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An der WM gegen Serbien: Wie die Nati den Doppeladler verbannen will

Was macht der Doppeladler im «Fifty Shades»-Nachfolgeroman? Vögeln natürlich!
Erika Leonard James? Nein, danke.


Wenn schon Doppeladler, dann einen doppelten!
Die Geste des Anstosses: Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri machen vor vier Jahren gegen Serbien den Doppeladler.Bild: comments://234998675/1826315

Vier Jahre nach dem Doppeladler: Wie die Nati die Nebengeräusche verbannen will

Als Folge der Doppeladler-Affäre an der WM 2018 erhält die Schweizer Nati mit Pierluigi Tami einen Sportdirektor. Es ist seine bis anhin grösste Herausforderung, die Revanche vier Jahre später zu moderieren. Wie geht er dabei vor?
30.11.2022, 07:08
Etienne Wuillemin, Doha / ch media
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Gestern war der Tag nach der 0:1-Niederlage gegen Brasilien. Für die meisten Schweizer Nationalspieler stand Erholung auf dem Programm. Das Ziel: Möglichst wieder fit werden für das Endspiel am Freitag gegen Serbien. Es ist die Partie, die darüber richtet, wie diese WM aus Schweizer Sicht in Erinnerung bleibt.

Normalerweise gehört auch Xherdan Shaqiri zu jenen Akteuren, die im Anschluss an ein Spiel etwas relaxen dürfen. Klar, schliesslich ist ein Schweizer WM-, oder EM-Spiel ohne Shaqiri seit einer gefühlten Ewigkeit undenkbar. Seitdem er an der WM 2010 gegen Honduras auf der grossen Bühne debütierte, hat Shaqiri kein einziges Endrunden-Spiel mehr verpasst - bis eben am letzten Montag gegen Brasilien.

Darum sind die Augen nun auf ihn gerichtet. Kehrt er gegen Serbien zurück? Die Frage geht an Pierluigi Tami, Sportdirektor des Schweizer Nationalteams. Die Zuversicht ist gross. «Es sieht gut aus», sagt er, «aber Gewissheit werden wir erst später haben.» Vielleicht schon heute Mittwoch nach einem weiteren Training, an dem Shaqiri wieder voll teilnehmen will. Gestern absolvierte er zusammen mit Noah Okafor noch ein Spezialprogramm.

Tami wird nach Heusler-Bericht Sportdirektor

Die Frage nach Shaqiri ist für Tami so etwas wie eine willkommene Ablenkung zwischendurch. Denn das grosse Thema ist ein anderes. Wird das Spiel Schweiz gegen Serbien erneut überschattet von Nebenschauplätzen? So, wie das an der WM 2018 der Fall war? Die Erinnerung an die serbischen Provokationen, die helvetischen Doppeladler-Jubel und die Unruhe im Anschluss sind nicht vergessen.

Die Highlights von Schweiz – Serbien vor vier Jahren.Video: YouTube/SRF Sport

Tami ist sich dessen bewusst. Natürlich, schliesslich, es ist in der Zwischenzeit fast ein wenig vergessen gegangen, gibt es seinen Job des Sportdirektors nur wegen dieses Spiels Schweiz-Serbien an der WM 2018. Der Schweizerische Fussballverband beauftragte die Firma der ehemaligen FCB-Führung um Präsident Bernhard Heusler und Sportchef Georg Heitz mit der Durchleuchtung dieser WM-Kampagne. Eine Erkenntnis: Hätte es einen Sportdirektor gegeben, so hätte dieser korrigierend eingreifen können.

«Wir wollen Schweizer Fussballgeschichte schreiben. Alles andere interessiert uns nicht.»
Pierluigi Tami

Da steht er nun also, der Sportdirektor Tami, blaues Shirt, schwarze Hose, es ist die Schweizer Trainingskluft, die Sonnenbrille in die Turnier-Akkreditierung eingehängt. Immer wieder fährt er sich mit der Hand über die Stirn, um die Schweisstropfen wegzuwischen. Man könnte meinen, er wird durch das Fragen-Bombardement immer weiter in die Enge getrieben, bis der Körper Alarmsignale aussendet.

Switzerland's national soccer teams director Pierluigi Tami speaks with journalists during a mixed zone after a open training session of Swiss national soccer team in preparation for the FIFA Wor ...
Pierluigi Tami gibt Auskunft.Bild: keystone

Aber so ist das nicht. Allein die Hitze in einem für einmal nicht vollklimatisierten Raum macht Tami zu schaffen. Er selbst hat eine klare Message mitgebracht, die er während seines 17-minütigen Auftritts ständig wiederholt. «Wir haben einen einzigen Job: An dieser WM erfolgreichen Fussball zu spielen. Damit wollen wir Schweizer Fussballgeschichte schreiben. Alles andere interessiert uns nicht.»

Tami gelingt es tatsächlich, in seinen Antworten sämtliche Reizworte zu vermeiden. Als wäre er ein kleines Kind, das am Esstisch um jeden Preis Fluchwörter vermeidet, weil es sonst zur Strafe die Küche aufräumen muss.

Das Ziel im Frage-Antwort-Spiel: keine Reizwörter!

Bisweilen hört sich das Frage-Antwort-Spiel dann so an: Wird sich die Geschichte von 2018 wiederholen? «Wir wollen unsere eigene Geschichte schreiben.» Warum wird es diesmal keine Nebengeräusche geben? «Weil wir uns auf den Fussball konzentrieren.» Sind Sie überzeugt, dass dies allen Spielern gelingt? «Es ist so. Für uns gibt es heute nur das Training von heute. Und morgen nur das Training von morgen.» In der serbischen Garderobe hing eine Flagge mit Besitzanspruch des Kosovo, glauben Sie, es wird weitere Provokationen geben? «Uns interessiert nicht, was die anderen machen.» Sind Sie zu 100 Prozent sicher, dass keiner der Schweizer den Doppeladler zeigt? «Ich denke nicht daran, was passieren könnte. Ich schaue auf die Gegenwart. Und das heisst: Wir bereiten einen kapitalen Match vor, in dem wir uns für den WM-Achtelfinal qualifizieren können.»

Seine grösste Herausforderung

Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Tami wiederholt, was er CH Media schon im September sagte. Im Mai dieses Jahres gab es ein Treffen des Schweizerischen Fussballverbands (Präsident Blanc und Generalsekretär Breiter) mit den Kollegen aus Serbien. «Dabei haben beide Verbände betont, dass es an der WM um Fussball gehen wird.»

Daneben hat er zusammen mit Kommunikationsdirektor Adrian Arnold und Nationaltrainer Murat Yakin die Spieler sehr wohl darauf hingewiesen, welches Verhalten sie während der WM von ihnen erwarten. Dass politische Gesten nicht auf den Platz gehören, zum Beispiel. Also auch kein Doppeladler.

2019 hat Pierluigi Tami seinen Job angetreten. Er hat schon einige Herausforderungen gemeistert. Sei es in der Zusammenarbeit mit Vladimir Petkovic. Oder bei der Suche nach einem Nachfolger für den abgewanderten Erfolgstrainer der Nati. Doch dieses Spiel am Freitag jetzt, es ist für ihn die grösste Herausforderung. (aargauerzeitung.ch)

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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MixMasterMike
30.11.2022 08:33registriert Mai 2015
Und schlussendlich seid es ihr Journalisten, welche die Doppeladler-Story ständig wieder heraufbeschwört.
Unnötig, wie ich finde.
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Kommissar Rizzo
30.11.2022 07:43registriert Mai 2021
*Wie die Nati den Doppeladler verbannen will* und ihn Watson dafür regelmässig schön prominent platziert... Ohnehin verstehe ich die Bedeutung für die Albaner nicht. Gerade Serbien hat ja auch einen Doppeladler im Wappen.

Spannend finde ich einzig, dass auch diese beiden (Schweiz-)"Kosovaren" eine albanische Geste machen, wo man sich doch stehts als eigenständige Nation inszenieren will.
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c_meier
30.11.2022 09:09registriert März 2015
auch im Blick wird erwähnt "wir wollen die alte Geschichte nicht aufwärmen" aber die Geschichte des Vaters von Granit wird im Detail nochmals erzählt...
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