MotoGP erlebt Hype dank mehr Spektakel – dies geht jedoch auf die Kosten der Fahrer
Der Weltmeister heisst gleich wie vor einem Jahr: Francesco Bagnaia. Sieben verschiedene Fahrer gewinnen einen Grand Prix, fünf davon auf einer Ducati. Dennoch hält die Spannung bis zum letzten Renntag. Ein wichtiger Grund: die auf diese Saison neu eingeführten Sprints.
Jorge Martin holte in diesen «halben» Rennen 28 Punkte mehr als Bagnaia, ohne diese wäre der Champion bereits vor dem letzten Wochenende festgestanden. Für die Spannung und die Fans hat sich die Einführung dieser Sprints also auf jeden Fall gelohnt.
So viele Besucher wie noch nie
Die Formel 1 hatte es vor zwei Jahren vorgemacht, die MotoGP zog nun nach. Neu gibt es seit dieser Saison am Samstag das Qualifying und einen Sprint – und das (nicht wie in der Formel 1) bei jedem GP. Die Rechnung ging auf. Mehr Spektakel, mehr fürs Geld – die Motorsport-Fans sind begeistert. Nie zuvor pilgerten so viele Menschen an die Rennstrecken wie in diesem Jahr, vor allem die Samstage sind für den Anstieg verantwortlich.
«Wir werden nicht nur einen Zuschauerrekord aufstellen», sagte Carlos Ezpeleta, sportlicher Leiter beim MotoGP-Vermarkter Dorna, vergangene Woche gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. «Auch die TV-Zahlen zeigen deutlich nach oben.» Für ihn ist deshalb klar: «Auch wenn es noch etwas früh ist für Schlussfolgerungen, kann man feststellen, dass die Attraktivität und Popularität der MotoGP gestiegen ist.»
Ähnlich sehen das die Teams, denn auch den Sponsoren sind zwei Rennen pro Wochenende willkommen. «Damit unser Sport floriert, brauchen wir Partner, und die wollen Sichtbarkeit», betont Hervé Poncharal, Direktor des französischen Tech3-Teams und Präsident der Vereinigung der Rennställe, ebenfalls gegenüber AFP.
Mehr als doppelt so viele Verletzungen
Dennoch herrscht nicht eitel Sonnenschein. Bei den Fahrern, die vor der Einführung der Sprints nicht konsultiert wurden, sieht die Bilanz nicht ganz so rosig aus. Dieses Jahr gab es mehr als doppelt so viele verletzte Fahrer (50) als im letzten (20), in keinem der 20 Grand Prix standen alle 22 Stammfahrer am Start.
Gründe gibt es einige: die zusätzliche Belastung für die Fahrer, die fehlende Erholungszeit oder auch die fehlende Möglichkeit zur Abstimmung der Maschinen und Reifen wegen des zugunsten des Sprints gestrichenen Trainings. «Für mich waren diese Sprints nie eine gute Idee», stellt etwa Fabio Quartararo, der Weltmeister von 2021, fest.
Man sei von Freitagmorgen an konstant im Stress, klagt der Yamaha-Fahrer aus Frankreich. «Physisch und mental haben mich viele der Sprints mehr ausgelaugt als die langen Rennen.» Quartararo plädiert deshalb dafür, die Sprints zumindest nicht an jedem Rennwochenende anzusetzen.
Auch im nächsten Jahr bei jedem GP
Damit findet er beim Vermarkter Dorna aber kein Gehör. Carlos Ezpeleta verweist darauf, dass es vor allem zu Beginn mehr Verletzungen gegeben habe, es im Lauf der Saison aber weniger Stürze gegeben habe. Das Format werde deshalb nächstes Jahr weitergeführt.
Der Teamchef pflichtet dem Vermarkter bei. «Natürlich, es gibt mehr Anspannung, aber das sind Spitzensportler mit guten Equipen um sie herum», hält Hervé Poncharal fest. «Wenn man will, dass unser Sport attraktiv bleibt, muss man innovativ sein. Und die Sprints sind ein grosser Schritt zu mehr Attraktivität für den Rennsport.» (nih/sda/afp)