Kevin Bua ist ein Glückskind. Eigentlich. Er ist Fussballer beim FC Basel. Seine Karriere war stets ein logischer Prozess. Immer kam der nächste Schritt. Immer ging es voran. Mit 19 debütierte der Schweizer mit spanischen Wurzeln in der Challenge League, absolvierte in seiner ersten Saison 21 Spiele für seinen Stammverein Servette, im zweiten Jahr gar 30. Fünf Tore, neun Assists sowie enorme Qualitäten brachten ihn nach nur einem Jahr zum FC Zürich. Es folgte eine weitere Traum-Saison. Erneut 30 Spiele und neun Assists und gar noch ein Tor mehr.
Bua war einer der wenigen Lichtblicke in einer Saison zum Vergessen beim FC Zürich. Doch Bua wäre nicht Bua, hätte er nicht den gegenteiligen Weg seiner Mannschaft gemacht. Der FCZ stieg ab, Bua stieg auf. Zum FC Basel. «Im Fussball geht es immer um Fortschritt», sagte er an seinem ersten Tag beim FCB. Und tatsächlich schien seine Karriere linear zu verlaufen. Er kannte nur den Fortschritt. Das Glück.
Doch just in diesem Moment, in dem er mit dem Wechsel zum besten Verein der Schweiz das grösste Glück seiner noch jungen Karriere hätte erleben sollen, verliess es ihn. Plötzlich. Und vor allem ungewohnt. Sein erstes Jahr in Basel war nicht hart. Sondern «durísimo». Bua wählt die höchstmögliche Steigerungsform dieses Wortes, um seiner Situation Ausdruck zu verleihen. «Es war die schwerste Phase in meiner Karriere. Ein Jahr, in dem du kaum spielst, ist ein verlorenes Jahr.»
Dass der Start beim FCB im Sommer 2016 nicht einfach werden würde, war ihm bewusst. Er kam angeschlagen, weil er sich in der Endphase beim FCZ verletzt hatte und ein operativer Eingriff am Knie unumgänglich war. Dennoch fühle er sich in Basel gut aufgenommen von der Mannschaft. «Die Kollegen machten mir Mut. Sie sagten mir immer, dass ich stärker zurückkommen werde.»
Unter Beweis stellen konnte er das im letzten Jahr nie. Kaum war er wieder fit, wurde er zurückgeworfen. Ende Oktober war es ein Muskelfaserriss. Im März dann der Riss des Aussenbandes im linken Knie. «Diese Verletzung war noch schlimmer. Es war hart, das zu akzeptieren.» Weil er sich zurückgekämpft hatte, die ganze Vorbereitung mit dem Team hatte machen können. Und endlich bereit war, anzugreifen.
Bua, der sich als ungeduldig bezeichnet, musste lernen, ruhig zu bleiben. «Wenn du das nicht schaffst, dann erholst du dich im Kopf nie ganz.» Wenn er darüber spricht, wirkt er reflektiert und geerdet. Er ist einer, der nicht ins typische Schema passt. Im Fall eines Scheiterns im Profi-Fussball hat er eine Matura als Absicherung. Er ist nicht einer, der sich extravagant kleidet oder extrovertiert auftritt. Er sagt von sich, bescheiden, schüchtern und normal zu sein. Und liefert im Gespräch auf positive Art und Weise den Beweis dafür.
Er ist kein Lautsprecher, und auch die im Fussball so oft gesehenen Tattoos und Piercings findet man bei ihm nicht. «Ich sehe keine Notwendigkeit dafür», sagt er, ohne es wertend gegenüber seinen Kollegen zu meinen. Er war immer schon ein bisschen anders. Seine grossen Vorbilder waren nie Zidane oder Ronaldo, sondern seine Eltern und Grosseltern. Sie waren es auch, die ihm Halt gegeben haben in diesen Zeiten, in denen sich das Glück von ihm abgewandt hatte. «Meine Eltern besuchen mich fast jedes Wochenende», sagt der alleinlebende Bua, der morgen seinen 24. Geburtstag feiert.
Mit seiner jüngeren Schwester und seinem jüngeren Bruder hat er ebenfalls «eine ganz besondere Beziehung». Genauso wie zu seinen Grosseltern, die er so oft wie möglich in seiner zweiten Heimat Spanien besucht. Bua ist Doppelbürger, die Mutter stammt aus Zamora, der Vater aus Galicien. Von Letzterem hat er die Liebe zum Fussball geerbt. Der in Genf geborene Bua sagt, dass es als Junge mit spanischen Wurzeln natürlich ein Traum wäre, dereinst mal in der Primera División zu spielen. «Aber befragen Sie mich noch nicht zu Dingen, die noch so weit weg sind.»
Zuerst will er in Basel den nächsten Schritt machen. Stammspieler werden. Wichtig sein. Dass er seinen neuen Trainer schon aus Servette-Zeiten kennt, helfe ihm wohl kaum, aber die Art und Weise, wie Raphael Wicky spielen lasse, «könnte gut für mich sein». Bis jetzt war sie das tatsächlich. Zweimal stand er zuletzt in der Startformation und traf ebenso oft. Für Wicky ist er «wie ein Neuzugang, der eingeschlagen hat». Mit einem Jahr Verspätung. Oder wie Bua es nach dem Spiel in Thun sagte: «Ich bin endlich angekommen.»
Macht er so weiter, dürften auch wieder die nächsten, logischen Schritte folgen, wie er sie sich so lange gewohnt war. Der nächste wäre es, in der Champions League dabei zu sein. Sein grosser Traum. «Dieses Jahr dürfte ich ja hoffentlich das Glück haben, dort zu spielen.» Vor kurzem noch unrealistisch, darf es heute gar erwartet werden. Denn nach einem Jahr Pause haben Kevin Bua und das Glück endlich wieder zusammengefunden.