Am Sonntag wurde es laut auf den Trainingsplätzen St. Jakob. Sogar mit Kopfhörern im Ohr war die Stimme von Ludovic Magnin unüberhörbar, der mit dem Trainingsniveau seiner Spieler offensichtlich nicht zufrieden war. «C’est la Champions League», schrie der Trainer zum Abschluss seiner Tirade, bevor die Spielform weiter ging. Ein Appell, den zuvor scheinbar nicht alle gehört hatten.
Dass Magnin mal laut wird, muss nichts heissen. Und doch zeigt diese Szene, dass auch der Trainer des FC Basel aktuell Druck auf dem Kessel hat. Am Mittwoch steht in Kopenhagen das erste grosse Saisonziel des FCB auf dem Spiel: der Sprung in die Ligaphase der Champions League. Die Ausgangslage wurde nach dem 1:1 im Hinspiel von diversen Exponenten als enttäuschend bezeichnet.
Seither hat sich die Personalsituation beim FCB nicht verbessert: Jonas Adjetey fehlt gesperrt, Bénie Traoré ist aufgrund einer Verletzung gar nicht erst mitgereist und der polyvalente Anton Kade ist nun bei Augsburg.
Mit anderen Worten: Das Kader ist dünn. Zu dünn vielleicht? Eine These, die Sportchef Daniel Stucki am Tag vor dem Spiel so nicht stehen lassen will. Es sei zwar klar, dass man Traoré gerne dabeigehabt hätte, aber: «Wir haben andere, gute Spieler, die ihre Chance jetzt nutzen müssen. Das ist auch unsere Strategie, junge Spieler im Kader zu haben. Die sind jetzt in einem grossen Spiel gefordert. Daher habe ich deswegen keine Bauchschmerzen. Wir haben einen guten Kader für diese Partie.»
Ähnlich klingt es auch bei Magnin: «Ich bin entspannt und habe im Kopf eine gute Mannschaft für dieses Spiel.» Und auch von einer Nervosität seinerseits oder beim Team aufgrund des grossen Drucks will er nichts wissen. Magnin: «Die Kunst in solchen Spielen ist es, den richtigen Nervositäts- und Stressspiegel zu haben. Das Bauchkribbeln wird am Morgen beginnen, aber wir werden schauen, dass es nicht zu stark wird.»
Dabei geht es bei diesem wegweisenden Spiel nicht nur um den nicht zu unterschätzenden Soft-Faktor, die Basler Fussballeuphorie, die durch den Doublesieg entfacht wurde, durch die Teilnahme an der Königsklasse weiter zu schüren. Oder wie es Vize-Captain Dominik Schmid sagt: «Wir wissen, was eine Qualifikation für die Champions League der ganzen Region Basel bedeuten würde.»
Sondern es geht auch um viel Geld. Rund 30 Millionen Euro dürfte dem FCB die Ligaphase einbringen. 18,6 Millionen sind alleine als Startgage garantiert. Durch den Marktpool, Punkteprämien sowie Zuschauereinnahmen steigt die Summe allerdings noch weiter an.
Auf nationaler Ebene wären die Gelder entsprechend ein grosser Wettbewerbsvorteil, der dem FCB dabei helfen könnte, die Vormachtstellung früherer Jahre wiederzuerlangen. Um das strukturelle Defizit zu bekämpfen, welches beim FCB noch immer besteht, ist das Geld aber nicht angedacht.
Auch abgesehen davon sind diese Extra-Einnahmen nicht für den laufenden Betrieb eingeplant – egal, ob es am Ende die Champions oder doch die Europa League werden sollte. Denn: «Das Budget wurde im letzten Jahr gemacht», so Stucki. Also ohne das Wissen, dass der FCB Meister und dadurch sicher europäisch spielen wird.
Dennoch steht am Mittwoch ab 21 Uhr im Parken-Stadion im Kopenhagener Stadtteil Österbro ganz schön viel auf dem Spiel.
Es ist entsprechend eine grosse Last, die auf Trainer Magnin lastet. Auf ihm, der diese beiden Spiele aufgrund der Grösse und der Bedeutung als die wichtigsten seiner bisherigen Trainer-Karriere bezeichnet hatte. Ein Nichterreichen der Königsklasse wäre ein erster Dämpfer in seiner FCB-Zeit. Er würde unweigerlich als einer der Hauptverantwortlichen für das Scheitern gelten. Der Druck würde nicht weniger werden. Das kann auch der Coach nicht in Abrede stellen, auch wenn er stets betont, dass er Druck möge.
Natürlich: Wackeln würde sein Stuhl aufgrund eines Scheiterns nicht. Schliesslich haben die Basler mit Kopenhagen den wahrscheinlich schwerstmöglichen Gegner in diesen Playoffs zugelost bekommen – und müssen auch noch das Rückspiel auswärts bestreiten. Dass diese Komponenten nicht zu unterschätzen sind, wissen die Personen, die beim FC Basel das Sagen haben.
Klar ist jedoch selbstredend auch, dass mit einem Erreichen der Champions League der Kredit des Coaches wachsen würde. Für mögliche, liegengelassene Punkte in der Liga. Oder auch schon nur für durchzogene, künftige Auftritte.
Zwar verrät ein Blick in die Historie die Bedeutung solcher Qualifikations-Spiele für den FC Basel – und vor allem für dessen jeweiligen Trainer. Seit 2002 und dem Beginn der Champions-League-Historie des FC Basel überlebten nur Christian Gross, Marcel Koller und Urs Fischer ein Scheitern in der Champions-League-Qualifikation und durften über die Saison hinaus FCB-Trainer bleiben.
Schon mehrfach wurde einem FCB-Trainer in den letzten Jahren ein Ausscheiden in der Europacup-Qualifikation hingegen tatsächlich zum Verhängnis. Timo Schultz war 2024 wenige Wochen nach der Pleite in der Conference-League-Qualifikation gegen Tobol Kostanay Geschichte – obschon dies nicht nur dem Scheitern gegen die Kasachen geschuldet war.
Raphael Wicky wurde 2018 sogar zwischen Playoff-Hin- und -Rückspiel gegen Paok Saloniki entlassen und auch Heiko Vogel musste 2012 wenige Wochen nach dem Ausscheiden in der Champions-League-Qualifikation gegen Cluj gehen, obwohl Präsident Bernhard Heusler seinem Trainer nach dem Ausscheiden noch öffentlich den Rücken gestärkt hatte.
Beispiele, die sich Magnin nicht zu Herzen nehmen wird und muss. Er ist laut eigener Aussage entspannt. «Es stehen die letzten Meter vor uns, die uns von der Champions League trennen. Und wir werden ready sein für diese Meter.» (bzbasel.ch)