Der wiederholte Militärgruss der türkischen Nationalspieler bei den EM-Quali-Spielen gegen Albanien und Frankreich sorgt weltweit für Aufregung. Und der Jubel, mit dem sich die Fussballer mit der umstrittenen Militär-Offensive von Präsident Recep Tayyip Erdogan gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien solidarisierten, wird für die Türkei Folgen haben.
Die UEFA hatte bereits nach dem 1:0 gegen Albanien wegen einem «möglichen provokativen politischen Verhalten» Ermittlungen angekündigt. Morgen Donnerstag tagt die dafür zuständige Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkammer. Möglich sind Geldstrafen, Platzsperren und Punktabzüge.
Letzteres könnte der Türkei gar die EM-Teilnahme kosten. In der Quali-Gruppe H stehen die Türken mit 19 Punkten zwei Runden vor Schluss auf Platz 1, vier Punkte vor den drittplatzierten Isländern. Im Falle eines Punktabzugs der Türkei könnten die Isländer an der Mannschaft von Trainer Senol Günes vorbeiziehen. In der vorletzten Runde kommt es in der Türkei zum Direktduell.
Die UEFA, die in ihren Statuten politische Bekundungen jeder Art verbietet, hat nun die knifflige Aufgabe, das richtige Strafmass für die Türkei zu finden. Sportrechtlich wird für die UEFA-Zuständigen entscheidend sein, ob die Militärgesten aus ihrer Sicht spontane, individuelle Aktionen waren oder geplante politische Statements einer ganzen Mannschaft.
Die Türken werden auf ersteres plädieren. Doch anders als beim Schweizer Doppeladler-Fall, als Xherdan Shaqiri, Granit Xhaka und Stephan Lichtsteiner die Adler-Geste nur beim Torjubel formten, zeigten die türkischen Spieler den Soldatenjubel gegen Albanien und Frankreich nicht nur beim Torjubel, sondern auch nach dem Spiel auf dem Rasen beziehungsweise in der Garderobe.
Nach dem Skandalspiel zwischen Serbien und Albanien, als eine Drohne mit nationalistischer Flagge ins Stadion gesteuert wurde und es deshalb zu Auseinandersetzungen und schliesslich zum Spielabbruch kam, wurden die beiden Verbände mit einer Busse von 100'000 Franken, null Punkten und Serbien zusätzlich mit zwei Geisterspielen bestraft.
Eine ähnlich harte Strafe gilt im aktuellen Soldatenjubel-Fall aber als unwahrscheinlich. Denn die UEFA müsste den türkischen Spielern einwandfrei nachweisen, dass sie mit der Geste die umstrittene Türkeioffensive in Nordsyrien befürwortet haben, was sich rechtlich als schwierig erweisen könnte.
Der türkische Sportminister Mehmet Kasapoglu versucht derweil, den Militärjubel der Fussballer mit einem abenteuerlichen Vergleich zu rechtfertigen. «Bezüglich der Ermittlungen rufe ich zur Besonnenheit auf», erklärte er am Dienstag im türkischen Fernsehen und warf dem europäischen Fussball-Verband vor, gleiche Fälle verschieden zu gewichten.
Kasapoglu zeigte ein Bild von Antoine Griezmann, das ihn nach dem WM-Titel beim Salutieren vor Präsident Emmanuel Macron zeigt. «Die Leute, die damals kein Wort über Griezmanns herrliche Aktion verloren haben, versuchen nun unserem Soldatengruss eine andere Bedeutung zu verleihen.»
Für Kasapoglu ist klar, dass die ganze Aufregung rund um den Militärgruss nur vom derzeitigen Erfolg der türkischen Nationalmannschaft ablenken soll. «Diejenigen, die versuchen von ihrem eigenen Versagen auf dem Platz abzulenken, sollten davon absehen. Die Ergebnisse sind eindeutig. Wir führen.» (pre)
Und ja Griezmann hat auch salutiert, aber vor seinem Präsidenten, als er ihn abseits des Fussballplatzes getroffen hat und nicht auf dem Spielfeld ohne Zusammenhang für Völkermord!