer 2017. Auch den Gang in die Challenge League 2016/17 macht er noch mit.

Oliver Buff setzt sich an der U17-WM gegen Kolumbiens Daniel Santa durch.
Oliver Buff setzt sich an der U17-WM gegen Kolumbiens Daniel Santa durch.bild: keystone

Doch die Idee eines Wechsels ins Ausland bleibt stets im Hinterkopf. Einmal, noch im FCZ-Dress, sagt er im Gespräch: «Wenn ich einen Sohn hätte, der mich mit 16 um Rat fragen würde, ob er ins Ausland gehen oder in der Schweiz bleiben soll, würde ich ihm raten: probier es doch im Ausland.»

Wie aus Buff ein Weltenbummler wurde

2017 ist es für Buff soweit. 25-jährig wechselt er nach Saragossa, in die zweithöchste spanische Liga. «Die Art und Weise, wie in Spanien der Fussball gelebt wird, das ist unvergesslich. Fussballerisch war es meine schönste Zeit.» Aber Buff realisiert auch: «Es ist schon so, im Ausland hat in aller Regel niemand auf einen Schweizer Fussballer gewartet. Das muss man sich einfach bewusst sein.»

Nach eineinhalb Jahren zieht Buff weiter nach Zypern. «Diesen Schritt würde ich im Rückblick nicht mehr machen.» Saragossas Sportchef machte aus finanziellen Gründen Druck. «Ich dachte, ich würde wohl nicht mehr spielen, wenn ich jetzt keine Alternative finde. Aber es hätte mir gutgetan, die Entscheidung ruhiger anzugehen.»

Ein halbes Jahr bleibt Buff bei Anorthosis Famagusta. Sein Fazit: «Joel Mall hat kürzlich einmal gesagt, der Fussball in Zypern sei bis zur Wurzel vergiftet, das trifft es ziemlich gut.» Immerhin erhält Buff im Nachhinein das versprochene Geld. Es ist nicht bei allen seinen Teamkollegen so.

Elf ziemlich langweilige Monate in Malaysia

Nach einem Abstecher zu den Grasshoppers, der sowohl bei den FCZ- als auch den GC-Fans mit einiger Aufregung zur Kenntnis genommen wird, und vier Monaten ohne Verein wechselt Buff im Januar 2021 nach Malaysia, zum FC Selangor. Buff wohnt in Kuala Lumpur, eine Stadt, in der es durchaus gut leben liesse. «Aber leider waren die elf Monate geprägt von Corona.» Ständige Lockdowns und strenge Quarantäne-Regelungen machen Besuche fast unmöglich.

«Zum Glück hatte ich einige deutsche Teamkollegen, mit denen ich mit gut verstand, sonst hätte ich mich sehr einsam gefühlt.»

Von den Strukturen rund um den Fussball in Malaysia ist Buff aber durchaus angetan. «Seien wir ehrlich: in Europa beschäftigt sich niemand mit dem malayischen Fussball, warum auch. Ich war aber überrascht, wie professionell alles ist. Und es wird durchaus investiert.» Das ist durchaus lukrativ für Fussballer aus Europa.

Nach fast einem Jahr in Malaysia ist für Buff klar, dass er nochmals in Europa spielen will. Er hat Lust auf ein weiteres, vielleicht letztes, Abenteuer ausserhalb der Schweiz. Das Angebot aus Litauen kommt zum perfekten Moment. Und nun also die europäischen Spiele. Es sind die Partien, in denen sich Buff noch einmal im Schaufenster präsentieren kann.

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