
Bevor es das Internet gab, mussten Telefonnummern in dicken Büchern gesucht werden – oder man rief wie Lo & Leduc bei der Auskunft an.Bild: Shutterstock
Immer weniger Schweizerinnen und Schweizer wollen ihre private Telefonnummer veröffentlichen. Das Telefonbuch wurde zuletzt immer dünner – und wird nun nach 142 Jahren nur noch online verfügbar sein. Eine schlechte Nachricht für alle, die beim Zerreissen dieser Bücher ihre Muskelkraft beweisen.
14.09.2022, 13:3814.09.2022, 15:19
Das erste gedruckte Telefonbuch der Schweiz hätten du und ich wohl auch noch zerreissen können. Es erschien 1880 in Zürich und listete bloss 98 Nummern und ihre Besitzer auf.
Die Zahl der Anschlüsse stieg in der Folge Jahr für Jahr und entsprechend dick wurden die Telefonbücher. 2014 stellte der Zürcher Albert Jamie Walter einen Weltrekord auf: Das Telefonbuch von München, 1551 Seiten stark, zerriss er innert 9,38 Sekunden.
Denn das Zerreissen von Telefonbüchern war und ist ein Wettkampf. Als Walter 2003 in Bremgarten Schweizer Meister darin wurde, fieberten rund 700 Zuschauer mit.
Keine Frage der rohen Kraft
«Es ist vor allem die Technik der Schnellkraft», erläuterte Walter das Geheimnis dahinter, einen dicken Wälzer in zwei Hälften zu rupfen. «Man muss das Buch in einem Zug zerreissen können, nur dann bringt man es auf eine Spitzenzeit. Kraft allein genügt nicht.»
Neunfacher Weltrekordler wurde Albert Walter, der in die Fussstapfen seines Vaters Ruedi trat, einem Schweizer Bodybuilding-Pionier, bekannt als «stärkster Mann von Aussersihl». Dieser veranstaltete Shows, in denen er Ketten sprengte, Nägel zerbrach und eben auch Telefonbücher zerriss.
«Der Buchdeckel ist mein ständiger Gegner»
Sohn Albert war oft dabei und wollte den Vater imitieren. In der 1. Klasse habe er Mickey-Mouse-Hefte zerrissen, sagte er einst im «Tages-Anzeiger». Schon als Schüler trainierte er im Gym, das sein Vater betrieb, im Alter von 16 Jahren wurde er Schweizer Meister im Bankdrücken. Dank ihrem Talent im zerstörerischen Umgang mit Telefonbüchern waren Vater und Sohn regelmässig Gäste in diversen TV-Sendungen.
Walter hatte zu Beginn seiner Karriere die Sorge, irgendwann kein Trainingsmaterial mehr zu haben. Das legte sich, weil ihm Kollegen, Nachbarn oder auch Postfilialen alte Exemplare des Telefonbuchs überliessen.
Nun endet diese Versorgung. Walter, der einst den schönen Satz «Der Buchdeckel ist mein ständiger Gegner» sagte, und alle anderen Kraftprotze werden früher oder später ohne Schweizer Telefonbücher auskommen müssen.
Weniger Festnetzanschlüsse und nervige Werbeanrufe
In den Neunzigerjahren umfassten die Schweizer Telefonbücher gemeinsam rund 4,2 Millionen Einträge. Seither ging die Zahl der Festnetzanschlüsse stark zurück, laut der Swisscom gegenüber dem Jahr 2000 um rund 3 Millionen.
Mobilnummern kann man zwar eintragen lassen, aber darauf verzichten viele. Nicht zuletzt wegen Anrufern, die etwas verkaufen oder zur Teilnahme an einer Umfrage motivieren wollen. Die Swisscom-Tochter Localsearch stellt den Druck des Telefonbuchs deshalb per Ende 2022 ein und publiziert private Telefonnummern nur noch online.
«Oh scheisse, Telefonbücher!» – Keine Sorge, es geht nach dem Satz nicht weiter wie nach der berühmten Frage, warum hier Stroh liegt.Video: YouTube/eisen krieger
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