Lionel Messi hat bei Barcelona schon bessere Zeiten erlebt.Bild: EPA
21.02.2020, 20:0721.02.2020, 22:07
Beim FC Barcelona ging es in den letzten Wochen drunter und drüber. Mitte Januar wurde Trainer Ernesto Valverde gefeuert, dann folgten das Theater rund um die unbedachten Äusserungen von Sportchef Eric Abidal und schliesslich die Gerüchte, die Barça-Führungsriege würde dafür bezahlen, dass auf Social Media negativ über eigene Spieler geschrieben werde.
In einem ausführlichen Interview mit der spanischen Zeitung Mundo Deportivo hat Barça-Captain Lionel Messi nun höchstpersönlich zu den Turbulenzen und den sportlichen Problemen Stellung genommen. Ausserdem machte sich der argentinische Superstar einmal mehr für die Rückkehr von Neymar stark.
Lionel Messi ...
... über die Entlassung von Valverde:
Natürlich war das nicht schön, denn es verliess uns nicht nur ein grosser Trainer, sondern auch eine grosse Person. Am Ende ist es immer leichter, den Trainer zu wechseln statt die Spieler; die Trainer wissen, dass das so ist. Entscheidend war die Niederlage gegen Atlético, bei der wir alles unter Kontrolle hatten und binnen fünf Minuten schieden wir aus der Supercopa aus. All diese Dinge führten dazu, dass es so endete, wie es endete, und ehrlich gesagt war das sehr schade.»
Mit Ernesto Valverde hatte Messi stets ein gutes Verhältnis.Bild: AP/AP
... über den Zwist mit Sportchef Abidal:
(Abidal hatte nach der Trennung von Ex-Trainer Ernesto Valverde angedeutet, dass dabei auch ein Einstellungsproblem der Spieler eine Rolle gespielt habe. Messi schoss danach auf Instagram öffentlich gegen den Sportchef.)
«Ich weiss nicht, was er sich dabei gedacht hat. Aber ich glaube, ich habe so reagiert, weil ich mich angegriffen fühlte. Ich hatte das Gefühl, dass er die Spieler angegriffen hat. Es wird schon genug über die Mannschaft geredet. Dass sie alles bestimme, dass sie Trainer entlasse und neue holen würde. Als ob ich viel Macht hätte und Entscheidungen treffen würde ... Es störte mich, von einer Vereinsperson das erzählt zu bekommen. Ich wusste, dass ich das nicht zulassen konnte, dass der Sportdirektor mich so angreift. Es ist der Sportchef, der die Entscheidungen trifft und dafür gerade stehen muss. Er ist es, der entscheidet. Deshalb bin ich vorgeprescht, um das klarzustellen.»
bild: screenshot instagram
... zum Vorwurf, Barça würde negative Kommentare über die eigenen Spieler verbreiten:
(Zuletzt sorgten Medienberichte bei Barça für Unruhe, wonach die Vereinsführung eine Firma beauftragt haben soll, in den sozialen Netzwerken negative Kommentare über eigene Spieler und Gegner zu verbreiten, um das Image der Klub-Führung zu stärken.)
«Das hat mich ein wenig überrascht, weil ich gerade nicht in Barcelona war. Erst bei meiner Rückkehr habe ich ein bisschen was erfahren. Der Präsident hat uns dasselbe gesagt wie schon in seinen öffentlichen Aussagen. Wie die Situation war, was genau geschehen ist und so weiter. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich finde es seltsam, dass so etwas passiert. Aber es soll ja Beweise geben. Warten wir ab, ob es wahr ist oder nicht. Ich finde, das ist wirklich ein merkwürdiges Thema.»
... über die Turbulenzen bei Barcelona:
«Seit Januar gibt es ein Problem nach dem anderen. Was wir benötigen, ist Ruhe, damit wir uns auf den Fussball und die Spiele konzentrieren können. Zumindest müssen wir uns von all den Turbulenzen im Verein isolieren, sonst werden es schwere Monate.»
... über seine Zukunft bei Barcelona:
«Ich hatte oft die Gelegenheit, den Verein zu verlassen. Es gab viele interessierte Klubs, die bereit waren, die Ausstiegsklausel zu ziehen. Aber es kam mir nie in den Sinn, zu gehen. Ich kann mir nicht vorstellen, Barça zu verlassen. Auch jetzt nicht. Ich wiederhole es nochmals: Wenn der Verein weitermachen will, gibt es kein Problem. Ich möchte nochmals die Champions League gewinnen und weiterhin Erfolge in der Primera División feiern. Ich liebe Barcelona, obwohl ich Rosario sehr vermisse. Aber dies ist meine Heimat, ich lebe länger hier als in Argentinien.»
Messi bei einem anderen Klub? Kaum vorstellbar!Bild: AP
... über seine aktuelle Torflaute:
«Ich hatte zuletzt einige gute Chancen, sie aber nicht genutzt. Ich versuche heutzutage, mich etwas mehr fallen zu lassen, um so mehr Ballkontakte zu haben. Durch das Fallenlassen ins Mittelfeld versuche ich dort eine Überlegenheit herzustellen. Unser Spiel ist nun mal auf den Ballbesitz ausgerichtet. Es stimmt zwar, dass ich zuletzt einige Gelegenheiten ausgelassen habe, aber das beunruhigt mich nicht besonders.»
... über das Verhältnis zu Antoine Griezmann:
«Wir haben eine gute Beziehung zueinander, auch ausserhalb des Platzes. Natürlich war es normal, dass er am Anfang Probleme mit der Eingewöhnung hatte, denn er ist eine andere Spielweise gewohnt. Er musste auch auf links spielen, wo er sich vielleicht nicht unbedingt am wohlsten fühlt. Aber in den letzten Spielen, in denen er als Stürmer auflief, haben wir schon besser miteinander harmoniert, weil wir nun auch näher beieinander sind. Wenn mal etwas nicht klappt, dann nicht weil es zwischen uns nicht stimmt, sondern weil das in manchen Spielsituationen nun mal so ist. Wir verstehen uns wirklich sehr gut.»
Messi und Griezmann verstehen sich immer besser.Bild: AP
... über Shootingstar Ansu Fati:
«Er ist ein sehr wichtiger Spieler, eine super Verstärkung für den Verein und uns alle. Aber man muss die Sache ruhig angehen und ihm nicht zu viel Verantwortung übertragen. All diesen Druck auf einen 17-Jährigen auszuüben, ist nicht normal. Er hat sehr viel Qualität und sehr viel Potential, aber man muss es ruhig angehen, das ist das Beste für ihn.»
Einst nahm Ronaldinho Messi unter die Fittiche, jetzt macht Messi dasselbe mit Ansu Fati.Bild: EPA
... über die Rückkehr von Neymar:
«Ich habe es schon oft gesagt: Auf einer sportlichen Ebene ist Ney einer der besten Spieler der Welt, ich würde mich sehr freuen, wenn er zurückkehren sollte. Klar, die Art und Weise, wie er gegangen ist, das hat keinem gefallen. Mich hat das damals auch gestört. Wir hatten ja noch versucht, ihn davon abzubringen. Aber was wir alle am Ende des Tages wollen, ist gewinnen und die besten Spieler haben – wir und die Fans. Er möchte wirklich sehr gerne zurückkehren.»
... über den möglichen Wechsel von Lautaro Martínez:
«Er ist spektakulär, hat beeindruckende Fähigkeiten. Man konnte schon früh sehen, dass er ein grossartiger Spieler werden würde, nun ist er explodiert. Er ist sehr robust, gut im Eins-gegen-eins und torgefährlich. Er hat sehr viel Qualität und ist sehr komplett.»
... über seine Kinder und Fussball:
«Thiago (7) und Mateo (4) verstehen schon, was bei mir läuft. Sie stellen mir die ganze Zeit Fragen über Fussball. Thiago verfolgt das aktuelle Geschehen sogar ziemlich intensiv. Er spricht viel von Luis [Suárez], Griezmann und Arturo [Vidal] – bei ihm vor allem wegen der Frisur. Aber auch über Mbappé und Cristiano weiss er alles.»
... über seinen Alltag:
«Ich lebe sehr normal. Glücklicherweise erlaubt mir mein Beruf, viel Zeit mit Kindern zu verbringen. Es ermöglicht mir, zu trainieren, dann schnell mit Antonela zu essen und schliesslich die Kinder abzuholen. Dann unternehmen wir etwas und kommen meist ‹tot› nach Hause, weil die drei uns voll in Beschlag nehmen. Meist gehen wir früh zu Bett. Am Dienstag und am Donnerstag gehen die Kinder ins Fussball-Training. Zwischendurch kommt ein Kumpel zum Abendessen vorbei. Wir führen ein ganz normales Leben, das mag ich.»
(pre)
Vom Hobbit zum Hipster: Lionel Messi im Wandel der Zeit
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Vom Hobbit zum Hipster: Lionel Messi im Wandel der Zeit
Lionel Messi betritt im Sommer 2005 erstmals die grosse Fussballbühne. Bei der U20-WM schiesst er Argentinien mit sechs Toren und Schulbuben-Frisur zum Titel.
quelle: x00175 / â© reuters photographer / reuter
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Nach der 1:5-Niederlage der Young Boys in der Champions League in Stuttgart dominieren zwei Themen: Das umstrittene 1:2 und wie die Spieler mit dem Schicksalsschlag ihres Teamkollegen Meschack Elia umgegangen sind.
«Es ist natürlich sehr schwierig, nun über Sport zu sprechen, nachdem was wir in den letzten 24 Stunden erlebt haben», bringt Captain Loris Benito die Situation auf den Punkt. Am Montagabend nach dem Abschlusstraining hatte Elia erfahren, dass eines seiner Kinder im Alter von vier Jahren unerwartet gestorben ist. «Es ist eine Geschichte, die nicht in Wort zu fassen ist», sagt Benito dazu. «Er ist ein Teil unserer YB-Familie. Dass ihm das widerfahren ist, hat uns im Hotel den Boden unter den Füssen wegzogen.»