Es lief bereits die 94. Minute, da nahm Kylian Mbappé auf dem linken Flügel noch einmal Anlauf. Zuerst ging's gemächlich in Richtung Strafraum, dann plötzlich die Explosion: Eine kleine Körpertäuschung und viel Tempo reichten, um wie durch Butter durch Eder Militao und Lucas Vazquez hindurch zu laufen. Federico Valverde war dann einen Schritt zu spät und Mbappé erwischte den zuvor gross aufspielenden Real-Keeper Thibaut Courtois zwischen den Beinen. Das 1:0 in allerletzter Sekunde.
Es war das nicht mehr für möglich gehaltene, aber dennoch logische Ende einer einseitigen Partie. Paris St-Germain dominierte Real Madrid im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League über weite Strecken. Vor allem Mbappé bekamen die Königlichen nie in den Griff.
Der 23-jährige Stürmer, der im kommenden Sommer wohl nach Madrid wechseln wird, war der auffälligste Mann auf dem Platz und praktisch an jeder guten PSG-Szene beteiligt. Zweimal scheiterte er vor seinem goldenen Tor alleine vor Courtois und auch den Penalty, den Lionel Messi in der 62. Minute verschoss, holte der spätere «Man of the Match» heraus.
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13 Tore hat Mbappé in seinen 13 letzten Champions-League-Spielen nun erzielt, in jeder seiner letzten sieben Partien in der Königsklasse war er an mindestens einem Treffer direkt beteiligt. In dieser Zeit kommt er auf fünf Tore und vier Assists. Und auch in der Liga hat Mbappé in vier seiner letzten sechs Spiele getroffen. Aus dem beeindruckenden PSG-Starensemble ragte er zuletzt noch einmal ein gutes Stück heraus.
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«Mbappé ist derzeit der beste Spieler im europäischen Fussball», musste auch Real-Trainer Carlo Ancelotti nach dem Schlusspfiff neidlos eingestehen. «Er ist einfach unaufhaltsam. Wir haben versucht, ihn zu kontrollieren. Militao hat es sehr gut gemacht, aber Kylian ist ein Spieler, der immer einen Weg findet.»
Auch Real-Mittelfeldmann Toni Kroos zog den Hut vor dem PSG-Torschützen: «Er holt den Elfmeter raus, macht das Tor. Bei ihm ist einfach nicht alles zu verteidigen.» Sein Teamkollege David Alaba fügte hinzu: «Er ist ein Spieler, der den Unterschied ausmachen kann, der sehr gefährlich ist. Das hat man in der letzten Sekunde gesehen.»
Noch einen Schritt weiter ging TV-Experte Mario Gomez: «Er ist Gegenwart und Zukunft. Er war der alles entscheidende Mann, der bei 20 Weltklasse-Spielern noch einmal herausstach. Ich war schon traurig, dass dieses geile Spiel 0:0 ausgeht und dann kommt er», schwärmte der ehemalige Top-Torjäger bei «Amazon Prime Video» von Mbappé.
«Aber ja, er ist es immer noch», titelte die französische Sport-Zeitung «L'Equipe» in Anlehnung an den kolportierten Wechsel zu Real im kommenden Sommer und fragte in der Spielerbewertung, wo Mbappé mit einer 8 von 10 die beste Note des Abends erhielt, rhetorisch: «Welcher Spieler ausser ihm hätte in einem solchen Kontext eine derartige Leistung abrufen können?»
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Noch hat PSG aber erst die halbe Miete eingefahren. Am 9. März steht das Rückspiel im Estadio Santiago Bernabeu an, wo Real Madrid sicher nicht mehr vom hohen PSG-Pressing überrascht sein und ganz anders auftreten wird. Die abgeschaffte Auswärtstorregel meint es ja schon einmal gut mit den Königlichen. Ein 2:1-Sieg beispielsweise würde anders als früher nicht mehr das Aus, sondern eine Verlängerung bedeuten.
Vor allem aber muss sich Real etwas gegen Mbappé einfallen lassen. Konserviert der Franzose seine Form bis zum Rückspiel, scheint es nicht abwegig, dass er seinen designierten nächsten Arbeitgeber aus der Champions League schiessen wird. Real könnte wohl einigermassen damit leben – wenn Kylian Mbappé ab Sommer tatsächlich das weisse Trikot tragen wird.