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«Ich bin schwul»: Iker Casillas sorgt für Aufsehen – das steckt dahinter

epa09863873 Former Spanish goalkeeper Iker Casillas arrives for the main draw for the FIFA World Cup 2022 in Doha, Qatar, 01 April 2022. EPA/NOUSHAD THEKKAYIL
Iker Casillas sorgt mit einem vermeintlichen Coming-out für Wirbel.Bild: keystone

«Ich bin schwul»: Iker Casillas sorgt mit Tweet für Aufsehen – das steckt dahinter

Die spanische Fussballlegende Iker Casillas schreibt auf Twitter, dass er homosexuell sei. Doch laut ihm wurde sein Account gehackt. Was Carles Puyol damit zu tun hat und wieso die Angelegenheit für kritische Reaktionen sorgt.
10.10.2022, 07:0010.10.2022, 07:52
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Der Tweet von Iker Casillas

Iker Casillas ist in Spanien eine absolute Fussball-Legende. Der Torhüter gehörte während rund 15 Jahren weltweit zu den absolut besten seines Fachs, wurde mit seinem Land Welt- und Europameister und gewann mit seinem Verein Real Madrid jeden möglichen Titel.

Und dann lässt dieser Casillas am Sonntagnachmittag eine vermeintliche Bombe platzen. Auf Twitter schrieb die spanische Fussball-Legende, er hoffe, er werde respektiert. Denn: Er sei schwul.

Iker Casillas' Tweet:

Bild

Was Casillas' Tweet auslöste

Was für eine Botschaft: Im Männer-Profifussball, der sich nach wie vor äusserst schwer tut mit der Akzeptanz homosexueller Akteure, wo sich nach wie vor kein namhafter aktiver Spieler geoutet hat, erklärt ausgerechnet einer der Superstars der vergangenen 20 Jahre mit einer selbstverständlichen Nüchternheit, dass er schwul ist.

Doch gerade der offensichtliche Mangel an Emotionen heizte die Spekulationen über den Wahrheitsgehalt der Aussage Casillas' an.

So mutmasste die spanische Zeitung «AS», dass es sich um einen zynischen Kommentar zu aktuellen Affäregerüchten um den 2020 zurückgetretenen Torhüter handelte. Casillas war lange mit Sara Carbonero, einer spanischen Journalistin, liiert, 2021 trennten sich die beiden jedoch. Seither ist Casillas' Privatleben in spanischen Medien immer wieder Thema.

Die Reaktion von Carles Puyol

Für noch mehr Fragezeichen sorgte die Reaktion von Carles Puyol, langjähriger Rivale beim FC Barcelona, aber auch Nationalmannschaftskollege und mittlerweile enger Freund von Casillas, wie die beiden Fussballer schon mehrfach zum Ausdruck brachten.

Puyol reagierte auf Casillas' Tweet mit der Nachricht, es sei Zeit, «unsere Geschichte zu erzählen». Der ehemalige Verteidiger versah seine Botschaft mit einem Herzen und einem Kuss-Smiley und suggerierte damit, er und Casillas könnten noch mehr als enge Freunde sein:

Tweet Carles Puyol
Bild: Twitter/Sportbible

Die Richtigstellung

Puyols Antwort liess die Fragezeichen der Öffentlichkeit weiter wachsen. Doch Casillas nahm den Spekulationen anschliessend den Wind aus den Segeln. Er erklärte in einem weiteren Tweet am Sonntagabend, dass sein Twitter-Account gehackt wurde. Er entschuldige sich bei all seinen Followern und noch mehr bei der LGBT-Community:

Ob sein Account tatsächlich Opfer eines Hackerangriffs wurde oder ob die Theorien der spanischen Medien nicht doch stimmen und Casillas damit einen emotionalen Ausbruch ob der ständigen Berichterstattung über sein Privatleben verschleiern wollte, ist nicht geklärt. Casillas habe sich in der Vergangenheit schon einmal emotional zu seinem Privatleben geäussert habe, schreibt «El Mundo».

Die kritischen Reaktionen

So oder so sorgte die Aussage für Kritik in Queer-Kreisen – insbesondere auch jene von Carles Puyol.

Die britische Fangruppe «Pride in Football» hat die Tweets in einer Erklärung scharf verurteilt, wie sportingnews.com berichtet. Darin wird die Auffassung unterstützt, dass der Tweet von Casillas ein Scherz war: «Wir sollten im Jahr 2022 keine ‹Witze› auf Kosten anderer sehen, oder überhaupt.» Das schädige die LGBT+-Community.

Und auch der geoutete australische Profifussballer Josh Cavallo kritisierte die beiden spanischen Stars für ihre Respektlosigkeit gegenüber der LGBTQ+-Community – allerdings noch bevor Casillas bekundete, dass sein Account gehackt wurde.

Daraufhin ruderte Carles Puyol zurück und erklärte in einem weiteren Tweet ebenfalls, dass es ihm leid tue – er habe einen Fehler gemacht, es sei ein unbedarfter Witz ohne böse Absichten gewesen. Er respektiere und supporte die LGBTIQA+-Community.

Je nach Perspektive untergräbt Puyol damit aber Casillas' Version des gehackten Accounts. Verschiedene User nehmen an, dass Puyol Zynismus in Casillas erstem «Ich-bin-schwul-Tweet» erkannt hatte und darauf eingestiegen ist.

(con)

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Laggoss
10.10.2022 09:57registriert Januar 2021
Ich finde den Tweet von Puyol lustig und insbesondere nicht gegen Homosexualität. Es sollte eben genau möglich sein so ganz beiläufig eine gleichgeschlechtliche Beziehung zu kommunizieren.
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Baeri19
10.10.2022 11:52registriert November 2016
Irgendeine gesponsorte Facebook Fussballfanseite zeigte mir dies gestern an. Die Kommentare dazu waren zu über 90% homophob. Schlimm, dass schwul sein in vielen Kreisen immer noch nicht normal und einfach dazu gehört. Traurig!
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weissauchnicht
10.10.2022 10:39registriert März 2019
Angesichts der Bedeutung, welche solchen Tweets und Aussagen beigemessen wird, ob nun echt, gehackt oder gescherzt, scheint mir, dass wir (und auch der Journalist, welcher dies medial aufbereitet) tatsächlich noch ein Problem mit der Anerkennung unterschiedlicher sexuellen Ausrichtungen haben…
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