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Mit Football Manager in die Ligue 1: Warum Reims für Will Still büsst

Paris Saint-Germain v Stade de Reims - Ligue 1 Uber Eats Will STILL Entraineur Reims SDR during the Ligue 1 Uber Eats match between PSG and Reims at Parc des Princes on January 29, 2023 in Paris, Fran ...
Will Still lebt bei Stade Reims aktuell seinen Traum.Bild: www.imago-images.de

Über Football Manager in die Ligue 1 – für diesen Coach zahlt Reims pro Spiel 25'000 Euro

Ein Computerspiel weckte in ihm einst das Trainer-Feuer. Nun steht Will Still selbst an der Seitenlinie und trainiert Stade Reims in der französischen Ligue 1.
01.02.2023, 16:1601.02.2023, 18:10
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30 Jahre alt und schon Trainer in einer der Top-5-Ligen in Europa. Die Geschichte von Will Still ist nicht nur aufgrund seines Alters aussergewöhnlich.

Still ist der Sohn einer britischen Auswandererfamilie. 1992 wurde er im belgischen Braine-l'Alleud geboren. Der 30-Jährige wuchs gemeinsam mit seinen beiden Brüdern Nicolas und Edward auf.

Seine Leidenschaft für das Trainer-Business entwickelte Will gemeinsam mit seinem Bruder Edward, welcher aktuell den KAS Eupen in der ersten belgischen Liga trainiert, durch das Computerspiel Football Manager. Die beiden Brüder verbrachten in ihrer Jugend unzählige Stunden vor dem Computer und lernten durch das Spiel viel über Taktiken im Fussball. Still sagte gegenüber The Coaches Voice: «Ich war verrückt danach, Football Manager zu spielen, als ich aufwuchs. Mein Bruder und ich spielten es ununterbrochen.»

Der Computerspiel-Reihe Football Manager verdankt Will Still seine Karriere.
Der Computerspiel-Reihe Football Manager verdankt Will Still seine Karriere.Screeenshot: footballmanager.com

Dies führte so weit, dass Will Still sich mit 17 Jahren dazu entschied, sich voll auf den Trainerberuf zu fokussieren. Er zog deshalb nach Preston in England, um dort ein Trainerstudium zu absolvieren.

Während seines Studiums startete er auch seine Trainerkarriere. Zunächst als Assistenz-Coach der U14 von Preston North End. 2014 kam dann der Wechsel zurück in seine Heimat Belgien zu VV St. Truiden. Nachdem er den damaligen Trainer Yannick Ferrera mit seinem Engagement bei der Analyse überzeugt hatte, verpflichtete der Klub Still als Videoanalyst.

Auch heute schmeisst Still noch ab und an den PC an und startet Football Manager. Während seiner Zeit bei St. Truiden nutzte er das Spiel gar, um einige Dinge virtuell zu testen.

2015 stieg das Team in die Jupiler Pro League, die erste belgische Liga, auf. Doch Still blieb seinem Chef-Coach Ferrera treu und wechselte mit ihm zu Standard Lüttich. Im selben Jahr gewannen sie mit Lüttich den belgischen Pokal. Doch im September 2016 wurde Ferrera samt seinem Assistenten entlassen.

Standard s head coach Yannick Ferrera gestures during the Jupiler Pro League match between Standard de Liege and KV Kortrijk, in Liege, Sunday 10 April 2016, on day2 of the Play-off 2A of the Belgian  ...
Yannick Ferrera gab Still die erste Chance, im bezahlten Fussball Fuss zu fassen.Bild: imago sportfotodienst

Im April 2017 heuerte Still beim belgischen Zweitligisten Lierse an. Unter Trainer Frederik Vanderbiest arbeitete er als Videoanalyst und erstmals auch als Trainerassistent. Nachdem Vanderbiest im Herbst 2017 entlassen wurde, übernahm Still im zarten Alter von 24 Jahren interimsweise den Job des Cheftrainers.

In der Zeit als Interimstrainer holte Still mit Lierse 21 von 27 möglichen Punkten. Doch nach 60 Tagen kam sein Abenteuer als Cheftrainer zu einem Ende, da er keine UEFA-A-Trainer-Lizenz besitzt. Still arbeitete fortan weiter als Co-Trainer von David Colpaert.

Am Ende der Saison musste Lierse Insolvenz anmelden und Still wechselte zu Beerschot. Hier war er zunächst Assistent von Stijn Vreven und stieg schliesslich mit dessen Nachfolger Hernan Losada in die Jupilier Pro League auf. Als sich Losada im Januar 2021 dazu entschied, Beerschot in Richtung D.C. United zu verlassen, wurde Still zum Cheftrainer.

Will STILL entraineur Reims - FOOTBALL : PSG vs Reims - Ligue 1 - 29/01/2023 FedericoPestellini/Panoramic PUBLICATIONxNOTxINxFRAxITAxBEL
Ohne Football Manager wäre er gar nicht hier: Will Still.Bild: www.imago-images.de

Beerschot beendete die Saison zwar auf dem neunten Tabellenplatz, doch der Verein entschied sich dennoch dazu, mit Peter Maes einen erfahreneren Trainer anzustellen. Still verliess den Klub daraufhin in Richtung Frankreich. Dort wurde er Co-Trainer von Oscar Garcia bei Stade Reims. Allerdings zog es ihn schon nach wenigen Monaten zurück nach Belgien, um dort Teile seiner Trainerausbildung zu beenden.

Am Ende der Saison 2021/22 erhielt er jedoch die Möglichkeit, als Assistent zu Reims zurückzukehren. Still entschied sich erneut zum Wechsel und ging zurück nach Frankreich.

Wenige Monate später wurde Garcia als Trainer entlassen und Still bekam erneut die Chance, sich zu beweisen. Da er mit Reims in seinen ersten fünf Spielen ungeschlagen blieb, entschied der Verein, am Belgier als Cheftrainer bis zum Saisonende festzuhalten.

Will Still beim Training vor dem Spiel gegen PSG.Video: YouTube/Prime Video Sport France

Am vergangenen Wochenende holte Still mit Reims bei Paris-Saint-Germain auch in seinem 14. Spiel als Cheftrainer der Franzosen mindestens einen Punkt. Bereits im Hinspiel gegen PSG erreichte Reims ein 0:0-Unentschieden.

Die Highlights der Partie PSG – Reims.Video: YouTube/blue Sport

Still besitzt immer noch keine UEFA-Pro-Lizenz, welche benötigt wird, um als Cheftrainer aktiv sein zu dürfen, dennoch setzt sein Klub voll auf ihn. Das hat Folgen: Für jedes Spiel, das Still an der Seitenlinie begleitet, muss Reims eine Strafe von rund 25'000 Euro bezahlen.

Als Still das Ruder von Garcia übernahm, stand das Team noch auf einem Abstiegsplatz. Mittlerweile rangiert Reims auf Platz elf der Tabelle und hat dadurch sogar noch die Möglichkeit, sich für den europäischen Wettbewerb zu qualifizieren. Spätestens dann würde sich das Investment, welches Reims für Still tätigt, doppelt und dreifach lohnen.

Für Still selbst ist sein schneller Aufstieg noch surreal. «Du denkst darüber nach und denkst ‹warum zur Hölle tue ich das?› Wieso bin ich in der Position ein Team gegen diese Spieler zu trainieren?», sagte Still nach dem Spiel gegen PSG gegenüber der «Daily Mail».

Den Trubel um seine Person geniesst der junge Coach allerdings nicht. «Ich bin kein Fan davon, im Rampenlicht zu stehen, doch das bringt der Beruf des Trainers nun einmal mit sich.»

Einen Karriereplan hat Still indes nicht. Seit seiner Kindheit ist er allerdings Fan des Londoner Klubs West Ham United. Die Geschicke bei seinem Lieblingsklub zu leiten, das wäre «ein Traum» für Still. Zunächst steht heute Abend um 19 Uhr das nächste Ligaspiel mit Reims gegen Lorient an.

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ludibald von Elfensenf
01.02.2023 17:32registriert Februar 2022
Geile Geschichte! Und es sei ihm gegönnt!
Aus dem selben Grund
, aber anderes Spiel, wollte ich immer Pirat werden, scheiterte aber am Beleidigungsfechten🏴‍☠️
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Zum Kommentar
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Paedu87
01.02.2023 19:36registriert Juni 2017
Man kann den Wert und auch die Notwendigkeit dieser Lizenz durchaus in Frage stellen...
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«Playoff-Heldentag» – Philip Wüthrich kehrt ins SCB-Tor zurück
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