In den Emotionen des Tages sind Superlative billig. Seit 1986 sind in den Finals viele Dramen und Heldensagen geschrieben worden und schon oft haben wir einen Final als den besten der Geschichte bezeichnet. Die Finals sind die Gipfeltreffen und die Leistungsschau unseres Hockeys. Sag mir, wie gut der Final ist, und ich sage dir, wie es um unsere Liga, unser Hockey steht.
Der Final 2022 ist mit der Aufholjagd der Zuger vom 0:3 zum 3:3 dramatisch verlaufen. Diese Dramatik allein macht den Final nicht zum besten, aber immerhin zu einem der besten der Geschichte. Finale Dramen über sieben Spiele haben wir schon so viele erlebt (2001, 2007, 2009, 2010, 2012 und 2018), dass wir dagegen können: sieben Finalspiele – na und?
Einige davon sind noch dramatischer erst in den letzten Sekunden (2012 für die ZSC Lions in Bern) oder gar in der Verlängerung (2001 für die ZSC Lions in Lugano) entschieden worden. Wir sehen: Auch die magische Dauer über sieben Partien macht den Final von diesem Jahr noch lange nicht zu einem einmaligen Ereignis.
Das besondere Merkmal des Finals ist etwas, das sich nicht in Statistiken erfassen lässt. Es ist die Qualität des Hockeys. Zum ersten Mal treffen 2022 zwei Mannschaften aufeinander, die auf Augenhöhe praktisch das genau gleiche Hockey zelebrieren. Es gibt keinen Aussenseiter, der sich mit Härte, Konzentration und Provokationen gegen einen spielerisch klar besseren Favoriten erwehren muss. Es sind zwei Teams, die mit konstruktiven Mitteln auf Sieg spielen.
Daraus ist ein «totales» Hockey geworden, wie es in einem Final so noch nie gespielt worden ist: Schnell, intensiv, präzis, gut ausbalanciert und in allen drei Zonen organisiert. Für den Liebhaber des Spektakels fehlt der Unterhaltungswert durch Fehler. Coaches aber sind begeistert von der Stabilität beider Mannschaften. Kommt dazu: Beide Mannschaften werden durch überragende Torhüter abgesichert.
Was für unser Hockey spricht: Schweizer Spieler haben diesen Final dominiert. Schweizer haben die Siegestreffer im zweiten (Malgin), dritten (Malgin), fünften (Simion), sechsten (Herzog) und siebten Finalspiel erzielt. Der einzige Hattrick ist Dario Simion gelungen. Die Schweizer spielen auch in der «Crunch Time» eines Finals jederzeit auf Augenhöhe mit den Ausländern.
Und da ist noch etwas: Die Schiedsrichterleistungen waren durchwegs erstklassig.
Das alles spricht für die Qualität unseres Hockeys. Fassen wir zusammen: Eine dramatische Wende vom 0:3 zum 4:3, allerhöchstes Niveau und Schweizer in den Hauptrollen: Ja, 2022 war der bisher beste Final.
Das ist ein Trost für unser staatstragendes Fernsehen SRF, das mit dem 7. Finalspiel für lange Zeit (mindestens fünf Jahre) zum letzten Mal eine Partie der nationalen Meisterschaft live übertragen hat: Man soll die Party verlassen, wenn sie am schönsten ist.
Nun freue ich mich auf die WM, wenn die Stars beider Teams auflaufen und den anderen das Leben schwer machen werden. :-)
Die Serie war die vor allem spielerisch und taktisch hochstehend und lebte in jedem Spiel von der Spannung bis kurz vor Schluss und kam erst in einer Belle zur Entscheidung. In früheren Finalserien trafen verschiedene Hockeyphilosophien aufeinander, was durchaus auch seinen Reiz hat, oder es wurden Serien im physischen Abnützungskampf entschieden.
Ob es die beste Finalserie der Geschichte war, kann jeder für sich entscheiden. Eine der besten war es auf alle Fälle.