Zwischendurch reibt sich der Fussballfan die Augen. Schweift der Blick in andere als die eigenen Lieblingsligen, kann er Erstaunliches feststellen. Etwa, dass in Frankreich OGC Nizza nur einen Punkt hinter Paris Saint-Germain liegt. Und dass dort einer spielt, der doch eigentlich längst ein Fussballrentner sein müsste: der Verteidiger Dante.
Vor gut einem Monat feierte der Brasilianer seinen 40. Geburtstag. Aber er ist immer noch so topfit und so gut, dass er Stammspieler beim Zweitplatzierten aus einer Top-5-Liga ist. Noch keine einzige Sekunde verpasste Dante in dieser Saison.
In der Bundesliga war der Wuschelkopf einst ein Fan-Liebling. Von 2009 bis 2016 verteidigte Dante in Deutschland, erst für Borussia Mönchengladbach, dann für Bayern München und für den VfL Wolfsburg. Highlight war der Champions-League-Triumph 2013, als Bayern im innerdeutschen Final Borussia Dortmund schlug.
Hing der Himmel damals voller Geigen, so geriet ein Jahr später die Erfüllung eines Bubentraums zum grossen Fiasko. An der WM 2014 im eigenen Land durfte Dante im Halbfinal erstmals an einer Weltmeisterschaft spielen, weil Thiago Silva gesperrt war. Das Spiel wurde eines für die Geschichtsbücher: Brasilien ging gegen Deutschland epochal unter. 1:7. Dantes Inferno. Er wurde nie mehr für ein Länderspiel aufgeboten.
All dies scheint im schnelllebigen Fussballgeschäft eine Ewigkeit her zu sein. Doch dieser Dante spielt immer noch auf höchstem Niveau Fussball – auch deshalb, weil er schon von Kindesbeinen an um den Wert der Erholung wusste. «Als ich klein war, zwang mich meine Mutter, wegen der Schule früh schlafen zu gehen, und sie machte mir ein bisschen Angst, indem sie mir sagte, dass ich Albträume bekomme, wenn ich zu spät ins Bett gehe», verriet der Abwehrspieler unlängst der Sportzeitung «L'Équipe».
Klein Dante wuchs zu seinen heute 189 Zentimetern heran, doch er behielt diese Routine stets bei. «Was den Schlaf angeht, gibt es keine Verhandlungen. Ich erlaube mir 23.00 oder 23.30 Uhr nur, um die grossen Champions-League-Spiele zu sehen», betont er. Filme und Serien schaue er nicht, dies halte er für Zeitverschwendung.
Da ist es keine Überraschung, dass er im Gegensatz zu manch einem Berufskollegen sagt: «Eine Playstation rühre ich nicht einmal an.» Ein Asket sei er jedoch nicht, sagte Dante, auch wenn er der richtigen Ernährung eine grosse Bedeutung beimisst. «Ich habe immer ein bisschen Alkohol getrunken, aber der Schlaf hat alles ausgeglichen.»
Lediglich vier Gegentore kassierte Nizza in 13 Spielen – das ist einsamer Bestwert in den Top-5-Ligen. Dante verteidigt an der Seite von Jean-Clair Todibo, der bei «Eurosport» über seinen 17 Jahre älteren Partner staunte. «Er ist 40 Jahre alt, ein Leistungsträger – und er sieht so alt aus wie ich. Ich habe grossen Respekt vor Dante, das haben wir alle.»
Abgesehen von Zeit mit seinen Kindern mache ihm nichts so grossen Spass wie Fussball zu spielen, sagt Dante. Die Einstellung sei neben der gesunden Ernährung ein weiterer Schlüssel dazu, lange Profi bleiben zu können. «Ich habe junge Spieler gesehen, die noch körperlich fit waren, aber keine Lust mehr hatten. Sie hatten die Nase voll.» Dante Bonfim Costa Santos dagegen hat nicht vor, bald kürzerzutreten.
Makoto Hasebe ist mit 39 Jahren und acht Monaten der derzeit älteste Spieler der Bundesliga. Bei Eintracht Frankfurt ist der Japaner in dieser Saison allerdings nur noch Ergänzungsspieler. Anders als die zweit- und drittältesten Spieler der Liga: Anthony Losilla ist mit 37 Jahren und acht Monaten Captain und Stammspieler vom VfL Bochum, Manuel Neuer (37 Jahre und sieben Monate) nach auskurierter Verletzung wieder unumstrittene Nummer eins von Bayern München. Gerade hat Neuer bis im Sommer 2025 verlängert.
In der Premier League ist jener Thiago Silva der älteste Profi, der im legendären WM-Halbfinal 2014 von Dante ersetzt wurde. Der Chelsea-Stammverteidiger ist 39 Jahre und zwei Monate alt. Ein knappes Jahr jünger ist Ashley Young, der hinten links bei Everton gesetzt ist.
Dem Klischee entsprechend sind in der Serie A zwei Torhüter die ältesten in dieser Saison eingesetzten Spieler. Antonio Mirante (40 Jahre und drei Monate) ist bei Milan Ersatz und stand nur ein Mal auf dem Feld, anders als Guillermo Ochoa. Die «Backsteinmauer aus Guadalajara» ist 38 Jahre und drei Monate alt und Stammgoalie von Salernitana. Auf Rang drei folgt der 37-jährige Milan-Stürmer Olivier Giroud. Der französische Weltmeister hat wenig von seiner Klasse eingebüsst, schoss in elf Liga-Spielen sieben Tore.
2010 gehörte Raul Albiol zu Spaniens Weltmeister-Kader, heute ist er 38 Jahre und zwei Monate alt und immer noch Stammspieler. Albiol ist Captain von Villarreal. Noch älter ist mit Claudio Bravo (40 Jahre und sechs Monate) der Torwart von Betis Sevilla, der dort mal spielt und mal nicht. Drittältester Spieler der Liga ist der einstige Weltfussballer Luka Modric, der mit 38 Jahren und zwei Monaten immer noch zur erweiterten Stammelf von Real Madrid zählt. Welt- und Europameister Jesus Navas feierte letzte Woche seinen 38. Geburtstag und ist beim FC Sevilla nach wie vor Stammspieler.
Gar 41 Jahre und zwei Monate alt ist Pepe Reina. Vor mittlerweile 23 Jahren gab er beim FC Barcelona sein Profidebüt, nach einer Reise mit Stationen wie Liverpool, Bayern oder Napoli hütet er seit 2022 das Tor von Villarreal – in dieser Saison aber nur in der Europa League, nicht in der spanischen Liga.
Ausserhalb der fünf grossen Ligen erstaunt ein zweiter Name ähnlich wie jener von Dante. Beim FC Porto verteidigt der unverwüstliche Portugiese Pepe auch mit 40 Jahren und acht Monaten noch immer, sofern er nicht verletzt oder gesperrt ist.
In der Schweizer Super League ist ein Torhüter der älteste eingesetzte Spieler in dieser Saison. Marwin Hitz vom FC Basel ist 36 Jahre und zwei Monate alt. Ausser ihm haben mit Luganos Mittelfeldspieler Jonathan Sabbatini und YB-Verteidiger Fabian Lustenberger noch zwei weitere Spieler ihren 35. Geburtstag hinter sich.