Taulant Xhaka ist ein Unikum. In der ersten Mannschaft des FC Basel ist er der letzte Ur-Basler. Er ist im St.Johann aufgewachsen. Er durchlief alle Nachwuchsstufen, er kämpfte sich ins Fanionteam. Abgesehen von einer eineinhalb Jahre langen Ausleihe an GC vor zehn Jahren trug er immer nur das FCB-Dress. Und es wäre in einer Fussballwelt, in der alles überspitzt wird, nicht übertrieben, zu sagen, Xhaka lebt für den FC Basel. Genau deshalb ist der 31-Jährige auch einer der Fan-Lieblinge und eine der letzten Identifikationsfiguren im aktuellen Kader.
Aber Taulant Xhaka ist nicht nur deshalb ein Sonderfall. Denn er ist auch der letzte massgebende Akteur der Basler, der einen «Burgener-Vertrag» besitzt. Ein Arbeitspapier also, das unter der Führung von Bernhard Burgener verhandelt und unterschrieben wurde. Laufzeit bis Sommer 2024, Option auf ein weiteres Jahr, wenn eine Klausel erfüllt wird, die abhängig von Spieleinsätzen ist. Aber vor allem heisst sein Burgener-Vertrag: Xhaka hat einen Lohn, der den damaligen Gepflogenheiten entsprach. Oder vielleicht auch schon damals zu hoch dotiert war.
Und genau das ist das Problem. Xhaka verdient aus Sicht des FC Basel in der aktuellen Situation zu viel. Die Basler können sich seinen Lohn aufgrund des massiven strukturellen Defizits nicht leisten. Schon gar nicht, sollte sich die Laufzeit automatisch bis 2025 verlängern. Weil der FCB das Messer finanziell am Hals hat, will er reagieren.
Die Verantwortlichen haben unter diesen Umständen das Gespräch mit Xhaka und seinen Vertretern gesucht. Zwei Treffen gab es. Das erste lief reibungslos ab, aber noch bevor das zweite persönliche Treffen stattfand, traten Probleme auf. Aber der Reihe nach.
Im ersten Gespräch habe FCB-Chef David Degen Xhaka mehrfach erklärt, dass er es in den Händen habe, seine Karriere zu beenden, wann immer er wolle. Diese Möglichkeit habe er sich verdient. Degen habe, so haben es verschiedene Quellen dieser Zeitung gesagt, Xhaka in dem Himmel gelobt, ihm alle Freiheiten angeboten. Man habe Xhaka im Zuge dessen erklärt, dass man ihm einen längerfristigen Vertrag anbieten wolle: ein weiteres Jahr als Spieler, plus Anschlussvertrag auf dem Campus, wo er den Einstieg ins Trainerbusiness – Xhakas erklärtes Ziel – realisieren könnte.
Das neue Arbeitspapier würde ab Sommer 2024 laufen, natürlich zu geringeren Konditionen. Alles Bedingungen, die, wie diese Zeitung weiss, für die Xhaka-Seite in Ordnung gewesen und unter denen man dem Verein entgegengekommen wäre.
Dem Spieler geht es nicht um einen weiterhin gut dotierten Vertrag ab Sommer 2024, sondern um die Option, bis mindestens 2025 Fussball spielen zu können. Aber dort beginnen die Probleme. Denn nach dem ersten Gespräch kristallisierte sich heraus, was die Intention des FCB ist. Nicht nur, dass man mit dem neuen Vertrag die Lohnsumme, die Xhaka mit dem aktuellen Kontrakt bei einer automatischen Verlängerung für die Saison 2024/25 zustünde, auf mehrere Jahre verteilen könnte. Also so lange, wie sein Anschlussvertrag als Trainer läuft.
Der FCB könnte so eine hohe Summe auf vier Jahre verteilen, statt sie in einem bezahlen zu müssen. Es wäre eine immense Entlastung für den FCB. Der springende Punkt ist aber vor allem, dass man die momentan bestehende, einseitige Option in eine beidseitige verwandeln möchte.
Mit dem aktuellen Arbeitspapier, welches mit einer einseitigen Option ausgestattet ist, muss der FCB Xhakas Spielervertrag bis 2025 verlängern, wenn er die Klausel, deren genauer Inhalt nicht bekannt ist, erfüllt.
Die beidseitige Option im neuen Vertrag würde bedeuten, dass der FCB Xhaka ein weiteres Profi-Jahr verwehren und ihn stattdessen bereits 2024 seine Stelle auf dem Campus antreten lassen könnte.
So hätte Xhaka das Karriereende nicht mehr in den eigenen Händen. Etwas, was man ihm im ersten Gespräch zugesichert hatte. Aus Sicht des FCB ist die Idee verständlich, vor allem wegen der Finanzlage. Aber auch aufgrund dessen, was man Xhaka beim zweiten Gespräch erklärt hat: Dass der 31-Jährige ab kommendem Sommer kaum mehr Stammkraft sein werde, die Spielzeit generell merklich weniger werden dürfte.
Die Chancen, dass der FCB unter diesen Umständen Xhaka im Sommer 2024 ein weiteres Jahr als aktiver Fussballer zugestehen würde, statt ihn frühzeitig auf den Campus zu beordern, sind verschwindend klein. Das Karriereende würde quasi durch den FCB besiegelt, obschon Xhaka etwas anderes versprochen wurde.
Das bringt die Xhaka-Seite auf die Palme. Dass es viel mehr darum gehe, die Geldprobleme des Vereins zu lösen als einen verdienten Spieler längerfristig einzubinden und ihm die Entscheidung über sein Karriereende zu überlassen.
Auf Anfrage sagt FCB-Sportdirektor Heiko Vogel: «Ich werde mich selbstredend nicht öffentlich über Vertragsdetails und generell auch nicht über die Inhalte derartiger Gespräche äussern. Fakt ist, dass Taulant Xhaka ein langjähriger, verdienter Spieler ist, eine Identifikationsfigur für die Fans und darüber hinaus ein Mensch, den ich persönlich und auch der Klub sehr schätzen. Ich habe ein absolut unbelastetes und mehrjähriges Verhältnis zu Tauli. Wir sprechen viel miteinander und wir sind nach wie vor bestrebt, eine gute Lösung zu finden.»
Xhakas Berater, José Noguera Rodriguez, sagt:
Es ist eine Geschichte, bei der es zwei Parteien mit zwei aktuell noch konträren Vorstellungen gibt. Der FCB hofft auf das nötige Entgegenkommen und eine Einigung, die Xhaka-Seite verlangt ehrliche Kommunikation seitens FC Basel.
Und die Xhaka-Seite bemängelt das, was dem FCB in jüngster Zeit nicht selten vorgeworfen wurde: die Art und Weise. Man habe das Gefühl, der Klub wälze die Finanzsorgen auf die Spieler ab, pokere und hoffe darauf, dass der Spieler bei der Liebe zum Verein gepackt werde. Nach dem Motto: Weil Xhaka Rotblau in seinem Herzen trägt, wird er schon zustimmen.
Der unschöne Umgang mit verdienten Spielern ist etwas, das nicht erst unter Degen ein Problem ist beim FC Basel. Zuletzt aber häufte es sich. Man denke an Eray Cömert, Raoul Petretta oder Heinz Lindner.
Momentan ruhen die Vertrags-Gespräche zwischen dem FCB als Klub und Xhakas Vertretern. Es ist eine Geschichte, die jedoch mit Sicherheit noch ein paar weitere Kapitel schreiben wird.
31 ist doch noch kein Alter zum aufhören, auch nicht 33, eigentlich.