Ukraine-Flüchtling triumphiert in Japan: Sumo-Sensation holt drei Pokale und einen Fisch
«Ich bin glücklich, dass ich eines meiner Ziele erreichen konnte», sagt der Sieger eines Sumo-Turniers in Fukuoka – auf Japanisch. Was nichts als logisch klingt, ist es nicht. Denn der erfolgreiche Sportler lebt erst seit Kurzem in Japan.
Im Februar 2022 traf Danylo Yavhusishyn eine Entscheidung. Der 17-Jährige war ein hoffnungsvoller Ringer, Teilnehmer an der Junioren-WM und ukrainischer Meister im Sumo. Als Wladimir Putin seine Heimat attackierte, ergriff er die Flucht – kurz bevor man ihn nach seinem 18. Geburtstag in die Armee einberufen hätte. Er reiste nach Deutschland und flog zwei Monate darauf, dank Kontakten aus dem Sport, nach Japan.
Im Nu nach oben
In der neuen Heimat erhielt er den Ringernamen Aonishiki Arata – und sorgte von Anfang an für Furore. Rasch kletterte der junge Ukrainer auf der Leiter hoch. Mittlerweile ist er im dritthöchsten Rang angekommen, Sekiwake. Und er ist so gut, dass der japanische Sumoverband am Mittwoch eine ausserordentliche Sitzung abhalten wird, um ihn zu einem Ozeki zu machen. Darüber stehen nur noch die Yokozunas, von denen es momentan zwei gibt: Hoshoryu und Onosato.
Einen der beiden Giganten, Hoshoryu, besiegte Aonishiki in Fukuoka gleich zwei Mal, darunter im Final. Er benötigte in der höchsten Liga 14 Anläufe, um erstmals ein Turnier zu gewinnen. Schneller gelang das in der langen Geschichte nur einem Ringer: Takerufuji vor eineinhalb Jahren, völlig überraschend gleich bei seinem Debüt. Nebst dem Pokal für den Turniersieg gewann Aonishiki am Wochenende zugleich den Preis für die herausragende Leistung während des Turniers und eine Prämie für seine Technik.
Diese Trophäen hat Aonishiki alle gewonnen
«Ich konnte nach dem Triumph lange nicht einschlafen», verriet er am Tag danach. «Die ganzen Feierlichkeiten waren alle neu für mich, ich habe es wirklich genossen.» Erst morgens um fünf sei er weggedämmert. «Ich habe noch nie einen Sake getrunken, der so gut geschmeckt hat.»
Aonishiki won!!?! I was rooting for Hoshoryu to win but Aonishiki wins makes me happy too. Congratulations Aonishiki 👏👏👏 pic.twitter.com/nG4pcN8Qlo
— epsilon lambda (@elmontel_) November 23, 2025
Von Gastfreundschaft überrascht
Als Yavhusishyn damals nach Kriegsausbruch nach Deutschland geflüchtet war, kontaktierte er Arata Yamanaka, einen japanischen Sumoringer, den er an der Junioren-WM kennengelernt hatte und mit dem er sich seither über Social Media austauschte.
«Ich habe ihn nur einmal persönlich getroffen und er hat mich herzlich empfangen, obwohl ich kein Wort Japanisch sprach», sagte Aonishiki, dessen Name «Blauer Brokat» bedeutet, was ein teurer Stoff ist. Dass ihn Arata trotzdem bei sich aufgenommen habe, habe ihn überrascht: «Wäre es umgekehrt gewesen, hätte ich abgelehnt.»
Sinkende Popularität des Sports
Längst spricht der Ukrainer von seiner «japanischen Familie», wenn er von seinem Freund Arata und der Trainingsgruppe redet. Die eine Begegnung der beiden an den Weltmeisterschaften 2019 hat das Leben des Sumoringers in eine andere Bahn gelenkt. «Ich wäre nicht der Mensch, der ich heute bin, hätte ich Arata nicht getroffen und dank ihm nach Japan reisen können», weiss Aonishiki.
Dem jahrhundertealten Sumo-Sport kann eine Auffrischung und Internationalisierung nur recht sein. In der Heimat kämpft er seit längerer Zeit mit einer sinkenden Popularität. Zuletzt fand deshalb ein Turnier mit allen Stars in London statt, im nächsten Jahr soll eines in Paris ausgetragen werden. Aonishiki, als ein neues, interessantes Gesicht, war in der englischen Hauptstadt bereits einer der prominenten Ringer. Gewonnen hatte das Turnier Hoshoryu im Duell der Yokozunas gegen Onosato.
Massiv und trotzdem beweglich
Wie beim Schwingen gibt es im Sumoringen keine Gewichtsklassen. Aonishiki bringt wohl das mit, was man gemeinhin als Gardemasse bezeichnet. Bei einer Grösse von 1,82 m bringt er rund 140 Kilo auf die Waage. Dieses Gewicht erlaubt es ihm, beweglich zu bleiben.
Das ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die die massigen Athleten besitzen müssen, um Erfolg zu haben. Bei Aonishiki passt derzeit gerade alles. Geht es so weiter, scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis er zum Yokozuna ernannt wird.
«Ich bin jetzt schon glücklich, aber es gibt einen noch höheren Rang», sagte der Ringer dazu. Er habe noch Raum für Verbesserungen und er müssen sich auch in jeder Hinsicht weiter steigern, wenn er aufsteigen wolle. «Darauf arbeite ich hin.»
