Heute ist es so weit. Bernhard Alpstaeg, Mehrheitsaktionär des FC Luzern, will die gesamte Führungsriege des Klubs des Amtes entheben. Damit greift er nicht nur Präsident Stefan Wolf, sondern vor allem auch Sportchef Remo Meyer an. Rund sieben Wochen nach dem ursprünglich geplanten Termin findet am Mittwochabend die GV der FCL Holding AG statt.
Die Generalversammlung am 3. November wäre ausserordentlich gewesen – Alpstaeg rief diese ein, um sein Vorhaben schneller durchbringen zu können. Weil Alpstaeg aber nicht auf die Forderung von Mitaktionär Josef Bieri einging und keine vorsorglichen Massnahmen erliess, sah sich der Verwaltungsrat der Holding AG gezwungen, die GV zu verschieben. Dieser machte geltend, «dass die von Bernhard Alpstaeg gestellten Anträge den anwendbaren Vereinbarungen sowie den abgegebenen Zusicherungen widersprechen». Da nun die reguläre GV ansteht, hat dies aber keinen Einfluss mehr.
Gemäss der Luzerner Zeitung sieht es stark danach aus. Alpstaeg werde sich wohl selbst als neuen Präsidenten und Ein-Mann-Verwaltungsrat wählen. Neben Sportchef Meyer und Präsident Wolf will der Mitbesitzer von swisspor auch Bieri, dem die restlichen 48 Prozent der Aktien gehören, loswerden. Bieri hatte sich zuvor auf die Seite von Wolf und Co. geschlagen. Danach könnte Alpstaeg alle Positionen im Klub mit Personen nach seinem Geschmack besetzen. Als neue Präsidentin brachte er in einem Interview mit dem Blick seine eigene Tochter ins Spiel.
Die Beschlüsse, die an der GV getroffen werden, könnten innerhalb von zwei Monaten angefochten werden. Wie die Luzerner Zeitung aus dem Umfeld der FCL-Klubführung gehört hat, will diese genauer prüfen, wie Alpstaeg zur Aktienmehrheit gekommen ist. Dabei gehe es um den Kauf des Aktienpakets von Ehrenpräsident Walter Stierli, das 26 Prozent der FCL-Aktien beinhaltete. Hier wird beanstandet, dass das Vorkaufsrecht der übrigen FCL-Aktionäre übergangen worden sei. Bei Bieri und der Klubführung sei in den letzten Tagen ein gewisser Optimismus spürbar gewesen. Weder Bieri noch Alpstaeg äusserten sich vor der bevorstehenden GV öffentlich.
Die Fans des FCL stehen klar hinter der Vereinsführung. Mit der Aktion «Zäme meh als 52%» setzen sie sich für diese ein. Sie sind der Überzeugung, dass der Verwaltungsrat nach Beilegung des Aktionärsstreits im Frühjahr 2021 «erstmals überhaupt nach Kompetenzen zusammengesetzt wurde», wie es in einer Medienmitteilung heisst. Sie fordern unter anderem die Abkehr vom Mehrheitsaktionärs-Modell, denn dies sei es, was am Konstrukt des Vereins falsch und gefährlich sei: «Dass eine einzige Person alles entscheiden kann.» Dabei bekamen die Fans auch Unterstützung, unter anderem von der Vereinslegende David Zibung und dem aktuellen Goalie Marius Müller.
Der Posten von Mario Frick wäre auch bei einem Alleingang von Alpstaeg in der Vereinsführung nicht in Gefahr. Der Besitzer zeigte sich vom liechtensteinischen Trainer beeindruckt: «Der FCL stand vor einem halben Jahr am Abgrund», sagte er im Oktober und fügte an: «Trainer Mario Frick hat dann alles gerettet.» Dabei verneint er auch das Verdienst von Sportchef Meyer an den Erfolgen, die der FCL unter anderem mit dem Cupsieg im Frühling 2021 feierte. Wie Frick auf eine Entlassung von Meyer und Co. reagieren würde, ist nicht bekannt. Nach dem Rundumschlag von Alpstaeg zeigte er sich aber unzufrieden über die Unruhen rund um den Verein, die es dem Team schwierig machen würden.
Wie bereits beschrieben, geht die Luzerner Zeitung davon aus, dass sich Alpstaeg durchsetzen wird. Eine andere mögliche Lösung wäre, dass sich Alpstaeg und Bieri doch noch irgendwie einigen. Dies wäre aber wohl nur möglich, wenn der Sportchef ausgewechselt wird. Dass sich Alpstaeg damit zufriedengibt, dass Meyer im Amt bleibt, gilt als höchst unwahrscheinlich. Doch selbst im Falle eines solchen «Burgfriedens» würde wohl nicht langfristig Ruhe einkehren.
Die GV ist nicht öffentlich – nicht einmal der Ort der Versammlung wird offiziell kommuniziert. So ist auch unklar, wann über die Entscheidungen, die am Mittwochabend getroffen werden, informiert wird. Gemäss der Luzerner Zeitung ist es gut möglich, dass diese erst am Donnerstag offiziell bekannt gegeben werden.
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