Denkt ein Schweizer an die Stichworte «Morgenrot» und «Sport», hat er wohl erfolgreiche Athletinnen und Athleten im Kopf, die von unserer Nationalhymne begleitet auf einem Podest stehen.
Denkt ein Japaner an Morgenröte im Sport, hat er sofort das Bild eines Sumoringers vor Augen. Denn das bedeutet der Name Akebono: Morgenröte.
Chadwick Haheo Rowan erhielt ihn in seiner Wahlheimat verliehen, wo er sich am vermeintlich Unmöglichen versuchte: es als Ausländer zum Yokozuna zu bringen, den höchsten Rang im Sumoringen zu erlangen.
Geboren und aufgewachsen auf der Hawaii-Insel Oahu hatte Rowan ein Studium im Sinn und eine Zukunft in der Hotelbranche. Es kam alles anders. Durch einen Freund der Familie lernte er Azumazeki Oyakata kennen, einen Sumoringer hawaiianischer Abstammung. Der hatte zwar Bedenken, dass Rowan zu gross sein könnte, um ein erfolgreicher Kämpfer zu werden. Er lud ihn dennoch ein, es in seinem Stall zu versuchen.
Und so flog der 17-Jährige Anfang 1988 nach Japan, um zu trainieren. Schon bald gab er sein Profidebüt und er wusste zu überzeugen. Es stellte sich heraus: Seine Grösse von 2,03 m und sein Gewicht von rund 230 Kilogramm waren kein Hindernis. Auch die vergleichsweise langen Beine, für einen hohen Schwerpunkt verantwortlich, standen ihm nicht im Weg.
Sumoringen ist im Grunde genommen sehr simpel. Zwei Kämpfer stehen sich in einem Rund von viereinhalb Metern Durchmesser gegenüber und haben das Ziel, das Gegenüber aus diesem zu befördern oder es zu schaffen, dass er den Ringboden mit etwas anderem als den Füssen berührt. Die Kolosse schieben, drücken, schlagen und schleudern; Kämpfe dauern oft nur wenige Sekunden.
Wer gross werden will, muss klein anfangen. Junge Sumoringer steigen in der untersten Liga ein und müssen sich hochkämpfen. Das Ziel ist die Top-Liga, die Makuuchi-Division. Akebono erreichte sie schnell und mit eindrücklichen Bilanzen. Schon im September 1990, zwei Jahre nach seinem Einstieg, hatte er es geschafft.
Das Sumoringen erlebte in dieser Zeit einen Aufschwung. Denn gleichzeitig mit Akebono stiegen mit den Brüdern Takanohana und Wakanohana zwei andere junge Supertalente auf. Selbst in der Schweiz waren zu jener Zeit auf Eurosport Turniere zu sehen.
Im Januar 1991 schlug Akebono erstmals einen Yokozuna. Er kletterte die Leiter hoch, im Mai wurde er zum Ozeki befördert, in den zweithöchsten Rang. Sportlich schien seinem Aufstieg zum Yokozuna nicht mehr viel im Weg zu stehen, sollte es so weitergehen. Dabei ist die Auszeichnung schwierig zu erreichen: Vor ihm schafften es in knapp vierhundert Jahren nur 63 Sumotori.
Doch Sumo ist in Japan mehr als nur ein Sport, es ist auch gelebtes Brauchtum. Wer Yokozuna werden will, braucht dazu mehr als nur Siege. Er muss auch den passenden Charakter haben und das wurde Ausländern nicht zugetraut. Konishiki, ebenfalls Hawaiianer, 1,84 m gross und um die 280 Kilogramm schwer, wurde der Aufstieg 1992 verweigert. Die Gründe wirkten für manchen Beobachter vorgeschoben und es wurde viel über Rassismus in Japan diskutiert.
Im November 1992 und im Januar 1993 gewann Akebono zwei Turniere in Folge. Damit hatte er die Bedingungen erfüllt – und der Rat der Weisen vertrat die Meinung, dass er sich mit der Würde und der Bescheidenheit verhalten habe, die für den höchsten Rang erforderlich sind. Akebono wurde als erster Ausländer zum Yokozuna ernannt.
Spätestens jetzt war aus dem Star ein Superstar geworden. Doch die Meriten von früher müssen im Sumo immer und immer wieder verteidigt werden. In tieferen Rängen kann man zurückgestuft werden, als Yokozuna nicht. Allerdings wird bei wiederholt schlechten Leistungen erwartet, dass er von sich aus zurücktritt.
Als erster ausländischer Yokozuna in der rund tausendjährigen Geschichte war Akebono ein Trendsetter. Seit seinem «Ritterschlag» 1993 wurden bis heute neun Kämpfer in den höchsten Rang befördert. Nur drei waren gebürtige Japaner, fünf stammten aus der Mongolei, einer aus Amerikanisch-Samoa.
Der für seinen aggressiven Kampfstil bekannte Akebono schaffte es fast acht Jahre lang, Yokozuna zu bleiben. Gemeinsam mit Takanohana prägte er eine Ära. Mittlerweile war Akebono eingebürgert worden, doch sein Rivale war wesentlich beliebter.
Takanohana war es auch, der auserkoren wurde, bei den Olympischen Spielen 1998 von Nagano an der Eröffnungsfeier aufzutreten. Weil er krank war, wurde die Ehre Akebono zuteil.
Ansonsten war eher er es, der aufgrund seines Gewichts immer wieder ausfiel. Er erlitt eine schwere Knieverletzung und musste Turniere wegen eines Bandscheibenvorfalls auslassen.
2001 zog er einen Schlussstrich unter seine Karriere. Beim Wechsel zum K-1, in der Schweiz durch Andy Hug populär geworden, war Akebono weniger erfolgreich. Bob Sapp schlug ihn bei einem Mega-Kampf vor 45'000 Fans in Nagoya k.o. Fortan sah man Akebono beim Wrestling, unter anderem durfte er bei Wrestlemania 21 Big Show bezwingen.
Die vielen Kilos wurden immer mehr zu einer Belastung für den Körper. 2017 erlitt Akebono ein akutes Herzversagen, während zwei Wochen lag er im künstlichen Koma, danach war er auf einen Rollstuhl angewiesen. Dazu litt er an Gedächtnisverlust.
Wie die Morgenröte, die dem Tag weicht, ist auch Akebono von dieser Welt gegangen. Sein Erbe jedoch wird ewig wie ein Sonnenaufgang in der Erinnerung aller Sumo-Fans leuchten. Anfang April hörte sein Herz für immer auf zu schlagen, das wurde am Donnerstag bekannt gegeben. Akebono wurde 54 Jahre alt. Er hinterlässt eine Ehefrau und drei Kinder.
Er war bei den Japaner äusserst beliebt, gefühlt jede Japanerin wollte ihn als Schwiegersohn haben. Die war ganz im Gegensatz zu der Kommision,die sich äusserst schwer tat ihn zum Yokozuna zu befördern.
Schöne Hommage die sich Akebono redlich verdient hat. DANKE.
Leider haben Sumo-Kämpfer generell eine sehr kurze Lebenserwartung. Sie müssen sich ja bis aufs Äusserste mästen und möglichst viele Kilos auf die Waage bringen. Sie sind zwar Topathleten, die bestens Trainiert und Fit sind und sehr muskulös. Aber darüber hinaus haben sie eine sehr dicke Fettschicht, die ihnen das nötige Kampfgewicht bringt. Und wirklich Ausdauer wird in diesem Sport auch nicht unbedingt trainiert. Kämpfe dauern ein paar Sekunden, selten länger.