Es war nicht der beste Novak Djokovic der Geschichte, den wir bei der diesjährigen Ausgabe der French Open gesehen haben. Im Final gegen den Norweger Casper Ruud begang der Serbe alleine im ersten Satz 18 unerzwungene Fehler. Doch wie so oft, stellte die neue alte Weltnummer 1 diese ab, sobald es zählte.
Als dieser erste Satz des gestrigen Finals ins Tiebreak ging, war eigentlich schon klar, wer dieses gewinnen würde. Sechs Kurzentscheidungen spielte Djokovic dieses Jahr in Paris. Sechs Mal gewann er. In den sechs Tiebreaks gewann er 42 von 55 Punkten, schlug 15 Winner und machte nicht einen einzigen unerzwungenen Fehler.
Novak Djokovic has played six tiebreaks at #RolandGarros this year.
— Ben Rothenberg (@BenRothenberg) June 11, 2023
He is 6-0 in those tiebreaks.
He has won 42 points in those tiebreaks and lost just 13.
He has hit 15 winners in those tiebreaks.
He has hit 0 unforced errors in those tiebreaks.
Some GOAT shit, truly.
Das zeigt einmal mehr auf, was Djokovic so gut macht: dieser unbändige Wille, selbst die grössten Probleme zu lösen und mit Widrigkeiten umgehen zu können. Und die Qualität, auf den Punkt bereit zu sein, wenn es zählt. Da ist es völlig egal, wenn der 36-Jährige bei den Turnieren vor einem Major einmal nicht überzeugt. «An diesem Punkt in meiner Karriere, sind Grand Slams DIE Priorität für mich», bekräftigt Djokovic.
Mittlerweile ist klar: Auf der Männer-Tour wird in Sachen Rekorden niemand mehr dem Serben das Wasser reichen können. Djokovic hat drei Grand-Slam-Titel mehr als der zurückgetretene Roger Federer (20 Grand-Slam-Titel). Und nun hat er auch wieder einen Titel Vorsprung auf den derzeit verletzten Rafael Nadal, der seinen Rücktritt auf nächstes Jahr angekündigt hat. Viel wahrscheinlicher ist es, dass Djokovic seinen Vorsprung auf den Spanier noch dieses Jahr weiter ausbaut und dann auch Margaret Court (24 Grand-Slam-Titel) als alleinigen Rekordhalter auf beiden Touren überflügelt.
Djokovics Rekorde sprechen für sich. Er hat die meisten Major-Titel. Er hat alle Masters-Turniere gewonnen. Niemand war länger die Nummer 1 der Welt als der Serbe. Er hat als einziger Spieler alle vier Grand-Slam-Turniere mindestens drei Mal gewonnen. Er hat positive Bilanzen gegen seine grössten Rivalen Federer (27:23) und Nadal (30:29). Novak Djokovic ist der beste Tennisspieler der Geschichte.
Ist er auch der grösste – der GOAT? Oder eben nur der beste – der BOAT? Djokovic ist eine kontroverse Persönlichkeit. Kritiker monieren, sein serbischer Nationalismus, seine Sturheit oder seine martialische Art und Weise seien dem Titel des grössten Tennisspielers aller Zeiten nicht würdig. Sie sagen, Djokovics Spielweise sei weniger beeindruckend oder einflussreich gewesen im Vergleich zu Nadal oder Federer. Das ist dann eine Grundsatzfrage in der GOAT-Diskussion. Gehört dazu nur der sportliche Erfolg oder auch alles rundherum?
💪🏻🐐👏🏻 @DjokerNole https://t.co/LiYhM2b5Z5
— Stanislas Wawrinka (@stanwawrinka) June 11, 2023
Diese Diskussion ist müssig, denn alles ausserhalb des Sports lässt sich kaum messen und ist am Ende wohl nur noch eine Sympathie-Frage. Wenn man nur auf die Errungenschaften auf den Tennisplätzen der Welt anschaut, dann ist der Fall klar: Novak Djokovic ist auch der GOAT.
In seinem Palmares fehlen dem Serben eigentlich nur zwei Sachen: Der Grand-Slam – also alle Major-Titel in einer Saison zu gewinnen – und Olympia-Gold. Ersteres kann er mit Siegen in Wimbledon und am US Open bereits dieses Jahr erreichen. Zweiteres in einem Jahr wiederum in Paris. Dann wäre die GOAT-Frage noch deutlicher zu Djokovics Gunsten entschieden.
Das ist beeindruckend!
Ich mag ihn aber trotzdem nicht.