Audrey Werro kam in 1:57,34 Minuten nahe an ihren Schweizer Rekord heran. Im Rücken der britischen Olympiasiegerin Keely Hodgkinson drehte die 21-jährige 800-m-Läuferin auf der Zielgeraden noch gross auf und schnappte sich mehrere Läuferinnen. Mit Platz 2 schaffte die Athletin aus Belfaux erstmals einen Podestplatz im Rahmen der Diamond League.
«Ich hatte einige Schwierigkeiten, mich zu positionieren, aber ich habe es geschafft, sehr gut abzuschliessen. Ich muss mich trauen, mich durchzusetzen», kommentierte die Athletin ihre Leistung. «Ich bin glücklich.» Die neun Hundertstel, die zum erneuten Schweizer Rekord fehlten, wurmten sie in diesem Moment kaum.
Mit einer Olympiasiegerin als Lokomotive hoffte Audrey Werro im Vorfeld, sogar unter 1:57 Minuten zu laufen. «Es wäre ein Traum, die Saison mit einer Zeit darunter zu beenden», gestand die Freiburgerin. «Das ist etwas, das ich in einer Ecke meines Kopfes habe. Ich strebe einen persönlichen Rekord für diesen Saisonabschluss an und ich denke, dass ich ihn schaffen kann. In Wirklichkeit muss man nur auf das richtige Rennen und darauf warten, dass alle Bedingungen erfüllt sind.»
In Lausanne war dies nicht der Fall, obwohl während des Rennes die Regengüsse ausgesetzt hatten. Mit ihrem raumgreifenden Schritt bekundet die Schweizerin oft Mühe, sich geschmeidig im Feld einzuordnen. Auch an der Athletissima gelang dies nicht perfekt. «Und ich habe lieber Sonne als Regen», schob sie nach.
Ungeachtet der Leistung von Lausanne steht fest, dass Audrey Werros Form stimmt. Vergangenen Samstag durchmass die Athletin die Bahnrunde mit einer 400-m-Zeit von 51,03 Sekunden, einem sehr starken Wert. «Diese Zeit ist ein Marker, der zeigt, dass man gut trainiert hat», erklärte sie. «Es ist gut, über 400 m zu trainieren, damit man am Ende eines 800 m-Laufs die nötige Geschwindigkeitsspitze hat.»
Bei Weltklasse Zürich und der WM in Tokio kann die Romande noch das Glück auf ihre Seite zwingen, das ihr in der Hallen-Saison fehlte. An der Indoor-EM in Apeldoorn vergab sie durch Sturz eine mögliche Medaille, an der Hallen-WM in China fehlte eine Hundertstelsekunde zu Bronze.
Bei Ditaji Kambundji öffnete Petrus die Schleusen wieder. Die Bernerin, mit starken 12,43 Sekunden in dieser Saison bloss die Nummer 8 im Feld, liess sich nicht beirren und kam als Dritte mit einem Wert von 12,54 ins Ziel – nur eine Hundertstelsekunde hinter der Olympiasiegerin Masai Russell.
«Cool, dass ich auch unter diesen Bedingungen liefern kann», betonte die durchnässte Schweizerin. «Ich bin extrem zufrieden mit dem Saisonverlauf. Die Konstanz stimmt. Die Top-Zeiten fehlen zwar noch, aber ich habe jetzt ja noch ein paar Rennen, um den Schweizer Rekord zu senken.»
Die angesprochenen 12,40 Sekunden lagen in Lausanne nicht drin und werden auch nicht am Wochenende an den Schweizer Meisterschaften in Frauenfeld fallen. Aufgrund des dichten Wettkampfprogramms und nach der Erfahrung im letzten Jahr, als sie gesundheitlich angeschlagen nicht mehr zum SM-Final antreten konnte, verzichtet die Hallen-Europameisterin auf drei zusätzliche Hürdenrennen.
«Ich kann in Lausanne und Zürich noch holen, was ich brauche», sagte sie. «Die Athletissima gibt mir viel Zuversicht. Ich habe mehrere Top-Athletinnen bezwungen.»
Den Vergleich mit den Weltbesten trat auch Angelica Moser an, konnte ihn aber nicht beenden. Der Stabhochsprung der Frauen wurde wie auch der Hochsprung der Frauen aus Sicherheitsgründen abgebrochen.
Simon Ehammer wäre wohl auch lieber in der Kabine verschwunden, obwohl ihm als Zweiter ein weiterer Podestplatz gelang. «Ich kann bei allen Verhältnissen springen», zog der Appenzeller, der unter diesen Bedingungen sogar die 7,72 m lobte, Fazit.
Für das Highlight aus internationaler Sicht sorgte an der Athletissima Hürdensprinter Cordell Tinch. Der 25-jährige Amerikaner gewann die 110 m Hürden in herausragenden 12,98 Sekunden – angesichts der misslichen regnerischen Bedingungen eine sehr starke Zeit. Tinch, ein früherer Footballspieler, überzeugt nicht nur über die Hürden, sondern hat auch im Hoch- und Weitsprung beeindruckende Werte vorzuweisen. 2023 übersprang er 2,21 m und sprang 8,16 m weit. Trotz seiner Vielseitigkeit wartet er noch auf eine Medaille an einem Grossanlass. An der WM in Tokio zählt er nun zu den Favoriten.
Mit Jamal Britt und Trey Cunningham auf den Plätzen 2 und 3 feierte die USA auf der Lausanner Pontaise in dieser Disziplin, in der sich der Basler Jason Joseph mit Platz 6 begnügen musste, einen Dreifachsieg.
Im 100-m-Rennen hatte Olympiasieger Noah Lyles nach dem geplatzten Duell mit dem Jahresschnellsten und Olympia-Zweiten Kishane Thompson ein weiteres Mal in diesem Jahr das Nachsehen. Der Doppel-Weltmeister von 2023 in Budapest verpasste seinen ersten Saisonsieg in 10,02 Sekunden hinter dem siegreichen Jamaikaner Oblique Seville (9,87) deutlich. (nih/sda)