Wenn man an Sport in Monza denkt, wird dem durchschnittlichen Schweizer wohl nicht als erstes Fussball in den Sinn kommen. Die Stadt in Norditalien ist zwar durchaus bekannt, vor allem aber wegen dem traditionellen Formel-1-Rennen, welches dort jährlich ausgetragen wird.
In naher Zukunft könnte Monza auch auf der Fussball-Landkarte erscheinen. Der heutige Serie-C-Verein hat ein ambitioniertes Projekt und will hoch hinaus. Fadenzieher dieser Mission ist ein prominenter Name: Silvio Berlusconi.
Dass der ehemalige italienische Ministerpräsident ein Faible für Fussball hat, ist längst kein Geheimnis mehr. 1986 übernahm Berlusconi die AC Milan. Über 30 Jahre gehörte ihm der Club, ehe er ihn 2017 an chinesische Investoren verkaufte. Es waren erfolgreiche Jahre, die erfolgreichsten der Vereinsgeschichte: 29 Titel gewann Milan in der «Ära Berlusconi», darunter drei Mal die Champions League.
Seit 2018 ist Berlusconi nun Präsident bei der AC Monza. Einem Verein, der im Gegensatz zu Milan keine glamouröse Vergangenheit hat – im Gegenteil. Seit der Gründung 1912 schafften es die Lombarden noch nie in die Serie A, das bisherige Highlight ist ein dritter Platz aus der Serie-B-Saison 55/56.
Dass sich Berlusconi dafür entschieden hat, den Verein zu übernehmen, liegt wohl in erster Linie an Adriano Galliani. Galliani ist im Fussball seit Jahren die rechte Hand Berlusconis und war bei Milan von 1986 bis 2017 Vorstandsvorsitzender. Und dieser Galliani ist seit seiner Kindheit Fan der AC Monza, seinem Heimatverein, von dem er bereits von 1984 bis 1986 Vizepräsident war.
Als sich das Duo Berlusconi/Galliani dafür entschied, wieder ins Fussball-Business einzusteigen, war Monza deshalb eine naheliegende Lösung. «Ich bin in Monza aufgewachsen, war dann 31 Jahre an Milan verliehen und bin dann wieder nach Hause gekommen», erklärte Galliani an einer Pressekonferenz.
Nach seiner Übernahme 2018 krempelte Berlusconi den ganzen Verein ganz nach seinen Vorstellungen um. Galliani sollte nicht der einzige Mann aus seinem engeren Umfeld bleiben, der angestellt wurde: Berlusconi machte seinen Bruder Paolo zum Präsidenten und verpflichtete Cristian Brocchi als Trainer, welcher bereits bei Milan erst unter Berlusconi gespielt und dann auch trainiert hatte.
Auch die Mannschaft wurde in der Saison von Berlusconis Übernahme richtiggehend revolutioniert: Ganze 29 Spieler wurden in der Saison 18/19 neu vepflichtet oder ausgeliehen, darunter auch einige mit Serie-A-Erfahrung.
Bei den Transfers hatte Berlusconi ebenfalls klare Vorstellungen: «Die Spieler sollen gepflegte Haare und keinen Bart haben, und sicher keine Tattoos. Auch Ohrringe sollen sie nicht tragen. Es müssen vorbildliche Spieler sein. Sie werden sich nach einem Foul entschuldigen, den Schiedsrichter fair behandeln und dem Gegner am Ende der Partie die Hand schütteln», erklärte der Mailänder bei der Vereinsübernahme.
Con il #Monza voglio costruire una squadra di giovani Italiani che possano dare un contributo alla prossima Nazionale Italiana. #ForzaItalia #IdeeItalia pic.twitter.com/CoA9y9I84R
— Silvio Berlusconi (@berlusconi) October 5, 2018
Einer der wenigen, der unter der neuen Führung seinen Platz behalten konnte, ist Sportchef Filippo Antonelli. Der ehemalige Monza-Spieler ist nach wie vor für die Transfers des Vereins mitverantworlich – und begeistert über die Entwicklung unter Berlusconi, wie er gegenüber der «New York Times» sagte: «Früher musste ich vier oder fünf Mal anrufen, bis jemand antwortete. Mittlerweile rufen die Leute mich an. Viele Spieler aus höheren Ligen würden gerne bei uns spielen.»
Mit der Übernahme von Berlusconi und Galliani sind auch die Ambitionen des Vereins gestiegen. «Die Serie C ist nur eine Zwischenstation. Wir müssen in die Serie B und dann sofort in die Serie A», gab Galliani nach der Verpflichtung des Vereins bekannt. Oder noch konkreter: 2021 soll in Monza Serie-A-Fussball gespielt werden.
Und tatsächlich läuft es Monza in dieser Saison, der ersten vollständigen seit dem Besitzerwechsel, ausgezeichnet. Mit 61 Punkten aus 27 Partien führen die Lombarden die Serie C souverän an. Der erste Verfolger, Carrarese Calcio, liegt 11 Runden vor Ende der Saison schon 16 Punkte zurück. Die Rückkehr in die Serie B nach 19 Jahren scheint nur noch Formsache zu sein.
Dass es anschliessend gleich zum Aufstieg in die Serie A reicht, ist zwar schwierig, aber nicht unmöglich. Mit Lecce, SPAL, Benevento und Parma schafften gleich mehrere Teams in jüngster Vergangenheit genau dieses Kunststück. Und Silvio Berlusconi hat sicher das nötige Kleingeld, um diese Mission noch etwas realistischer zu machen.