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FCB-Sportdirektor Heiko Vogel: «Haben das Potenzial, Titel zu gewinnen»

Der Trainer des FC Basel, Heiko Vogel beim Super League Meisterschaftsspiel zwischen dem FC Basel und dem FC Luzern vom Sonntag, 23. April 2023 in Basel. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Heiko Vogel ist nach der Niederlage in Yverdon ziemlich bedient.Bild: keystone
Interview

FCB-Sportdirektor Heiko Vogel: «Wir haben das Potenzial, Titel zu gewinnen»

Die grossen Hoffnungen, die in das runderneuerte Kader des FC Basel gesetzt werden, haben einen ersten heftigen Dämpfer bekommen. Heiko Vogel gibt im ausführlichen Gespräch noch einmal Einblick in einen wilden Basler Transfersommer und stellt fest: «Wir stehen unter Zugzwang.»
27.09.2023, 12:5527.09.2023, 14:55
Christoph Kieslich / ch media
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Heiko Vogel, das 2:3 am Sonntag bei Aufsteiger Yverdon war ein gewaltiger Rückschlag für den FC Basel. Wie ist Ihr Fazit?
Heiko Vogel: Man kann verlieren, aber die Art und Weise war, ganz ehrlich, erschreckend. Was mich konsterniert: Yverdon hat es geschafft, uns über fast 90 Minuten zu diktieren, wie das Spiel zu laufen hat. Wir konnten in keiner Phase die Dominanz entwickeln, die wir uns erwarten.

Die Fallhöhe zwischen Hoffnungen vor dieser englischen Woche und der Realität auf dem Platz war enorm.
Die Fallhöhe bestimmt ja ihr, die Medien, und natürlich gehen wir nach Yverdon, um drei Punkte zu holen. Aber von der Leistung her war es ein grosser Rückschritt im Vergleich zum Zürich-Spiel. Und das ist sehr enttäuschend.

Was meint Marwin Hitz, wenn er hinterher von einer «Last» spricht, die die Mannschaft auf den Platz trägt?
Mit einem Blick auf die Tabelle ist das relativ einfach zu erklären. Wir stehen unter Zugzwang. Diesen Druck nimmst du mit ins Spiel. Das Gefühl von Leichtigkeit und Selbstverständnis muss man sich hart arbeiten.

«Es wäre ja fatal zu glauben, dass die Saison für uns erst jetzt beginnt.»

Am Donnerstag wird daheim gegen Luzern also noch mal auf den Reset-Knopf gedrückt?
Es gibt keinen Neustart in eine Saison. Und einen Reset-Knopf gibt es auch nicht. Wäre ja zu schön, wenn man alles auf null stellen könnte. In unserer Situation gibt's nur eines: das Negativerlebnis von Yverdon abarbeiten und am Donnerstag mit voller Power ins Spiel gegen Luzern gehen. Das wird schwer genug.

Wie konnte es überhaupt so weit kommen, Ende September davon zu sprechen, dass die Saison für den FC Basel erst richtig beginnt?
Das ist von den Medien gemacht und lasse ich so nicht gelten. Es wäre ja fatal zu glauben, dass die Saison für uns erst jetzt beginnt. Das wird vielem nicht gerecht, vor allem der Tabelle nicht, denn es sind schon einige Punkte vergeben worden, die wir nicht geholt haben – und das ist unwiederbringlich.

Was ist aus dem Ruder gelaufen, dass der FCB auf einen so schlechten Start zurückblicken muss?
Berechtigte Frage, aber da muss ich ausholen.

Bitte.
Vorweg: Es gibt keine einzelnen Personen, die dafür verantwortlich sind. Uns war klar, dass ein neuer Trainer kommt, dass sich erst alles finden muss, bis die Rädchen ineinandergreifen. Diese Zeit hatten wir nicht, weil die Saison früh beginnt – das gilt allerdings für alle Schweizer Vereine. Dann war uns klar, dass wir einen grossen Umbruch im Kader haben könnten. Wie gross, war so nicht abzuschätzen, wir haben uns aber darauf vorbereitet, dass er grösser sein könnte, als wir ihn haben wollten. David Degen wird ja immer dafür angegriffen, dass er von den 90 Prozent des Kaders sprach, die gehalten werden sollten. So hat er das nicht gemeint, da war vielleicht der Wunsch Vater des Gedankens.

Nun ja, David Degen hat diese Aussage unterdessen selbst als «ungeschickt» gekennzeichnet.
Und die Medien reiten immer wieder darauf rum.

«Wir wussten lange nicht, wie viel Geld wir zur Verfügung haben, um selbst zu investieren.»

So sind wir halt.
Uns war ja klar, dass Zeki Amdouni gehen wird und auch Andy Diouf. Mit dem Erreichen des Halbfinals in der Conference League haben sich viele Spieler ins Spotlight gestellt. Also war abzusehen, dass Spieler kommen werden, die sagen: Ich habe mich in Basel bewiesen und nun die Chance, den nächsten Schritt zu machen. Ein Umbruch hat sich also abgezeichnet, damit ein holpriger Start, und es ist klar, dass wir Ziele verpasst haben. Aber für das Ausscheiden gegen Tobol Kostanay habe ich immer noch kein Verständnis: Egal, wie das Kader zum damaligen Zeitpunkt aussah, hätte man diese Hürde nehmen müssen.

War der FCB, waren Sie als Sportdirektor, nicht gut genug vorbereitet auf diesen Umbruch, der schlussendlich zu einer Generalüberholung des Kaders wurde?
Wir können ja nicht die Gesetze des Transfermarktes ausser Kraft setzen. Es gab Corona und die Auswirkungen auf die Finanzkraft der Vereine, die sich Zeit nehmen für Transfers. Erst kommen die grossen Deals, und dann fallen die kleinen wie Dominosteine peu à peu. Ausserdem wussten wir lange nicht, wie viel Geld wir zur Verfügung haben, um selbst zu investieren. Also mussten wir unsere Strategie ständig anpassen.

Le milieu balois Renato Veiga montre sa deception a la fin de la rencontre de football de Super League entre le Yverdon Sport FC et le FC Basel 1893 ce dimanche 24 septembre 2023 au stade Municipal d& ...
Ein später Abgang wie der von Wouter Burger machte den Weg frei für späte Zuzüge wie dem von Renato VeigaBild: keystone

Sprich: Man musste reagieren, statt agieren zu können.
Auch, aber vor allem mussten wir flexibel sein. Wir wussten einerseits genau, was wir wollten: weniger Leihgeschäfte, die Altersstruktur anpassen. Am Anfang haben wir vielleicht in andere Preisregale geschaut. Und wenn man dann Wouter Burger für fünf Millionen abgibt, dann sagt man sich: Vielleicht können wir in Renato Veiga reinvestieren.

Unter dem Strich ist in der Mannschaft kein Stein auf dem anderen geblieben.
Es ist ein Totalumbruch, und zwar auf vielen Ebenen. Wenn ich bedenke, was unser Chefscout Patrick Dippel und ich an Datenbanken und Spielern vorfanden, als wir hier begannen, haben wir seither einiges bewegt.

Sie werden ja nicht behaupten wollen, dass beim FCB nichts in den Schubladen lag.
Jedenfalls nicht das, was es an Vielseitigkeit und Breite braucht, um eine Transferperiode idealerweise vorzubereiten, schon gar nicht einen grösseren Umbruch. Es gibt ja keine Mannschaft mit lauter 19-Jährigen, die erfolgreich ist.

«Ich habe nie ganz verstanden, dass Jasharis Wechsel nach Basel kategorisch abgelehnt wurde.»

Hatte es negative Auswirkungen, dass Sie im Frühjahr in Doppelfunktion Sportdirektor und Trainer waren?
Das hat mich nicht gehemmt, aber ich musste die Vorbereitung der Transferperiode schon in die Hände von Patrick Dippel und seinem Team legen. Es war ein Drahtseilakt: Morgens habe ich die eigene Mannschaft gecoacht und trainiert, nachmittags habe ich versucht, die zukünftige Mannschaft zusammenzustellen. Das war energieraubend, aber superspannend, und ich glaube, es ist uns ganz gut gelungen.

FCB Coach Heiko Vogel, Mitte, mit Praesident David Degen, rechts, im Fussball Super League Spiel zwischen dem FC St. Gallen und dem FC Basel, am Sonntag, 14. Maio 2023, im Kybunpark in St. Gallen. (KE ...
Heiko Vogel (Mitte) und Chefscout Patrick Dippel (nicht im Bild) mussten erstmal den Datenbestand beim FC Basel aufräumen.Bild: keystone

Es war Ihre erste Transferperiode als Sportdirektor. Was nehmen Sie mit?
Ich war sehr viel am Telefon, vor allem mit den ganzen Beratern. Aber wir haben unsere Wunschspieler bekommen und sind auch nicht von ihnen abgerückt, wenn sich die Verhandlungen schwieriger gestaltet haben oder Vereine in der Qualifikation zu einem europäischen Wettbewerb standen und den Spieler erst hinterher freigeben wollten.

Mit Ausnahme von Jashari. Da haben Sie Schiffbruch erlitten.
Ausser Jashari. Ein Wunschspieler nicht nur des FC Basel, sondern auch von vielen anderen Vereinen. Ich habe nie ganz verstanden, dass ein Wechsel nach Basel kategorisch abgelehnt wurde.

Wie kompliziert war es mit David Degen, der ja vom Spielermarkt kommt? Er hat ja durchblicken lassen, dass Sie noch was von ihm abschauen konnten.
Es war gar nicht kompliziert. Wir haben uns in vielen Dingen kongenial ergänzt. Er hat mir Sachen gezeigt …

Zum Beispiel?
Sachen wie Verhandlungsgeschick, wie man Transfers abschliesst. Da haben wir uns Bälle zugespielt, Strategien abgesprochen. Gerade wenn es ums Verkaufen ging, haben wir viel gemeinsam gemacht. Patrick Dippel und ich wären ja dumm, wenn wir auf die Expertise von David verzichten würden. Und ich habe auch kein Problem damit, bei ihm nachzufragen. Wir haben ihm gute Spieler hingestellt, die der FCB übernehmen konnte. Er hat also auch einiges von uns gelernt (lacht).

«Der Austausch mit David Degen ist sehr eng, und es gibt nie irgendwelche Alleingänge.»

Wie darf man sich das vorstellen: Jeder legt morgens ein Spielerdossier auf den Tisch und dann wird leidenschaftlich diskutiert und disputiert?
So wie David Degen in der Öffentlichkeit dargestellt und wahrgenommen wird, ist es nicht. Es gibt Tage, in denen wir nur fünfmal miteinander telefonieren und andere, an denen es 30 Telefonate sind. David ist kein normaler Präsident, er hat finanziell in den FC Basel investiert, und als Miteigentümer bin ich ihm gegenüber absolut informationspflichtig. Er muss über jeden Schritt Bescheid wissen. Unser Austausch ist sehr eng, und es gibt nie irgendwelche Alleingänge. Da war nichts impulsiv, vielleicht mal lautstark, aber bitte: So bin ich es gewohnt. Und so haben wir die Profile der Spieler, die wir haben wollten, durchleuchtet. Wäre ja schlimm, wenn wir immer einer Meinung wären.

Ist David Degen dann derjenige, der bei einem Spielerverkauf die zusätzliche Million beim Feilschen um die Transfersumme herauskitzelt?
Nein, nein. Wir haben ihn, als Präsident und Erster des Klubs, intern als Joker betrachtet. Das operative Geschäft haben wir gemacht, aber wenn die Fronten verhärtet sind, müssen die Owner an den Tisch, um den Deal zum Abschluss zu bringen.

Angesichts des Volumens suchen Sie nun per öffentlicher Stellenausschreibung einen Ersatz für Roman Hug, dem Sportkoordinator an Ihrer Seite.
Roman hat einen super Job gemacht, war gerade in diesem intensiven Transfersommer extrem wichtig und verlässt den FCB auf eigenen Wunsch. Es ist klar, dass er ersetzt werden muss, denn es braucht einfach jemanden bei dem Aufwand, der an jedem einzelnen Transfer hängt. Wenn du das mit einem gewissen Anspruch machen willst, reichen dir die 24 Stunden eines Tages nicht.

Zeitweilig hatte man den Eindruck, es geht wie beim Schlussverkauf auf einem Basar zu.
Dagegen wehre ich mich entschieden. Ein Spieler wie Zeki Amdouni, Torschützenkönig in der Conference League, der massgeblichen Anteil daran hat, dass wir bis in den Halbfinal gekommen sind, wenn der den Wunsch äussert, den nächsten sportlichen Schritt machen zu können, dann geht es auch um den Menschen Amdouni. Dann wäre es nicht in Ordnung, ihm das zu verweigern. Segen und Fluch war vergangene Saison unsere Performance im Europapokal. Viele unserer Spiele haben sich damit für höhere Aufgaben empfohlen. Ganz einfach.

«Es war sogar eine Bedingung, die ich an David Degen gestellt habe: Es interessiert mich nicht, wenn ein Spieler bei deiner Ex-Agentur ist und dein Zwillingsbruder der Berater»

Das alles ging auf Kosten der Liga.
Natürlich hat der FC Basel andere Ziele als Platz 5. Aber wir waren die Mannschaft in Europa mit den meisten Pflichtspielen. Im Cup sind wir gegen den Double-Gewinner YB im Halbfinal ausgeschieden, in der nationalen Meisterschaft haben wir das absolute Minimalziel erreicht. Ich finde, wir haben performt.

L'attaquant balois Maurice Malone, droite, celebre son but du 1 a 1 avec l'attaquant balois Djordje Jovanovic, gauche, lors de la rencontre de football de Super League entre le Yverdon Sport ...
Neue Basler Hoffnungsträger: Maurice Malone und Djordje Jovanovic.Bild: keystone

Ein interessanter Transfer war der von Djordje Jovanovic. David Degen hat da von einer Korrektur in Bezug auf Thierno Barry gesprochen.
Das gehört auch zur Strategieanpassung. Jovanovic ist ein Spieler, der sich als Neuner wohlfühlt. Eine Position, die für Thierno angedacht war, der aber sehr oft auf der linken Aussenbahn zu Hause war und gerne nach innen zieht und sich wieder fallenlässt. Den Targetspieler, wie man das heute nennt, den Zielspieler, hat er uns trotz seiner Statur nicht gegeben. Um die Offensive zu vervollständigen und dem Trainer mehr Optionen zu geben, haben wir sinnvoll ergänzt.

Gab es noch andere Korrekturen unter dem Eindruck der ersten Spiele?
Wir wussten ja, wo wir dünn besetzt waren. Unser Trainer muss auch Spieler haben, die Positionen unterschiedlich interpretieren, die es ihm erlauben, taktisch zu variieren, Spieler mit unterschiedlichen Stärken und Fähigkeiten. Fast alle Transfers haben sich aus unterschiedlichen Gründen zeitlich hingezogen. Es waren keine Ad-hoc-Entscheidungen.

Sind Sie von irgendetwas überrascht worden? Vom Burger-Abgang oder von Calafiori?
Vielleicht von Liam Millar. Auch weil die Chemie zwischen Trainer und ihm gestimmt hat. Aber es gibt Dinge, die über dem Fussball stehen, und das war in seinem Fall die Familie. Deshalb kam er auf uns zu. Bei Wouter Burger sah es lange Zeit nicht nach einem Transfer aus, aber als es dann das konkrete Angebot gab, hatten wir auf unserer Shortlist eine Alternative. Bei Riccardo Calafiori war bald einmal klar, dass er zurückwill nach Italien. Und dann soll man Reisende nicht aufhalten.

Basels Cheftrainer und Sportchef Heiko Vogel, links, und FC Basel Praesident David Degen, rechts, an der Pressekonferenz nach dem Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Basel 18 ...
«Wir haben Netzwerke und Sichtweisen zusammengeführt» – Heiko Vogel über die erste grosse Transferperiode mit FCB-Chef David Degen.Bild: keystone

Wie darf man sich eigentlich vorstellen, wenn David Degen in Ausstand tritt wie bei den Verpflichtungen von Yusuf Demir oder Kevin Rüegg, die zur Beratungsfirma seines Bruders zählen? Verlässt er dann den Raum?
Er hält sich dann wirklich zurück. Natürlich hat er eine Meinung zu einem Spieler, und er hat ja auch das Recht, immer eine Meinung zu haben. Und um das auch klarzustellen: Es darf ja für uns nicht zum Nachteil werden, dass ein Spieler, den wir gut finden, bei Philipp Degen ist. Es war sogar eine Bedingung, die ich an David Degen gestellt habe: Es interessiert mich nicht, wenn ein Spieler bei deiner Ex-Agentur ist und dein Zwillingsbruder der Berater. Man darf es sich als Gentlemen's Agreement vorstellen, auch zu David Degens Schutz. Dann läuft alles über mich. Ausser, dass er sein Veto einlegt und sagt, das ist finanziell für den FCB nicht darstellbar. Diese Hoheit besitzt er allerdings immer.

«Du hast so lange einen Plan, bis du eine in die Fresse bekommst.»

Wie viel Luft lässt Ihnen David Degen bei der Gestaltung der Strategie, des Kaders?
So eine Frage wird dem Ganzen nicht gerecht, niemand schmettert etwas ab, niemand thront über den anderen. Es war ein sehr harmonisches Miteinander. Wir haben sämtliche Ressourcen ausgeschöpft, unsere Netzwerke zusammengeführt, mal hat er den guten Zugang gehabt, mal Patrick Dippel oder Ruedi Zbinden. Wir haben viel diskutiert, sehr konstruktiv, haben auch Sichtweisen zusammengeführt. Wir haben uns auch gegen Spieler entschieden, wir waren sehr detailliert und sauber in der Analyse, und das Ergebnis ist das, was wir jetzt im Kader sehen.

Wäre auf diesem Weg und zwischen den zwei Polen – Degens 90-Prozent-Ansage und am Ende ein Totalumbau – nicht eine andere, bessere Kommunikation nach aussen notwendig gewesen, um die Leute, die verunsicherten Fans sowieso, mitzunehmen?
Erstens würde David Degen diese Aussage so nicht mehr machen. Und dann gibt es die Unwägbarkeiten des Profifussballs. Nicht nur jene des Spiels selbst, die in seiner Natur liegen, sondern auch alles andere drumherum. Man kann einen Plan haben, aber Box-Weltmeister Mike Tyson hat es mal wunderbar formuliert: Du hast so lange einen Plan, bis du eine in die Fresse bekommst. Wunschvorstellungen hatten wir alle. Was hätten wir anderes kommunizieren sollen? Die Medien hatten den Stab ja schon über uns gebrochen, und ich als Verantwortlicher kann in diesem Moment nur für Ruhe plädieren. Am Ende der Saison kann man urteilen.

Nichtsdestotrotz: Der FCB-Fan kauft sich eine Saisonkarte und acht Wochen später ist die Mannschaft eine ganz andere.
Eine Problematik, die mit zum Umfang des Umbruchs geführt hat, war die Zahl der Leihspieler: Adams, Zeqiri, Males, Amdouni und Diouf. Alle fünf auf einen Schlag weg, die Hälfte der Stammelf. Das haben wir gewusst, das Kader der vergangenen Saison war gar nicht anders zu planen. Und wenn wir gegen Tobol Kostanay nicht ausgeschieden und noch eine Runde weitergekommen wären, wäre der Aufschrei doch lange nicht so gross gewesen.

Mündet das alles nun vielleicht auch in eine Chance?
Das klingt mir zu fatalistisch. Das Kader hat jetzt das Gesicht, um die Saison erfolgreich zu bewältigen.

Was heisst denn erfolgreich für Sie übersetzt? Hat das Kader Meisterpotenzial?
Das ist provokant.

Ach, kommen Sie, eine typische Journalistenfrage.
Ich glaube, das Kader hat das Potenzial, um Titel gewinnen zu können. Zum Beispiel den Cup. Der kürzeste, aber auch der schwierigste Weg zu einem Titel. Es geht um Qualität, und ich bin überzeugt, dass diese Qualität besser ist als jene letzte Saison.

«Nicht nur der Trainer steht auf dem Prüfstand, auch die Spieler müssen zeigen, was sie können.»

Zeit hat der Trainer keine, um aus diesem Humankapital eine funktionierende Mannschaft zu formen.
Dafür ist er da. Und einen gewissen Druck hat man als Trainer des FC Basel immer. Den hat jeder, nur sieht der Erfolg je nach Verein anders aus. Timo Schultz hat jetzt die Mannschaft zusammen, die für mindestens die nächsten drei Monate auch so bleibt, und jetzt hoffe ich, dass alle verletzungsfrei bleiben und er aus dem Vollen schöpfen kann. Aber natürlich müssen wir jetzt Ergebnisse liefern und eine Entwicklung sehen.

Wie lange braucht man denn aus Trainerperspektive, um ein funktionierendes Gefüge zu schaffen?
Louis van Gaal hat mal gesagt, ein neuer Trainer benötigt dazu ein halbes Jahr. Es gibt keinen Zeitrahmen, das steht in keinem Lehrbuch. Aber natürlich helfen Erfolge, um den Prozess zu kanalisieren und zu beschleunigen.

Hilft es auch, dass die Mannschaft keine dritte Belastung hat?
Wenn man mehr Zeit zum Trainieren hat, kann man mehr entwickeln und seine Vorstellungen umsetzen. Für Basler Verhältnisse haben wir jetzt sehr viel Zeit und Ruhe, konstruktiv mit der Mannschaft zu arbeiten.

Und es gibt wieder einen internen Konkurrenzkampf.
Der ist definitiv auf allen Positionen entfacht. Wir haben in der Breite mehr Qualität, es gilt sich erst einmal für den Spieltagskader zu qualifizieren und dann für die Anfangsformation. Kein Spieler kann sich die Gelassenheit leisten, weil er denkt, sowieso zu spielen. Konkurrenzkampf ist ein Prinzip, das kein Trainer Welt konstruieren kann.

Also das komplette Gegenteil des Frühjahrs. Da gab es Konkurrenzkampf unter dem Langzeitinterimstrainer Vogel nicht.
Das hat keine Rolle gespielt. Du hast Sperren und Verletzungen gehabt und jeden dritten Tag ein Highlight. Die Rotationsmaschine hat maximal gedreht. Jetzt ist in der Regel eine Woche lang Zeit, um zu trainieren. Um sich für ein Highlight zu qualifizieren. Das kann uns zugutekommen: weniger Spielzeit auf mehr Qualität verteilen.

Timo Schultz, neuer Trainer FC Basel, links, und Heiko Vogel, Sportdirektor FC Basel sprechen an einer Medienkonferenz am Dienstag, 20. Juni 2023 in Basel. (KEYSTONE/Michael Buholzer).
«Nicht nur der Trainer steht auf dem Prüfstand» – Heiko Vogel mit FCB-Cheftrainer Timo Schultz.Bild: keystone

Wenn sich jetzt nicht schnellstens Erfolgserlebnisse einstellen, ist auch klar, was kommt: Dann geht die Öffentlichkeit, gehen die Medien auf Timo Schultz los. Wie oft darf er noch verlieren?
Mir ist das immer zu einfach: Erst waren die Kaderplaner, dann war David Degen schuld, jetzt ist es der Trainer. Nicht nur er steht auf dem Prüfstand, auch die Spieler müssen zeigen, was sie können. Alle sind gefordert, das möchte ich nochmals klar betonen.

Springt Heiko Vogel noch mal als Trainer ein?
Die Frage ist legitim aufgrund meiner Vergangenheit. Ich lasse sie unbeantwortet.

Und wie sieht es mit Ihrem Vertrag aus, der angeblich bis Sommer 2024 läuft?
Das ist derzeit wirklich das Geringste. Auch diese Frage lasse ich unkommentiert stehen. (bzbasel.ch)

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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Keke
27.09.2023 13:43registriert Februar 2021
Ja klar…und wir haben das Potenzial Milliardäre zu werden…aber ich glaube man muss nicht im Wettbüro arbeiten um die Wahrscheinlichkeiten davon auszurechnen…😉
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Das Internet
27.09.2023 14:16registriert August 2020
Ein Tipp an den FCB: Stellt Leute an, die anstatt zu labern lieber die Schnauze halten und arbeiten. Zudem wäre ein Kurs im Umgang mit den Medien mehr als angebracht. Es wirkt einfach extrem unsouverän, wenn man Journis kritisiert, die ihren Job machen.
Wirkt alles ein bisschen wie in Bern, als Leute wie Jauch noch am Ruder waren. Da wurde immer von neuen Phasen und Angriffen auf Basel geredet, ohne dass irgendetwas dabei herauskam. Bis der stille, hochprofessionelle Schaffer Spycher übernahm, der aus Bickels guter, aber teurer Vorarbeit pures Gold machte.
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Katerchen
27.09.2023 13:01registriert März 2023
Willst du Basel oben sehn musst du die Tabelle drehn!
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