Auf der Gegenseite steht der Titelverteidiger. Im letzten Gruppenspiel an der Europameisterschaft in England spricht auf dem Papier wenig für das Schweizer Nationalteam. Doch wir haben einige Punkte gefunden, warum es die Schweizerinnen in den Viertelfinal schaffen.
0:7 gegen Deutschland, 0:4 gegen England: So lauteten die Resultate der Testspiele vor der EM. Zwar wartet die Schweiz noch immer auf den ersten Sieg im Länderspieljahr 2022, doch das Selbstvertrauen ist nach dem heroischen Kampf gegen Schweden zurück. Innenverteidigerin Luana Bühler etwa sagt: «Durch den guten Auftritt gegen Schweden konnten wir Selbstvertrauen tanken.»
Ja, die Niederländerinnen sind in diesem Duell klarer Favorit. Dennoch haben auch die Oranjes ihre Schwächen. Diese offenbarten sie sowohl beim 1:1 gegen Schweden als auch beim nur knappen 3:2-Sieg gegen Portugal. Nach einer 2:0-Führung liessen die Niederländerinnen Portugal zurück ins Spiel kommen. «Auch sie haben nicht nur Stärken», beobachtete Coumba Sow. Tatsächlich sind die Europameisterinnen von 2017 in diesem Jahr nicht ganz so stark, verloren in diesem Jahr auch ein Testspiel gegen England mit 1:5.
Wenn die Schweiz an dieser Europameisterschaft für Gefahr sorgt, dann geht sie häufig von Ramona Bachmann aus. Die PSG-Spielerin mit der fast unverschämt guten Technik verzückt insbesondere mit ihrem herausragenden Auftritt gegen Schweden, den sie mit einem wunderschönen Tor krönt. Bachmann ist das Pendant zu Xherdan Shaqiri bei den Männern: Wenn es zählt, dann ist sie da und trifft sehenswert. Auch dank ihrer Offensivpower ist die Schweiz gegen die Niederlande nicht chancenlos.
Svenja Fölmli und Riola Xhemaili gelten als die beiden hoffnungsvollsten Schweizer Talente. Die beiden Freiburg-Spielerinnen sind beide noch jung und unverbraucht. Was durchaus auch auf dieses Turnier zutrifft. Überraschend durften beide noch keine einzige Minute ran, obwohl sie durchaus auch in der Startformation hätten auftauchen können. Kommen die beiden 19-Jährigen gegen die Niederländerinnen auf den Platz, können sie mit der Wut im Bauch und ihren Qualitäten am Ball einiges auf dem Platz bewirken. Ähnliches gilt für FCZ-Spielerin Meriame Terchoun, die ebenfalls noch keine Minuten spielen durfte.
Es ist eine Hammergruppe, in welcher sich die Schweiz an dieser Europameisterschaft zu behaupten versuchte. Auch deshalb war der Druck im Auftaktspiel gegen den vermeintlichen Aussenseiter Portugal so klar aufseiten der Schweiz. Doch wie schon gegen Schweden erwartet von den Schweizerinnen gegen die Niederländerinnen niemand etwas. Deshalb können die Schweizerinnen unverkrampft aufspielen.
An dieser EM lief aus Schweizer Sicht so einiges schief. Zunächst gab es einen zu schlechten Trainingsplatz. Dann wurde dieser zwar gewechselt, die Fahrt dahin war plötzlich eine halbe Stunde länger. Dann folgte die enttäuschende Leistung gegen Portugal. Nach einer 2:0-Führung verspielten die Schweizerinnen den Sieg und waren daraufhin sehr enttäuscht. Noch mühsamer wurde es ab Sonntagabend im Schweizer Nati-Camp, wo sich ein Magen-Darm-Virus ausbreitete.
Neun Spielerinnen und elf Betreuer fielen krank aus, das Training am Montag musste abgesagt werden. Die Spielerinnen verharrten in ihren Einzelzimmern, blieben in Isolation. Wieder draussen, verzückten die Schweizerinnen mit einer überraschend starken Leistung gegen Schweden. Aber wieder ohne Glück. «Wir hätten einen Punkt verdient gehabt», meinte Trainer Nils Nielsen danach. Nach so viel Pech, wie die Schweiz an dieser Europameisterschaft bisher gehabt hat, ist der Schluss nur logisch: Irgendeinmal in diesem Turnier muss das Glück zurück zu den Schweizerinnen kommen.