Der Small Forward ist das grösste Talent im diesjährigen NBA-Draft, der in der Nacht auf den morgigen Donnerstag beginnt. Cooper Flagg verbrachte das letzte Jahr an der Universität von Duke, wo er mit seinen Leistungen so brillierte, dass er zum besten Spieler im College-Basketball ausgezeichnet wurde – obwohl der nationale Titel an der «March Madness» verpasst wurde. Seine Highschool-Zeit hatte er in seinem Heimatstaat Maine und dann in Florida verbracht. Schon dort wurde er zum Spieler des Jahres gekürt. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird das 2,06 m grosse Juwel im Draft an erster Stelle von den Dallas Mavericks ausgewählt.
So ein Talent wie Flagg gab es am College schon lange nicht mehr. Der Hype um den 18-Jährigen ist vergleichbar mit jenem von Victor Wembanyama, der 2023 aus Frankreich in die NBA wechselte, und Zion Williamson, der 2019 an erster Stelle gedraftet wurde. Während bei diesen beiden aber auch die aussergewöhnliche Physis eine Rolle spielte, liegt es bei Flagg ausschliesslich an seinen Fähigkeiten.
Flagg übersprang ein Jahr der Highschool, um früher ans College gehen zu können. Den Schritt erklärte er vor dem Draft nun so: «Meine Mutter hat immer gesagt: ‹Wenn du der beste Spieler in der Trainingshalle bist, musst du eine neue Trainingshalle suchen.›» Nun wird er zum jüngsten Nummer-1-Pick seit LeBron James im Jahr 2003. Damals durften die Spieler noch direkt aus der Highschool in die NBA wechseln. James lobte Flagg kürzlich für seine Vielseitigkeit auf dem Feld, sein Verdikt: «Ich glaube, dass er fantastisch sein wird.»
Der vierfache NBA-Champion ist nicht der Einzige, der Flagg eine grosse Zukunft vorhersagt. Im letzten Jahr trainierte dieser vor den Olympischen Spielen mit dem US-Team und beeindruckte die Stars. Kevin Durant schwärmte: «Er sah wie ein grossartiger Spieler aus – und er wird mit zunehmender Erfahrung nur noch besser. Er ist erst 17 und spielt schon wie ein Routinier.» Orlando-Trainer Jamahl Mosley, der in der Vorbereitung ebenfalls dabei war, lobte: «Er hat so viel Selbstvertrauen, dass er keine Angst vor den grossen Momenten hat.»
17-year-old Duke commit Cooper Flagg is TORCHING Team USA 🔥 pic.twitter.com/6E7IblYhFA
— Yahoo Sports (@YahooSports) July 8, 2024
«Er ist der sicherste Nummer-1-Pick seit Jahren», schreibt ein NBA-Experte von Yahoo. Schliesslich sei Flagg ein Alleskönner, der sich wie ein Verrückter abrackert, seine Mitspieler besser macht und einen guten Sprungwurf habe. Er sei sowohl offensiv als auch defensiv der Beste in seinem Jahrgang.
Gelobt wird auch die Vielseitigkeit Flaggs, der von überall punkten könne und sowohl ein guter Finisher am Korb als auch ein solider Distanzschütze sei. Gleichzeitig könne er in der Defensive alle fünf Positionen verteidigen. «The Ringer» attestiert ihm einen guten Instinkt auch abseits des Balles und glaubt, dass Flagg selbst Superstars noch besser machen könne. Der renommierte Draft-Experte Jonathan Givony findet: «Flagg beeinflusst den Erfolg auf jede mögliche Art.» Der 18-Jährige sei effizient und ein Teamplayer, habe aber auch keine Angst, in entscheidenden Momenten Verantwortung zu übernehmen.
Wie stark Flagg in allen Bereichen sein kann, unterstreichen seine Statistiken im einzigen College-Jahr: 19,2 Punkte, 7,5 Rebounds, 4,2 Assists und je 1,4 Steals sowie Blocks pro Spiel – dazu muss erwähnt werden, dass die Partien der Studenten im Vergleich zur NBA acht Minuten weniger lange dauern. Zwar ist er mit seinen Statistiken in keiner Kategorie an der Spitze, aber über alle gesehen, kann kaum jemand mit Flagg mithalten.
Keine elitäre Fähigkeit zu haben, aber in vielen Dingen sehr gut zu sein, klingt nach einer Schwäche, die man gerne in Kauf nimmt. Dies schreibt «The Ringer» über Cooper Flagg. Bereits deutlich besser wurde er bei seinem Sprungwurf und dem Kreieren von Würfen für seine Mitspieler, aber auch hier habe er noch Luft nach oben, heisst es bei nbadraft.net. Zudem könne er in der Defensive manchmal zu erpicht darauf sein, den Ball zu stehlen, was dem Gegner einfache Körbe ermögliche. Givony von ESPN kritisiert vor allem das Ball-Handling, das schon besser, aber noch immer nicht hervorragend sei.
Vergleiche von College-Talenten mit etablierten NBA-Stars sind nicht immer sinnvoll. Zu häufig wird den jungen Spielern ein extrem grosses Potenzial angedichtet, das sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erreichen. Doch wenn es wie bei Cooper Flagg heisst, dass er mindestens All-Star und im besten Fall Hall-of-Famer wird, kann man diesen Vergleichen zumindest etwas Gehör schenken. Im Falle des 18-Jährigen sind Boston-Star Jayson Tatum und Chicago-Legende Scottie Pippen die häufigst genannten Massstäbe.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Dallas Mavericks mit ihrem ersten Pick Cooper Flagg wählen werden. Die Mavs hatten bei der Draft-Lottery – alle Nicht-Playoff-Teams haben eine Chance auf den Nummer-1-Pick, die mit der Anzahl an Siegen in der Regular Season sinkt – ordentlich Glück. Obwohl es zehn schlechtere Teams gab und die Wahrscheinlichkeit nur 1,8 Prozent betrug, ging Dallas als grosser Sieger hervor. Deshalb bekommt es nun Cooper Flagg.
Der 18-Jährige scheint die perfekte Ergänzung für das Team um Point Guard Kyrie Irving und Power Forward Anthony Davis, der im viel kritisierten Trade als Gegenwert für Luka Doncic kam, zu sein. Flagg verstärkt sowohl Defense als auch Offense und könnte die Mavs so deutlich voranbringen. Bleiben Davis und Irving fit, sollte Dallas zumindest die Playoffs erreichen.
Wie Flagg an erster Stelle scheint dahinter auch Dylan Harper als Pick der San Antonio Spurs in Stein gemeisselt. Der Guard ist ein hervorragender Spielmacher und glänzt auch mit seiner Athletik. Ab dem dritten Pick scheint im Draft aber alles offen. Vor allem die Guards Ace Bailey, V. J. Edgecombe, Tre Johnson und Kon Knueppel werden hier erwartet. Die Reihenfolge, in welcher diese ausgewählt werden, und wie viele unvorhergesehene Spieler sich dazwischen drängen, ist aber kaum vorherzusagen. Erst später dürfte der Schweizer Yanic Konan Niederhäuser ausgewählt werden.