Zuerst etwas Schwarzmalerei:
Es ist Sonntagabend, nach 20 Uhr. Wegen einem späten Gegentor hat die Schweiz gegen die Färöer sensationell 1:2 verloren und damit den Startrekord von vier Siegen in den ersten vier WM-Qualifikationsspielen vergeigt. Nati-Trainer Vladimir Petkovic tritt vor die Medien und lamentiert über fehlendes Wettkampfglück und das Fehlen wichtiger Leistungsträger. Und er wird diesen einen Satz sagen: «Es gibt im Fussball keine Kleinen mehr.»
Und genau das ist Seich! Es gibt sie, die Ausnahmen, doch für die meisten Kleinen gilt: Sie sind und bleiben klein. Der Satz «es gibt keine Kleinen mehr» ist nämlich nur eines: Eine billige Ausrede. Es ist kein Zufall, dass er immer nur dann verwendet wird, wenn ein vermeintlich Grosser überraschend gegen einen Kleinen verliert.
Logisch ist es möglich, dass die Schweiz gegen Luxemburg verliert oder Österreich respektive Griechenland gegen die Färöer. Aber das liegt nicht daran, dass die Überraschungssieger urplötzlich dermassen an Qualität gewonnen hätten, sondern einzig daran, dass sie vom Gegner massiv unterschätzt worden sind.
Es ist das gute alte Cup-Phänomen: Wenn der motivierte Unterklassige gegen den arroganten Oberklassigen über sich hinauswächst, sind plötzlich ungeahnte Dinge möglich. Diese Überraschungen sind es auch, die den Fussball und den Sport im Allgemeinen ungemein aufwerten. So eine Überraschung hätte es auch vor einem Monat geben können, als unsere Nati-Helden in Andorra so spielten, als hätten sie Blei an den Sohlen.
Die allermeisten Kleinen werden aber klein bleiben. Nehmen wir beispielsweise Europa, wo Länder wie Andorra, Gibraltar, San Marino, Malta oder Liechtenstein wegen ihrer Grösse gar keine Chance haben, im Fussball längerfristig Erfolg zu haben. Die Teams werden zwar kontinuierlich besser, aber das ist bei den grösseren und besseren Teams ja nicht anders.
Dass es aber möglich ist, aus diesem Schema auszubrechen, zeigt Island, das grosse Vorbild der Färöer. Noch vor zehn Jahren waren die Nordländer noch ein ähnlicher Fussballzwerg wie die oben genannten Länder und diesen Sommer verzückten sie plötzlich alle an der EM in Frankreich. Das ist jedoch nur möglich, weil die Isländer in den letzten Jahren viel und gezielt in die Sportart investiert haben und zudem auf ein vielfach grösseres Talentreservoir zurückgreifen können als die anderen Fussball-Zwerge.
Doch zurück zu den Färingern: Auf der im Nordatlantik gelegenen Inselgruppe gibt es, wie ich in unserem Quiz gelernt habe, zirka 5000 aktive Fussballer. Die Allerbesten davon haben sich in der WM-Qualifikation bis jetzt sehr beachtlich geschlagen, Ungarn ein 0:0 abgerungen und Lettland gar 2:0 geschlagen – auswärts notabene.
In Luzern aber gilt es den Färöer wieder zu zeigen, dass sie eben weiter zu den Kleinen gehören. Die Schweizer mit ihren internationalen Stars – Granit Xhaka ist gemäss transfermarkt.ch über hundert mal mehr wert als der teuerste Färinger – sind auf dem Papier die haushohen Favoriten. Bringen sie es im Kopf auf die Reihe, dann ist die ganz zu Beginn beschriebene Sensation ausgeschlossen.
Darum, liebe Schweizer, verhindert um jeden Preis, dass Vladimir Petkovic an der Pressekonferenz sagen muss: «Es gibt im Fussball keine Kleinen mehr.» Putzt die Färöer weg!