Gattuso haucht Italien neues Leben ein – mit der WM-Hoffnung tut er sich aber noch schwer
Grosse Hoffnungen machen sich die Italiener nicht mehr, die WM-Qualifikation noch über die Gruppe zu schaffen. «Italien braucht ein echtes Wunder», schreibt die Gazzetta dello Sport. Schliesslich müsste Italien nicht nur Moldawien (heute Donnerstag, 20.45 Uhr) und dann auch Norwegen (Sonntag, 20.45 Uhr) schlagen, sondern gleichzeitig auf einen Ausrutscher der Skandinavier gegen Estland hoffen – oder aber eine um 16 Treffer schlechtere Tordifferenz aufholen. «Darüber sollte man besser nicht nachdenken», lautet das Fazit der italienischen Zeitung. Zu gut waren die Norweger um Erling Haaland bisher: 6 Spiele, 6 Siege, 29:3 Tore.
Dennoch ist nicht zu verneinen, dass die Stimmung rund um das Nationalteam besser geworden ist, seit Gennaro Gattuso das Ruder übernommen hat. Der Weltmeister von 2006, der als Trainer zwar noch keine Bäume ausgerissen hat, sollte dem seit dem EM-Titel 2021 erfolglosen und beinahe etwas lethargisch anmassenden italienischen Nationalteam neues Leben einhauchen. Ihm mit seiner Art neue Energie bringen, wie er das früher im Mittelfeld der Squadra Azzurra und der AC Milan gleichermassen tat. Aufgrund dieser lieben ihn die Italienerinnen und Italiener und vertrauten bei seiner Vorstellung im Juni trotz seines überschaubaren Palmarès an der Seitenlinie darauf, dass er der richtige Mann sein würde.
Gelassenheit und Ruhe dank Gattuso
Und Gattuso scheint dies bisher zu bestätigen. Flügelspieler Riccardo Orsolini sagte nun: «Als Gattuso kam, hat er sofort einen frischen Wind reingebracht.» Er habe den Enthusiasmus gebracht, der dem Team zuvor gefehlt habe. Dieses sei zuvor «vielleicht niedergeschlagen» gewesen, so der 28-jährige Bologna-Profi. «Der Coach hat uns Gelassenheit und Ruhe gegeben.»
Die Bilanz lässt sich bisher sehen: In vier Spielen unter Gattuso ging Italien immer als Sieger vom Platz. Zwar war das nicht immer souverän – wie zum Beispiel beim dramatischen 5:4-Sieg in Israel – doch am Ende ist das egal. Dank der beiden Erfolge gegen die Israelis sicherte sich Italien mindestens einen Platz in den Playoffs.
Schon jetzt macht sich Gattuso Gedanken, wie er sich und sein Team angesichts des dichten Spielplans am besten auf die Ende März stattfindenden Spiele vorbereiten könnte. «Vielleicht finden wir im Februar ein oder zwei Tage, um zusammenzukommen», so Gattuso. Ansonsten gehe es vor allem darum, die Spieler zu besuchen, mit ihnen essen zu gehen und das Ganze so hinzubekommen.
Angstgegner in den Playoffs?
So richtig glaubt wohl auch er nicht mehr daran, dass sein Team den Umweg über die Playoffs noch verhindern kann. Dennoch sagte Gattuso vor der Partie gegen Moldawien deutlich: «Ich möchte maximales Engagement sehen, um das fortzusetzen, was wir im September begonnen haben.» Italien bräuchte gegen Moldawien ein echtes Offensivfeuerwerk. Nicht ganz typisch für die Azzurri. Letztes Mal schoss Italien im Mai 2021 beim 7:0-Sieg im Freundschaftsspiel gegen San Marino 6 oder mehr Tore. So wäre es wohl nur bei einem Ausrutscher Norwegens gegen Estland realistisch, dass Italien im Direktduell zum Abschluss der Qualifikation im San Siro noch etwas am Gang in die Playoffs ändern kann.
Und so droht der vierfache Weltmeister tatsächlich zum dritten Mal in Serie, eine WM zu verpassen. In den Playoffs könnten unter anderem Schweden und Nordmazedonien als Gegner drohen. Es sind ironischerweise diejenigen Nationen, die Italiens Hoffnungen auf die WM-Teilnahme 2018 bzw. 2022 in den Playoffs zerstörten. Als vermeintlicher Favorit zu scheitern, kennen unsere südlichen Nachbarn deshalb.
Liverpool-Star Chiesa sagt ab
Nicht zählen kann Gattuso in den beiden Spielen der nächsten Tage auf den verletzten Stürmer Moise Kean, der in drei WM-Quali-Spielen vier Tore erzielte, sowie auf Liverpools Federico Chiesa. Der 28-jährige Flügelspieler lehnte die Einladung vom italienischen Nationaltrainer erneut ab. «Ich muss respektieren, was der Spieler mir sagt. Mehr kann ich dazu nicht sagen», hielt sich Gattuso bedeckt. Einen offiziellen Grund für Chiesas Absage gibt es nicht. Es wird spekuliert, dass er sich nicht fit genug fühlt, um ins Nationalteam zurückzukehren. Seit der EM 2024 lief Chiesa nicht mehr für Italien auf, in Liverpool wird er nur als Joker eingesetzt.
So liegen die Hoffnungen umso mehr auf Stürmer Mateo Retegui (5 Tore, 4 Assists in der WM-Quali) und Giacomo Raspadori (3 Tore, 2 Assists). Gleichzeitig kündigte Gattuso an, etwas zu experimentieren und Spielern Einsatzzeiten zu ermöglichen, die unter ihm bisher noch nicht so viele Minuten sammelten. Der Fokus liegt wohl schon jetzt auf den Playoffs im März.
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