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Champions League: Streifzug durch Bamako mit den Trikots der Topklubs

«Westafrika ist zum grössten Stadion Europas geworden» – ein Streifzug durch Bamako

Stade Malien aus Bamako ist der amtierende und der Rekordmeister von Mali. Doch läuft man durch die Hauptstadt, dominieren andere Trikots: jene der grössten Fussballklubs der Welt.
06.10.2021, 14:2107.10.2021, 07:36
Ralf Meile
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Lionel Messi verkauft Zubehör fürs Mobiltelefon, Paolo Dybala hütet Ziegen und Granit Xhaka ist Teppichverkäufer.

Eingefangen hat diese Szenen der Fotograf Emile-Samory Fofana. Der Franzose mit Wurzeln in Mali findet seine Sujets dort in den Strassen der Hauptstadt Bamako. Bei Besuchen der Grossmutter war ihm ins Auge gestochen, wie präsent die europäischen Fussball-Topklubs vor Ort sind. Sehr viele Malier tragen im Alltag eines ihrer Trikots.

«Der Fussball hat die urbane Landschaft Afrikas verändert, während Afrika die Landschaft des europäischen Fussballs verändert hat», sagte Fofana zum «Season-Zine» über sein Projekt. Unter dem Titel «Champions League Koulikoro» zeigt er auf Instagram die starke Verbindung zwischen den Fans in Westafrika und «ihrem» Lieblingsklub in Europa. Von «Jerseyfication» spricht der Künstler, von der Trikotifizierung Afrikas.

Die Freude über ein seltenes Juwel

Zunächst habe er Fans in Nordkorofina, seinem Viertel in Mali, fotografiert, erzählte der 25-jährige Fotograf dem Magazin «Mundial». Dann habe sich sein Projekt ausgeweitet, «auf Gegenden wie Bagadadji, Missira, Djelibougou, Boulkassoumbougou, Fadjiguila, Hippodrome, Bankoni, Sotuba und Quinzambougo. Die Koulikoro-Strasse verbindet all diese Viertel miteinander, daher auch der Name des Projekts.»

Er postet ausschliesslich Menschen mit dem Trikot eines Klubs, der an der Champions League teilgenommen hat. Und dann und wann stösst er auf eine Perle. «Zwischen all den Trikots von Cristiano Ronaldo, Messi und Neymar entdecke ich manchmal ein kleines Juwel: Juninho, Seedorf, Gourcuff, Figo … Es ist schön, ein Kind zu sehen, das das Trikot eines Spielers trägt, den es aufgrund seines Alters nie gesehen hat.»

Der Fussball als Brücke

Auf Reisen hat schon mancher die Erfahrung gemacht, dass der Name eines Fussballklubs oder eines Spielers reicht, um ins Gespräch mit der lokalen Bevölkerung zu kommen. So schilderte mir unlängst ein Freund, wie ein Israeli ihm gesagt habe, er kenne die Stadt, in der er lebe, sowieso nicht. Der Freund wollte den Namen der Stadt trotzdem erfahren, bekam «Haifa» als Antwort und verblüffte das Gegenüber mit seinem Wissen über den Fussballklub Maccabi Haifa.

Wenn der frühere FIFA-Präsident Sepp Blatter jeweils davon schwärmte, wie völkerverbindend «dr Füessball» sei, dann meinte er damit auch solche Episoden.

Fotograf Fofana machte ähnliche Erfahrungen. «Der Fussball ist eine Brücke zwischen meinen beiden Kontinenten, und er ist eines der häufigsten Gesprächsthemen in meiner Familie, egal wo ich bin», schilderte er «Rivista Undici».

«Diese Hoffnung füllt ihre Zeit»

Das Stück Stoff ist in vielen Fällen mehr als das. Es ermöglicht Menschen, die wenig haben und täglich kämpfen müssen, zu träumen. «Für Millionen von Menschen ist der Fussball ihre einzige Hoffnung, etwas im Leben zu erreichen», sagt Emile-Samory Fofana. «Diese Hoffnung füllt ihre Zeit, ihre Köpfe. Es ist ein Ziel und ein Erfolg. Sie ist ein Gerüst für das Leben, wie die Familie oder die Religion.»

Dies mit einem Bild auszudrücken, war auch die Idee bei einem der ersten Werke der «Champions League Koulikoro». Es zeigt einen muskulösen jungen Mann, der mit einem PSG-Trikot so posiert, wie ein neuverpflichteter Profi es macht:

«Ich habe dieses Bild in einem Vorgarten in der Industriezone von Bamako aufgenommen», erzählt Fofana. «Wir stellten uns eine Pressekonferenz nach der Unterzeichnung vor, den Stolz, die Fans, den Traum, der wahr wird: der Traum, sich einem grossen europäischen Fussballverein anzuschliessen – ein Traum, den jeder junge Spieler auf dem afrikanischen Kontinent teilt.»

«Westafrika ist zum grössten Stadion Europas geworden», sagt Fofana. Die Champions-League-Stars hätten sich dort eine riesige Fangemeinde aufgebaut. Sein Projekt ziele darauf ab, diese «einseitige Anziehungskraft und ihre Unausgewogenheit» zu verdeutlichen, welche durch Fussballtrikots zum Ausdruck komme. «Wenn das Trikot eines argentinischen Mittelfeldspielers, der in der britischen Premier League spielt, in einem Verein, der von einer Fluggesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate gesponsert wird, von einem amerikanischen Ausrüster entworfen und in China produziert wird, von einem Elfjährigen in Mali getragen wird, wird es zu einer Frage der Geopolitik.»

Für Emile-Samory Fofana ist klar: «Der Fussball spiegelt die Muster der Welt wider.» Seine Bilder aus Bamako sind der Beleg dafür.

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ziasper
06.10.2021 15:32registriert September 2017
Naja irgendwer muss die Champions League ja noch verfolgen, wenn es in Europa immer weniger Leute interessiert.
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Paternoster12
06.10.2021 14:39registriert April 2020
Ist aus meiner Sicht nicht nur in Westafrika so. Auch in meinem Streifzug durch Ostafrika (Kenia, Tansania, Malawi, …) dominierten Fussballtrikots die Strassenmode. Insbesondere Premier League Teams waren sehr häufig aber was mich am meisten überraschte waren viele BVB Trikots.
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Kockica
06.10.2021 14:53registriert August 2020
In Madagaskar laufen viele junge Männer mit den T-Shirts der Band Scorpions herum (oder liefen um 2010 herum). Aber nicht wegen Wind of change oder Klaus Meine, sondern weil die Skorpione eines der gefürchtetsten Tiere dort sind.
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