Es war ein Topspiel, das seinem Namen gerecht wurde. Liverpool und Tottenham lieferten sich gestern ein zwar fahriges, dafür äusserst spektakuläres Duell, das alles hatte, was ein Fussballspiel ausmacht: Top-Chancen hüben wie drüben, vier Tore und jede Menge Gesprächsstoff.
Im Mittelpunkt des Geschehens stand nach packenden 90 Minuten allerdings Schiedsrichter Paul Tierney. Der 41-jährige Engländer erwischte nicht seinen besten Tag und sorgte mit einigen fragwürdigen Entscheidungen für hitzige Diskussionen. Trainer Jürgen Klopp stürmte deshalb nach dem Schlusspfiff auf den Unparteiischen und geigte ihm seine Meinung.
«Ich habe mit keinem Schiedsrichter ein Problem, nur mit Ihnen», fuhr Klopp Tierney an. Doch dabei beliess es der frühere BVB-Coach nicht. «Du hast noch nie Fussball gespielt», schob der Liverpool-Coach nach und stellte damit Tierneys Entscheidungskompetenz infrage. Dieser nahm Klopps Tirade zumindest äusserlich gelassen hin, nickte und umkurvte den Deutschen, obwohl dieser noch voll in Fahrt war.
🗣 "I have no problems with any referees. Only you." 😡
— Football Daily (@footballdaily) December 19, 2021
Audio from Jurgen Klopp's confrontation with referee Paul Tierney after the game pic.twitter.com/jkcx4slwRk
Für Klopp waren zwei strittige Entscheidungen spielentscheidend, mit einer anderen konnte er dagegen leben und eine weitere sprach er erst gar nicht an:
In der 20. Minute steigt Harry Kane beim Stand von 1:0 für die «Spurs» mit gestrecktem Bein gegen Andrew Robertson ein. Tottenhams Torjäger trifft den Ball nicht und streckt den Liverpool-Verteidiger nur nicht übel nieder, weil dieser im richtigen Moment gerade noch abhebt. Schiedsrichter Tierney zeigte Kane nur Gelb und der VAR sah keinen Grund, dies zu korrigieren.
Für Klopp eine klare Fehlentscheidung: «Ich denke wir alle sind uns einig, dass das eine klare Rote Karte ist. Es war purer Zufall, dass Andys Bein in der Luft war. Wenn es auf dem Boden ist, hätte er es sich brechen können. Deshalb hätte Harry in der zweiten Hälfte nicht auf dem Platz stehen sollen.»
Stumm blieb Tierneys Pfeife auch in der 37. Minute unmittelbar nach dem 1:1-Ausgleich der «Reds». Torschütze Diogo Jota wurde im Strafraum von Tottenham-Verteidiger Emerson Royal ohne Chance auf den Ball umgerempelt. Doch weder Tierney noch der VAR sahen ein Foulspiel und gaben keinen Elfmeter.
«Der Schiedsrichter sagte mir nach dem Spiel, Diogo sei absichtlich stehen geblieben, weil er getroffen werden wollte», führte Klopp auf der Pressekonferenz nach dem Spiel Tierneys Begründung aus und stichelte erneut gegen den Ref: «Es ist immer hilfreich, wenn man selbst Fussball gespielt hat.» Klopp reklamierte schon während der Partie heftig und wurde folgerichtig verwarnt. «Ich war ein wenig emotionaler, er kommt rüber und gibt mir die Gelbe Karte», fasste Klopp die Situation zusammen und fügte an: «Ich hätte eine richtige Entscheidung auf dem Feld bevorzugt. Ich weiss nicht, welches Problem er mit mir hat.»
In der 77. Minute gab es doch noch einen Platzverweis und zwar gegen Kanes «Opfer» aus der 20. Minute. Andy Robertson mähte an der Seitenlinie Emerson Royal um. Tierney zeigte dem Schotten zunächst zwar nur die Gelbe Karte, doch diesmal schritt der VAR ein und Robertson flog schliesslich mit Rot vom Platz.
«Man kann ‹Robbo› die Rote Karte geben. Es ist nicht sein cleverstes Einsteigen gewesen, das weiss er selbst», sagte Klopp dazu nach dem Spiel, dennoch regte er sich über den Videoschiedsrichter auf. «Wir haben da einen VAR sitzen, der sich denkt, die Situation mit Robertson gucke ich mir nochmal an. Das ist okay, dafür ist er da. Aber was macht er in der Situation mit Kane? Die Unverhältnismässigkeit ist definitiv das Frustrierendste.»
Dass Liverpool vor der 2:1-Führung durch Robertson in der 69. Minute auch Glück hatte, dass ein mögliches Handspiel von Mohamed Salah nicht geahndet wurde, erwähnte Klopp nach dem Schlusspfiff allerdings nicht. Der Ägypter wurde nach einer Flanke in den Strafraum von Ryan Sessegnon bedrängt, als er zum Kopfball ansetzten wollte und so sprang ihm der Ball an den Arm. Wenig später zappelte der Ball im Netz. Trotz Protesten der Tottenham-Spieler schritt der VAR aber nicht ein.
Im Gegensatz zu Klopp holte Tottenham-Trainer Antonio Conte deswegen nicht zum Rundumschlag gegen Tierney aus. «Mein Staff sagte mir, dass dem zweiten Liverpool-Tor ein klares Handspiel vorausging. Aber darüber wollte Jürgen nicht sprechen», kritisierte der 52-jährige Italiener seinen Berufskollegen. «Ich finde es nicht richtig, nach dem Spiel die Entscheidungen des Schiedsrichters zu kommentieren. Es war ein spannendes Spiel mit grossen Emotionen für die Zuschauer und mir gefällt nicht, dass wir am Ende über Schiedsrichterentscheidungen sprechen müssen. Ich denke, das tut niemandem gut.»
🗣 "I don't want to speak about about the decisions of the referee."
— Football Daily (@footballdaily) December 19, 2021
Antonio Conte is asked about a potential red card that Harry Kane could've received pic.twitter.com/r9YbnYrHfo
Das 2:2-Unentschieden nützte am Ende beiden Teams wenig. Der Liverpool-Rückstand auf Leader Manchester City ist eine Runde vor Saisonhälfte auf drei Punkte angewachsen. Tottenham, das noch drei Spiele weniger als die Konkurrenz ausgetragen hat, dümpelt weiterhin im vorderen Mittelfeld herum.