«Ich möchte es ähnlich machen wie damals bei St.Gallen und auch Spieler holen, die niemand auf dem Zettel hat», kündigte der neue GC-Sportchef Alain Sutter vor drei Wochen bei einer Medienkonferenz an. Nun hat der ehemalige Nationalspieler eine erste grosse Entscheidung getroffen und den Österreicher Gerald Scheiblehner als neuen Trainer zum Rekordmeister gelotst.
Für die meisten in der Schweiz ist Scheiblehner eher unbekannt. Seit der Saison 2021/22 stand der 48-Jährige bei Blau-Weiss Linz an der Seitenlinie und führte die Linzer stets nach oben. Die erste Spielzeit wurde auf dem dritten Platz in der zweiten Liga abgeschlossen, bevor ein Jahr später der Aufstieg gelang. Souverän sicherte sich Linz in der ersten Saison im Oberhaus den Ligaerhalt und in der abgelaufenen Saison wurde sogar die Championship Group erreicht. Höher als in der zweiten Liga war Scheiblehner zuvor nie Trainer.
Seine Spielerkarriere verbrachte der ehemalige Mittelfeldspieler nur in Österreich und kam zu einem 15-minütigen Kurzeinsatz bei der ersten Mannschaft von Austria Wien. Mehr Spielzeit in der höchsten österreichischen Liga konnte Scheiblehner nicht sammeln.
Nun folgt in seiner Trainer-Karriere der erste Schritt ins Ausland. Auf dieses Abenteuer freut sich der neue Trainer der Hoppers sehr, wie er selbst auf der vereinseigenen Website sagt: «Die Aufgabe bei GC reizt mich sehr. Ich sehe grosses Potenzial im Team wie auch im gesamten Klub. Ich freue mich riesig, gleich loslegen zu dürfen. Mir ist es dabei wichtig, die Stärken der Spieler bestmöglich zur Entfaltung zu bringen und damit die Grundlage für die sportliche Weiterentwicklung zu legen.»
Nun wird er bei GC eine ähnliche Aufgabe übernehmen wie bei seinem vorigen Arbeitgeber. Laut Alain Sutter haben die Grasshoppers das drittkleinste Budget in der gesamten Liga und müssen aus wenig viel machen. Genau dies hat auch der Österreicher bei Blau-Weiss Linz hinbekommen. Mit einem der tiefsten Budgets in der österreichischen Liga wurde die Championship Group erreicht. Nur aufgrund einer miserablen Schlussphase in der Meisterschaft – bloss ein Sieg in den letzten zehn Spielen – wurde die Möglichkeit auf das europäische Geschäft verspielt.
In Österreich wurde Linz auch schon «das Team der Aussortierten und Verkannten» genannt und passt damit auch ein wenig in die neue Vision der Grasshoppers. Vor drei Wochen erwähnte Sutter auch, dass Spieler verpflichtet werden sollen, welche ansonsten nicht viel mehr Optionen haben, als bei GC zu unterschreiben.
In Österreich gilt Scheiblehner als offener und geradliniger Trainer, besonders gegen stärkere Gegner konnte Linz immer wieder überraschen und auch im Stadtderby gegen den Linzer ASK wies Blau-Weiss unter Scheiblehner eine positive Bilanz auf. Für GC bleibt zu hoffen, dass es auch im Stadtderby gegen den FC Zürich mit der neuen Führung wieder zu mehr Erfolgen kommt. Nur zwei der letzten 22 Derbys gegen den Stadtrivalen konnten gewonnen werden.
Wichtig wird auch, dass die Leistungen auf dem Platz besser werden als die Kommunikation in den vergangenen Tagen. Noch in der letzten Woche erhielt der 48-Jährige eine Absage von GC, da ein ablösefreier Trainer verpflichtet wird. Wie der Blick weiss, meldeten sich die Hoppers aber wieder am Samstagabend und mochten Scheiblehner doch unter Vertrag nehmen. Da der Coach eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag hatte, welche aber nur noch wenige Tage gültig war, musste alles zügig gehen und der Trainer gab rasch sein Okay. Auch verkündete er seinen Wechsel bereits auf Instagram, bevor überhaupt GC das Ganze offiziell machte.
Nun hat Sutter seinen Mann, der aus unbekannten oder unterschätzten Spielern viel herausholen kann, gefunden. Gelingt die Zusammenarbeit zwischen Sportchef und Trainer, sieht man bei GC möglicherweise schon bald wieder den attraktiven Fussball, welcher sich Sutter zuletzt an der Pressekonferenz wünschte. «Ich möchte mich nicht Samstag für Samstag im Stadion langweilen», sagte der 57-Jährige vor drei Wochen. Am Donnerstag startet bei GC die Vorbereitung, und genau einen Monat später steht das erste Meisterschaftsspiel gegen Luzern an.