Weshalb die Fussballer oftmals gute Gründe für einen Streik haben
Während der Ball unter anderem in der Schweiz schon wieder rollt, nähert sich der Saisonstart auch in den Topligen. Da nun auch diese Teams noch letzte Veränderungen am Kader vornehmen wollen, häufen sich derzeit die Meldungen von Spielern, die mittels eines Streiks einen Wechsel erzwingen wollen. Die Empörung über solche «Charakterschweine», wie es dann gerne heisst, ist jeweils gross.
Sei es nun Ardon Jashari, der von Brügge unbedingt zur AC Milan will. Newcastles Alexander Isak, der unbedingt zum FC Liverpool will. Viktor Gyökeres, der unbedingt zu Arsenal wollte und den Wechsel von Sporting Lissabon nach London auch durch die Androhung eines Streiks erreichte. Oder auch Sions Baltazar Costa, der unbedingt nach Japan will.
Dabei gilt es, diese Situationen im Einzelfall zu beurteilen. Denn oftmals sind die Spieler nicht alleine für die Situation verantwortlich und ist es auch ihr gutes Recht, für eine Verbesserung der persönlichen Situation in ihren Augen in Streik zu treten. Besonders, wenn sie dadurch nur einen Teil der Vorbereitung verpassen, wie gerade im Falle von Isak oder auch Brentfords Yoane Wissa, der gerne zu Newcastle wechseln würde.
Die Wut der Fans ist gerechtfertigt – aber irrational
Anders sieht es aus, wenn wie im Falle von Jashari oder Baltazar auch Pflichtspiele geschwänzt werden. Da sollte der Verein die Befugnis haben, den Lohn anteilmässig zu streichen, und dies auch tun. Auch gegen die Wut des Anhangs ist nichts einzuwenden, gehört etwas Irrationalität doch zum Fan-Dasein dazu. So ist auch zu erklären, dass die Fans die Situation ganz anders beurteilen, wenn ein Spieler auf diese Weise zu ihrem Klub wechseln will. Jedoch haben diese Spieler zum Teil ebenfalls gute Gründe für ihr Vorgehen.
So hält sich der Klub nicht immer an Abmachungen, wie zum Beispiel im Falle von Viktor Gyökeres und Sporting Lissabon. Angeblich hatte der schwedische Stürmer mit dem Klubpräsidenten abgemacht, dass er für eine Ablösesumme von 70 Millionen Euro wechseln könne, jedoch wurde ihm dies zunächst verweigert. Also drohte der 27-Jährige mit einem Streik, damit er trotz seines bis 2028 laufenden Vertrags bei den Portugiesen wechseln konnte. Auch Isak habe gegenüber Newcastle schon während der letzten Saison mehrmals geäussert, dass er gerne wechseln würde. Wenn der Verein sich aber weigert, ist ein Streik irgendwann die einzige Option, um aus dem Vertrag herauszukommen.
Die Vereine profitieren am stärksten von den langen Verträgen
Das Argument, das oft vorgebracht wird, dass die Spieler einen Vertrag bis zu einem gewissen Zeitpunkt unterschrieben und diesen somit auch zu erfüllen hätten, hat ebenfalls seine Schwächen. So sind die längeren Verträge oftmals auch im Interesse der Klubs, die einerseits die Ablösesumme angesichts der Finanzregularien über eine längere Zeit amortisieren können, und andererseits im Falle eines Verkaufs einen teureren Preis aufrufen können.
In den Augen aufstrebender Stars ergibt es nämlich kaum einen Sinn, sich über so lange Zeit an einen Klub zu binden – von der finanziellen Sicherheit, um die sich Fussballprofis nur geringe Sorgen machen müssen, mal abgesehen. Vielmehr wäre es logisch, kurzfristige Verträge im Bereich von zwei bis drei Jahren zu unterschreiben, und sich den nächsten Arbeitgeber frei aussuchen und gleich noch ein nettes Handgeld einstreichen zu können. Das ist aber für die Klubs weniger interessant.
Die Klubs handeln umgekehrt genauso
Durch die längeren Verträge nehmen sie aber automatisch in Kauf, dass Spieler im Verlaufe dieser einmal unzufrieden sein könnten. Dies ist am Beispiel von Chelsea gut zu sehen. Es ist vollkommen logisch, dass ein Spieler wie Cole Palmer, der bis 2033 unter Vertrag steht, irgendwann eine Gehaltserhöhung fordern wird, sollte seine Entwicklung so weitergehen wie bisher. Ebenso verständlich ist es, dass Jashari und Isak nach den überragenden letzten Saisons die Zeit für den nächsten Schritt gekommen sehen und in eine Topliga bzw. zu einem Titelanwärter in der Champions League wechseln möchten.
Dies ist nur fair, zumal die Klubs umgekehrt ja auch nicht anders handeln, wenn ein Spieler nicht entsprechend performt. Da wird ein Star gerne auch mal aussortiert oder sogar zu einem Wechsel gedrängt, wie es der FC Barcelona regelmässig versucht. Natürlich kann sich der Spieler weigern und den Vertrag aussitzen, selbiges gilt im anderen Fall aber auch für die Klubs, die den Spieler nicht verkaufen müssen, wenn sie das nicht wollen.
Die Spieler sitzen zu Recht am längeren Hebel
So kann beispielsweise Newcastle die Ablöseforderung für Isak weiterhin in die Höhe treiben. Denn wirklich verschlechtern tut sich die Verhandlungsposition des abgebenden Vereins durch einen Streik des Spielers nicht, wenn er hart bleibt. Vielmehr setzt es den potenziellen Käufer unter Druck. Schliesslich will dieser dem Spieler auch zeigen, dass er ihn unbedingt verpflichten möchte. Da dann um fünf bis zehn Millionen Euro zu feilschen, könnte den Star verärgern.
Im Endeffekt sitzt natürlich trotzdem der Spieler am längeren Hebel – und das ist auch gut so. Denn die Profis spielen schlussendlich den wichtigsten Part im Fussball und sollten sich daher auch für ihre Interessen einsetzen dürfen und am meisten von den gezahlten Unsummen profitieren. Wirklich schaden tun sie damit nämlich niemandem.
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