Wenn der FC Aarau am Sonntag im Cup den FC Luzern empfängt, werden alte Erinnerungen an denkwürdige Duelle wach. Denn die beiden Vereine pflegten in den letzten Jahrzehnten eine hitzige Rivalität. Doch wie ist diese brisante Beziehung überhaupt entstanden, und wie steht es heute um das Verhältnis?
Wir springen zurück in die Achtzigerjahre. In dieser Zeit gibt es viele hart umkämpfte Duelle zwischen dem FC Luzern und dem FC Aarau in der damaligen Nationalliga A. Der Schweizer Fussball entwickelt sich weiter, und auf beiden Seiten entstehen die ersten Fanklubs, was zu Provokationen auf den Rängen führt.
Luzern und Aarau verbringen über zwei Jahrzehnte gemeinsam in der Nationalliga A. Nur zu Beginn der Neunzigerjahre machen die Luzerner einen kurzen Abstecher ins Unterhaus, steigen jedoch nach einer Saison wieder auf. Ansonsten bleiben die Vereine ungefähr auf Augenhöhe. Aarau muss mitansehen, wie Luzern 1989 den ersten Meistertitel der Klubgeschichte feiert. Vier Jahre später wird der FC Aarau selbst Schweizer Meister. Auch im Schweizer Cup triumphieren die beiden Teams in dieser Zeit jeweils einmal: Aarau 1985, Luzern 1992.
Für die Rivalität gibt es keinen konkreten Auslöser. Vielmehr ist es ein schleichender Prozess über mehrere Jahre, der zu dieser hitzigen Beziehung führt. Geografische Nähe, ähnliche Strukturen, vergleichbare Vereinserfolge und die langjährige gemeinsame Ligazugehörigkeit sind entscheidende Faktoren. Hinzu kommt, dass im Laufe der Zeit mehrere Spieler zwischen den Klubs wechseln, darunter auch die FCA-Ikone Petar Aleksandrov.
Im Verlauf der Rivalität bleibt es gewiss nicht immer bei Provokationen. Manchmal lassen die Fans auch die Fäuste sprechen, und das teilweise nicht nur ausserhalb, sondern auch - aufgrund mangelnder Sicherheitsvorkehrungen - im Stadion. Die Aarauer Abneigung gegenüber Luzern geht 1992 sogar so weit, dass einige Aarauer Fans beim Cup der Cupsieger in den Gästesektor gehen, um den Luzerner Gegner Feyenoord Rotterdam zu unterstützen.
Ein paar Jahre später wird ein Fansong in der Aarauer Fanszene populär. Die FCA-Anhänger besingen zur Melodie des Songs «Wünsch dir was» von den Toten Hosen den Brand der Kapellbrücke (1993) - des Luzerner Wahrzeichens. Der Text lautet: «Es kommt die Zeit, in der die Brücke wieder brennt.»
Auch nach der Jahrtausendwende geht es zwischen den Vereinen emotional zu und her. 2003 werden die Luzerner im Brügglifeld verspottet, sie verlieren 2:4 und steigen in die Challenge League ab. Zwei Jahre später haben dafür die Innerschweizer etwas zu lachen. Sie gewinnen im Brügglifeld als Unterklassiger den Cup-Viertelfinal und steigen kurz darauf wieder in die Super League auf.
In den Jahren darauf verschieben sich die Welten. Während sich der FC Luzern weiterentwickelt, 2011 ein neues Stadion erhält und mehr aus seinem Potenzial ausschöpft, steigt der FC Aarau 2010 erstmals ab. Nach einem kurzen Aufbäumen mit dem Wiederaufstieg 2013 folgt zwei Jahre später der erneute Abstieg in die Challenge League.
Seither sind die Duelle zwischen den Erzrivalen zur Rarität geworden. Dreimal kommt es im Schweizer Cup zum Wiedersehen, dreimal behält der FC Luzern das bessere Ende für sich. Von einem Kräftemessen auf Augenhöhe kann nicht mehr die Rede sein. Doch die Rivalität zwischen den Fans ist trotzdem geblieben. 2017 werden im Cup-Viertelfinal über 200 Pyros abgefackelt, das Spiel muss mehrmals unterbrochen werden. Zuletzt im Jahr 2021 bleibt es ruhig. Sehr ruhig. Aber das hat damit zu tun, dass coronabedingt nur 100 Zuschauer ins Stadion dürfen.
So stellt sich die Frage: Mit was muss der FC Aarau am kommenden Sonntag rechnen? FCA-CEO Sandro Burki betont: «Auch wenn uns der FC Luzern in den letzten Jahren entwachsen ist, bleiben die Duelle natürlich ganz speziell. Die Fans haben die Rivalität nicht vergessen, das haben wir beim Verkauf der Tickets gemerkt. Der Gästesektor war innerhalb von Minuten gefüllt. Wir rechnen mit einem ausverkauften Brügglifeld.»
Burki selbst erlebte als Spieler zahlreiche Duelle gegen die Luzerner. Besonders denkwürdig für ihn persönlich: Beim Aufeinandertreffen im Cup 2017 wurde er von Ricardo Costa im Strafraum mit einem Horror-Foul niedergestreckt. Das Vergehen blieb ungeahndet, Burki erlitt einen doppelten Bänderriss. Einen besonderen Groll gegen die Innerschweizer hegte er jedoch nie: «Die Spieler liessen sich natürlich von der Stimmung im Stadion anstacheln, aber es war keine grundsätzliche Abneigung gegen die Luzerner da. Die Rivalität spielte sich eher auf den Rängen ab.»
Nun hofft Burki vor allem eines: dass es am Sonntag zwischen den beiden Fanlagern friedlich bleibt. «Wir wissen, dass die Partie eine gewisse Brisanz mit sich bringt und werden entsprechend Sicherheitsvorkehrungen treffen. Rivalität und eine hitzige Atmosphäre sind schön und gut, aber die Fans sollen dieses Cup-Fest nicht kaputtmachen. Solche Geschehnisse wie beim Derby gegen Baden darf es nicht mehr geben.» (aargauerzeitung.ch)