Der EM-Final über 200 m wurde zum erwarteten Duell zwischen Mujinga Kambundji und Dina Asher-Smith. Beide Kontrahentinnen kamen gut aus den Blöcken, doch im zweiten Drittel des Rennens konnte die Schweizerin die entscheidende Distanz zwischen sich und die Titelverteidigerin aus Grossbritannien legen. «Dann dachte ich nur: Jetzt durchziehen und ja keinen Fehler mehr machen», verriet Kambundji im SRF.
Im Gegensatz zum Final über 100 m brachte die 30-Jährige ihre Führung dieses Mal ins Ziel. Vor den Augen ihrer Grossmutter, die ihr erstmals an einem grossen Rennen im Ausland vor Ort die Daumen drückte, und beobachtet von der begeisterten Bundesrätin Viola Amherd gewann sie bei nasskalten Bedingungen mit einem Zehntel Vorsprung in 22,32 s. Bronze ging an Ida Karstoft aus Dänemark, die bereits eine halbe Sekunde einbüsste.
«Endlich, ich habe so eine Freude!», strahlte die neue Europameisterin im SRF-Interview. «Ich wusste, dass es schwierig werden würde und dass ich mir keine Fehler erlauben darf.»
Kambundji hatte zuvor in München EM-Silber über 100 m gewonnen, nur Tausendstelsekunden fehlten zum Sieg. Im März triumphierte die Bernerin an der Hallen-WM in Belgrad, wo sie über 60 m Weltmeisterin wurde. Davor gewann Kambundji unter anderem an der Freiluft-WM 2019 in Doha die Bronzemedaille über 200 m.
Dass sie nun ihren ersten Freiluft-Titel gewonnen hat, das könne sie im Moment noch gar nicht richtig realisieren, sagte Kambundji weiter. «Vermutlich wird es erst morgen an der Siegerehrung soweit sein.»
Kambundji sicherte Swiss Athletics die fünfte Medaille an diesen Titelkämpfen. Damit hat die Schweizer Delegation den Rekord von 2016 in Amsterdam egalisiert – und noch dauern die Wettkämpfe zwei Tage. Für Kambundji selbst ist es die vierte Medaille an Freiluft-Titelkämpfen. Nur Kugelstösser Werner Günthör hat mit fünf Auszeichnungen mehr Edelmetall gewonnen.
Julien Bonvin klassierte sich bei seiner Final-Premiere über 400 m Hürden im 7. Rang. Der Walliser, erst seit diesem Jahr die Schweizer Nummer 1 in dieser Disziplin, blieb über eine Sekunde über seiner persönlichen Bestzeit, die er am Vortag im Vorlauf aufgestellt hatte.
Nach einem gewohnt ausgezeichneten Start konnte der 23-Jährige die Pace in der zweiten Kurve und auf der Zielgeraden nicht mehr ganz halten. Vermag sich Bonvin in Zukunft auf der zweiten Streckenhälfte noch zu steigern, dann ist auch er ein Versprechen für die Zukunft.
Die Staffel-Vorläufe am Morgen hatten für Enttäuschung und Freude im Schweizer Lager gesorgt. Während die ohne Kambundji angetretenen Frauen über 4x100 m überraschend scheiterten, stiess die Sprintstaffel der Männer mit Pascal Mancini, Bradley Lestrade, Felix Svensson und Daniel Löhrer als Dritte der Serie überraschend in den Final vom Sonntagabend vor. Die Chancen auf eine Medaille sind gering.
Ebenfalls über den Finaleinzug freuen durften sich Lore Hoffmann über 800 m und die 4x400-m-Staffel der Frauen. Hoffmann schaffte es in 2:01,12 Minuten als letzte Läuferin über die Zeit gerade noch in die Medaillenentscheidung. Die Staffel blieb in der Besetzung Silke Lemmens, Julia Niederberger, Annina Fahr, Sarah King mit Saisonbestleistung (3:26,83) nur rund eine Sekunde über dem 2021 in Tokio aufgestellten Schweizer Rekord.
Die 4x400-m-Staffel der Männer dagegen scheiterte. Als Schlussläufer gab Ricky Petrucciani, der EM-Zweite über 400, mit einer Muskelverletzung im Oberschenkel auf. (ram/sda)
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