Nach der WM ist vor der EM: Am 25. März 2023 gilt es ernst für die Schweizer Nationalmannschaft, sie soll die Schmach gegen Portugal vergessen machen und mit einem Sieg in die Qualifikation für die Europameisterschaft 2024 in Deutschland starten.
Gegner ist Belarus, das erstaunlicherweise mitspielen darf, im Gegensatz zum Eishockey. Von der Hockey-WM wurde Belarus ausgeschlossen. Das von Diktator Alexander Lukaschenko regierte Land arbeitet eng mit Russland und dessen Kriegstreiber Wladimir Putin zusammen.
Dass Belarus nicht von der EM-Qualifikation verbannt wird, ist für viele schon unverständlich. Geradezu absurd wirkt nun, dass das Spiel gegen die Schweiz auf «neutralem» Terrain abgehalten werden soll und dass dafür ausgerechnet Serbien ausgewählt wurde.
In Belarus selbst soll der Match wegen der Nähe zu Russland nicht stattfinden, und nicht alle Länder sind bereit, das belarussische Team auf ihrem Territorium spielen lassen. Nebst Serbien wären dies unter anderem Ungarn oder Zypern.
Vergangene Woche bestätigte der europäische Fussballverband Uefa gegenüber CH Media, dass das Spiel in Serbien durchgeführt werde. Nun wächst die Kritik an dieser Vergabe – und sie erreicht auch die Politik.
Der oberste Aussenpolitiker im Parlament, der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter, ist selber Fussballfan. «Ich bedauere den Entscheid, dieses Spiel in Serbien stattfinden zu lassen», sagt er zu CH Media. «Man giesst unnötig Öl ins Feuer, die Situation ist ohnehin spannungsgeladen», betont Grüter, der die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats (APK) präsidiert.
Grüter spricht damit die drohende Eskalation zwischen Serbien und dem Kosovo an. Vor zehn Tagen hat sich Grüter selber vor Ort im Kosovo ein Bild von der Situation gemacht. Seither – das bestätigte ihm am Dienstag der kosovarische Botschafter – hat sich die Lage verschärft. Denn am Montag hatte Serbiens Präsident Aleksandar Vucic die Armee in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Gleichentags schnitten militante Serben den serbischen Teil der kosovarischen Provinzmetropole Mitrovica mit Lastwagen-Blockaden vom Rest des Landes ab.
Der Entscheid, das Spiel Schweiz-Weissrussland nach Serbien zu vergeben, fiel schon vor dieser jüngsten Entwicklung. Darum hofft Benedikt Weibel, Cheforganisator der Fussball EM-2008 in der Schweiz, dass die UEFA nun einschreitet. Eine Verlegung in ein anderes Land, sagt Weibel, sei deshalb weitgehend ohne Gesichtsverlust möglich. Er hält die Wahl Serbiens als «neutralen» Austragungsort für «jenseits».
Auch Aussenpolitikerin und Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) sagt, Serbien sei in diesem Fall keineswegs neutral: «Diese Entscheidung ist nicht geschickt.» Der Austragungsort provoziere eine Vermischung von Sport und Politik, und genau das sollte vermieden werden. Schneider-Schneiter fände die Austragung in Belarus selbst die bessere Alternative. Dass Belarus bei der Qualifikation mitmachen darf, finden Schweizer Politiker von links bis rechts richtig. So sagt Eric Nussbaumer (SP/BL), der auch im FC Nationalrat kickt: «Sportlerinnen und Sportler sollte man so lange wie möglich mitspielen lassen, Sanktionen sollten sich zuerst gegen Funktionäre und Politiker richten.»
Dass die Schweiz mit ihren albanischstämmigen Spielern wie Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri ein Spiel in Serbien austragen muss, war schon vor der politischen Entwicklung der vergangenen Tage fragwürdig. Direkte Begegnungen zwischen Serbien und der multikulturellen Schweizer Nati führten in der Vergangenheit wiederholt zu übermässigen Emotionen und Grenzüberschreitungen. In Erinnerung sind die Doppeladler-Affäre an der WM 2018 und jüngst an der WM 2022 gegenseitige Provokationen und Gesten einzelner Spieler.
In Serbien gab es nach der Niederlage gegen die Schweiz in Katar wüste Beschimpfungen gegen Shaqiri und Xhaka. Im Kosovo hingegen wurden diese Spieler gefeiert – mit Autokorsos, es wurden die albanische und die Schweizer Flagge geschwenkt.
Innerhalb der Fussballszene bleibt die Kritik vorerst hinter vorgehaltener Hand. Beim Schweizerischen Fussballverband soll man allerdings ziemlich verärgert über die UEFA-Entscheidung sein.
Einer, der sich öffentlich äussert, ist der ehemalige FIFA-Präsident Sepp Blatter. Er sieht die Wahl Serbiens als Spielort kritisch. Er erklärt vielsagend: «Man sollte beim Erstellen des Wettbewerbskalenders auch die politischen Dimensionen berücksichtigen.» Während seiner Zeit bei der Fifa sei es für ihn stets ein wichtiges Prinzip gewesen, auf diese Hintergründe Rücksicht zu nehmen.
Risikopartien oder politisch aufgeladene Spielorte gab es immer wieder, Benedikt Weibel erinnert sich an den Fall Türkei vor der EM 2008. Immer wieder kam es bei der Paarung Schweiz-Türkei zu Skandalen. Als dann die Türkei für die EM-Gruppenphase ausgerechnet der Schweizer Gruppe zugelost wurde, entschied sich Weibel zu einer Reise nach Istanbul – mit dem Bundesratsjet, an Bord auch der Schweizer Fussballpräsident Ralph Zloczower. An einem denkwürdigen Medienauftritt gelang es, die Wogen zu glätten. Sportdiplomatie wäre auch jetzt wieder gefragt. (aargauerzeitung.ch)
Katar war aber ok...
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