Haben Sie mit diesem Saisonfinale, mit einer Chance auf den WM-Titel, gerechnet?
Tom Lüthi: Nein. Der Titel war höchstens nach dem Startsieg in Katar ein Thema. Ich bin selber schuld, dass dann meine Titelchancen bald kein Thema mehr waren. Für die drei Ausfälle in Assen, auf dem Sachsenring und Brünn bin ich verantwortlich.
Welche Faktoren haben Sie nun doch ins Titelrennen zurückgebracht?
Die kontinuierliche Arbeit unseres Teams mit Cheftechniker Gilles Bigot. Wir haben uns stetig verbessert.
Sie haben zwei Rennen vor Schluss noch eine Chance auf den Titel. Eigentlich müssten Sie angespannt sein, sind es aber nicht. Wie kommt das?
Ich fühle mich einfach sehr gut. Ich habe nichts zu verlieren und ich kann mich ganz auf meine Arbeit konzentrieren. Bei 22 Punkten Rückstand ist die Ausgangslage für mich einfach: ich muss bloss so schnell wie möglich fahren…
Es fällt auf, dass Sie in der Schlussphase der Saison meistens viel besser sind und fünf von neun Moto2-GP- Siegen jeweils in den letzten vier Rennen der Saison gewonnen haben. Ist das ein Zufall?
Es ist ja nicht so, dass unser Team zuvor nicht funktioniert hat. Aber es stimmt, dass ich mich auf der Übersee-Tour besonders wohl fühle. Wenn wir für die drei Grand Prix unterwegs sind, kann ich mich ganz auf die Rennen konzentrieren. Ich habe während dieser Zeit keine anderen Pflichten und keine Termine. Es geht nur um Rennsport.
Sie leben dann sozusagen in einer anderen Welt?
So ungefähr.
Die Lehre daraus wäre, auch während der Saison in Europa so zu leben.
Die Fähigkeit, alles ausblenden zu können, ist ein Schlüssel zum Erfolg. Aber ich verdiene ja mein Geld mit der Rennfahrerei und da kann ich nicht einfach alles drum herum vergessen. Wir diskutieren darüber, wie ich nächstes Jahr noch mehr Freiräume für mich schaffen kann. Ich muss wohl auch lernen, nein zu sagen.
Wie haben Sie eigentlich das ganze Theater um Dominique Aegerter mitbekommen?
Aus den Medien.
Sie waren da nicht involviert?
Nein. Wir waren zwar in der gleichen Box untergebracht, aber die Trennwand war ja nicht nur symbolisch. Ich habe mich auf meine Aufgabe konzentriert und er auf seine. Ich habe meine Leute und er seine.
Sie wurden von seinem Rausschmiss überrascht?
Ja. Ich habe gespürt, dass es Spannungen gibt, aber ich habe mich nie damit beschäftigt.
Haben Sie seither mit Dominique gesprochen?
Ja, wir haben mehrmals telefoniert und «Domi» hat mir zu meinen zwei Siegen gratuliert. Wir kommen gut miteinander aus und das wird so bleiben.
Und wie ist jetzt, vor den zwei letzten Rennen, Ihr Verhältnis zu WM-Leader Johann Zarco?
Wenn wir uns im Fahrerlager begegnen, wechseln wir ein paar Worte. Das war bisher so und hat sich nicht geändert.