Zurück an alter Wirkungsstätte soll Jadon Sanchos Karriere wieder Schwung aufnehmen. Nach zweieinhalb schwierigen Jahren bei Manchester United kehrt der 23-Jährige voraussichtlich leihweise nach Dortmund zurück. Die Einigung zwischen den beiden Klubs steht gemäss übereinstimmenden Medienberichten kurz vor dem Abschluss.
Nach Dortmund wechselte Sancho erstmals im Jahr 2017, er etablierte sich dort nach seinem 18. Geburtstag schnell als eines der vielversprechendsten Talente im Weltfussball. Schon in seiner zweiten Saison schaffte es Sancho dank zwölf Toren und 18 Assists ins Bundesliga-Team der Saison. Dies gelang ihm 2019/20, als er mit je 17 Toren und Assists in 32 Bundesligaspielen gar noch einen drauflegte, erneut. Und in seinem letzten Jahr beim BVB war er die prägende Figur auf dem Weg zum Gewinn des DFB-Pokals.
Dabei bildete er mit Wunderstürmer Erling Haaland ein kongeniales Duo, traf in sechs Partien sechsmal und bereitete fünf Tore vor. Gerade beim 4:1-Erfolg im Final gegen Leipzig wurde Sancho im Mai 2021 dank dreier Torbeteiligungen zum Titelhelden. Es war ein würdiges Abschiedsgeschenk des jungen Flügelspielers, der für einen Wechsel zu einem Topklub prädestiniert schien.
Zwei Monate und eine Europameisterschaft, an der er nur sporadisch zum Einsatz kam, später war sein Weggang aus Dortmund dann Tatsache. Für 85 Millionen Euro wechselte der Londoner zu Manchester United. Der damalige Trainer Ole Gunnar Solskjaer bezeichnete Sancho bei seiner Vorstellung als «Offensivspieler in der besten Tradition von Manchester United». Als solcher würde er dem Team «enormes Tempo, Flair und Kreativität» bringen. Es war ein Versprechen, das Sancho nicht einlösen konnte.
Der schwierige Start war vielleicht noch den Nachwehen des verlorenen EM-Finals mit England geschuldet. Nach seinem verschossenen Penalty gegen Italien wurde Sancho in den sozialen Medien mit hasserfüllten und rassistischen Nachrichten bombardiert. Doch auch danach konnte er seine Schnelligkeit, Passstärke und Torgefahr, die ihn in Dortmund noch zum Fan-Liebling und umworbenen Star gemacht hatten, viel zu selten ausspielen.
Zwar liess er sein Potenzial gerade in seiner zweiten Saison bei den «Red Devils» mit sieben Toren und drei Assists aufblitzen, doch fehlte ihm wie vielen anderen im Team die Konstanz. Und so reiht er sich in die lange Liste von Manchester Uniteds Transfer-Flops der letzten Jahre ein. Aber wie konnte das schon wieder passieren?
Gary Neville sieht die Schuld schon lange nicht mehr bei den Spielern oder den Trainern. «Es geht um ein kulturelles Versagen im Verein», so die Vereinslegende bei Sky. Bei Manchester United herrsche eine Kultur der Negativität und Toxizität, «und die wird nicht weggehen». Für Neville ist klar: «Der Klub wird schlecht geführt und das Problem sind die Besitzer.»
Anders sei nicht zu erklären, dass es in Nevilles Augen fantastische Trainer wie Erik ten Hag oder Jose Mourinho nicht schaffen, das Ruder herumzureissen. «Bei jedem Trainer, der zu Manchester United kommt, denken wir irgendwann, dass er das Problem sei. Dasselbe gilt für Spieler, die der Klub für 50, 60 oder 70 Millionen Euro kauft und an denen auch andere Topklubs interessiert sind», kritisiert Neville.
Doch irgendwann könne man die Verantwortung dafür nicht mehr bei ihnen suchen. Vielmehr würden die Neuzugänge von der negativen Stimmung im Verein und in der Kabine ergriffen und beeinflusst. Selbst die berühmte «Class of '92», zu der neben Neville auch Spieler wie David Beckham, Ryan Giggs oder Paul Scholes gehörten, hätte da Probleme. «So talentiert diese Spieler waren, sie wären unter den aktuellen Bedingungen zum Scheitern verurteilt», glaubt Neville.
Lediglich zwei Transfers, die ManUnited in den letzten zehn Jahren getätigt hat, hätten sich im Endeffekt auch ausgezahlt, meinte Neville bereits vor einem Jahr. Nämlich Bruno Fernandes, der für 65 Millionen Euro von Sporting Lissabon gekommen ist, und der ablösefreie Zlatan Ibrahimovic. Für alle anderen wie Angel Di Maria (75 Mio. Euro), Paul Pogba (105 Mio. Euro) oder eben Sancho «wurde der Klub zum Friedhof».
Dabei war ja keiner dieser Spieler bloss ein Talent vor dem Durchbruch. Selbst Sancho hatte sich in der Bundesliga und in der Champions League bereits auf höchstem Niveau etabliert. Bei dessen Scheitern dürften aber zwei weitere Tatsachen hineingespielt haben. Schon in Dortmund galt Sancho nicht als Musterprofi, kam einige Male zu spät ins Training, spielte bis in die frühen Morgenstunden an der Konsole und kehrte einmal verspätet vom Nationalteam zurück. Deshalb wurde er gar für ein Spiel suspendiert.
Als trainingsfaul bezeichnete ihn auch ten Hag im letzten September. Aufgrund seiner schwachen Trainingsleistungen wurde er damals nicht ins Kader für die Partie gegen Arsenal berufen. Nach den öffentlichen Äusserungen des Trainers platzte Sancho der Kragen. «Ich werde es nicht erlauben, dass Menschen Dinge über mich sagen, die komplett unwahr sind. Ich habe mich diese Woche im Training sehr gut verhalten», schrieb er auf X (ehemals Twitter) in einem später gelöschten Post. Zudem beschuldigte er ten Hag, ihn zum Sündenbock zu machen.
Seither stand er nicht mehr im Kader, musste isoliert von der 1. Mannschaft trainieren und durfte nicht einmal mehr in der Kantine der Profis essen. Auch ein Treffen zwischen Trainer und Spieler konnte die Differenzen nicht beseitigen – vor allem, weil sich Sancho weigerte, sich zu entschuldigen. Aus diesem Grund muss er den Verein nun verlassen.
Eine Rückkehr nach Dortmund schien lange unwahrscheinlich. Noch vor einigen Wochen berichtete The Athletic von kritischen Stimmen beim BVB, ein Verantwortlicher sagte gar deutlich: «Das wird nicht passieren.» Aufgrund der anhaltenden Krise mit nur einem Sieg aus den letzten sechs Ligaspielen vor der Winterpause hat sich der Wind beim Tabellenfünften aber gedreht.
Vor allem liegt die Wende jedoch daran, dass Manchester United nach wie vor einen Grossteil des Gehalts von Sancho bezahlt. Gemäss übereinstimmenden Medienberichten belaufe sich das Gesamtpaket aus Leihgebühr und Gehalt, das der BVB für die Leihe bis zum Sommer bezahlen müsse, lediglich auf 3 bis 3,5 Millionen Euro. Den Rest von Sanchos Jahresgehalt in Höhe von angeblich rund 15 Millionen Euro werde weiterhin der Premier-League-Klub berappen müssen.
Somit hält sich das Risiko für die Dortmunder in Grenzen. Dennoch würde es dem schwächelnden Team von Trainer Edin Terzic guttun, sollte Sancho zumindest ansatzweise seine alte Form finden. Zumal Flügelspieler Donyell Malen den Klub noch im Winter verlassen könnte. Für Manchester United wäre es aus finanzieller Sicht ebenfalls wichtig, wenn Sancho sein altes Gesicht zeigt.
Viel wichtiger wäre jedoch, dass der englische Rekordmeister den Ruf eines «Friedhofs für Spieler» loswird. Dafür soll nun auch der neue Mitbesitzer Jim Ratcliffe sorgen. Obwohl der Gründer des Unternehmens Ineos nur 25 Prozent der Anteile übernimmt, gibt die Familie Glazer die sportliche Verantwortung an Ratcliffe ab. Der Kindheits-Fan von ManUnited plant schon jetzt eine grosse Aufräumaktion. Neben Sancho sollen unter anderem auch Casemiro oder Anthony Martial den Klub verlassen. Trainer Erik ten Hag soll hingegen bleiben.
Bei Dortmund viel Freude, bei England Lust, Druck und dann Frust, Trauer und Gehässigkeiten, anschliessend bei United wiederum Druck, Leistungszwang und schlechtes Umfeld.
Zu viel für den jungen Mann.
Hoffe er rehabilitiert sich bei Dortmund und man gibt ihm etwas Zeit und hofft nicht gleich auf die gleichen Höhenflüge.
Würde es ihm gönnen, jedoch ist Dortmund aktuell auch nicht dieselbe "Wohfühlzone" wie als er den Pott verliess.
Insgesamt 6 Hauptübungsleiter in 10 Jahren. Und das, obwohl man von den Ferguson Jahren eigentlich wissen sollte, dass sich Geduld und Kontinuität auszahlen wird.
Auf der Konsole funktioniert das ja, aber in der Wirklichkeit wäre eine langfristige Kaderplanung bedeutend sinnvoller.