Roger Federer sagt, sein rechtes Knie habe ihm schon seit geraumer Zeit Probleme bereitet. Details zur Art und Schwere nannte er indes keine. Am Mittwoch habe er sich in der Schweiz einer Arthroskopie unterzogen. Vor vier Jahren liess Federer den Meniskusriss im linken Knie arthroskopisch behandeln, durch einen kleinen Einstich und mit mikrochirurgischen Instrumenten.
Offen ist nicht nur, was für eine Verletzung Federer hat, sondern auch, ob er sich die Blessur im Training zugezogen hat, oder ob sich die Beschwerden in den letzten Wochen bloss akzentuiert haben. Schon während der Australian Open in Melbourne hatte er mit zahlreichen Blessuren zu kämpfen, blieb in der Beschreibung aber schon damals äussert vage.
— Roger Federer (@rogerfederer) February 20, 2020
So lange nicht bekannt ist, welcher Art die Verletzung ist, kann dazu keine Aussage gemacht werden. Federer rechnet aber damit, zur Rasensaison ab Anfang Juni wieder in Wettkampfform zu sein und sagt: «Ich kann es kaum erwarten, wieder auf dem Platz zu stehen. Wir sehen uns auf Rasen.» Das lässt die Lesart zu, dass die lange Pause wohl auch eine Vorsichtsmassnahme ist. Und eine Lehre aus dem Jahr 2016.
Als Federer sich im Januar 2016 den Meniskus gerissen hatte, stand er bereits Mitte April wieder auf dem Platz. Damals kamen Rückenprobleme dazu, die ihn nach Wimbledon dazu bewogen, die Saison abzubrechen. Diesmal lässt er sich mehr Zeit. Ein Rücktritt könnte wohl nur dann zum Thema werden, wenn bei der Rehabilitation Verzögerungen und Komplikationen auftreten sollten.
Grosse. Federer fallen während seiner Abwesenheit 3180 seiner 7130 Punkte, und damit knapp 45 Prozent, aus der Wertung – 1000 für den Turniersieg in Miami, 720 für den Halbfinal in Roland Garros, 600 für den Final in Indian Wells, 500 für den Titel in Dubai und je 180 Punkte für die Viertelfinals in Madrid und Rom.
Zwar hat Dominic Thiem, der ihn bereits in dieser Woche in Rio de Janeiro überholen könnte, mit 3160 noch mehr Punkte zu verteidigen, doch dem Russen Daniil Medwedew fallen bis nach den French Open nur 825 Punkte aus der Wertung, und er liegt derzeit lediglich 1240 Punkte hinter dem Schweizer. Roger Federer wird damit mindestens aus den Top 4 fallen. Sein Total sinkt wird auf 3950 Punkte sinken – was momentan noch für den 7. Rang reichen würde.
Gut möglich, dass er bei seiner Rückkehr in Wimbledon jedoch noch von einer besseren Setzung profitiert, weil die Setzliste dort auf Rasen erzielte Resultate stärker gewichtet.
Roger Federer verzichtet auf Turniere in Dubai, Indian Wells, Miami und die French Open. Geht es nach Fahrplan, bestreitet Federer ab dem 15. Juni das Rasenturnier von Halle, das er im Vorjahr zum zehnten Mal gewinnen konnte. Es besteht eine kleine Möglichkeit, dass Federer bei gutem Heilungsverlauf bereits in Stuttgart in der Woche davor wieder auf dem Platz steht. Ganz sicher wird Federer in diesem Jahr nicht auf Sand antreten.
Sein grosses Ziel dürfte die Teilnahme in Wimbledon (ab 29. Juni) sein, wo er seinen neunten Titel anstrebt. Zudem möchte er Ende Juli in Tokio zum fünften Mal in seiner Karriere an Olympischen Spielen teilnehmen. Es dürfte seine letzte Chance sein. Ende August stehen zudem die US Open an. Dort trat Federer in den letzten Jahren meist mit einer kleineren oder grösseren Blessur an. Das könnte diesmal anders sein.
Wieso nicht? Roger Federer stand im Vorjahr im Wimbledon-Final, wo er zwei Matchbälle hatte und 14 Ballwechsel mehr gewann als Novak Djokovic – aber eben nicht den letzten. Sollte Federer in London gesund sein, zählt er als achtfacher Sieger erneut zu den Anwärtern auf den Titel.
Dass er nun eine längere Pause einlegt, könnte zwar einerseits ein Hinweis darauf sein, dass die Verletzung gravierender ist als beim Meniskusriss 2016, sehr viel wahrscheinlicher ist aber, dass Roger Federer im Hinblick auf das dichte Programm im Sommer mit Wimbledon, den Olympischen Spielen in Tokio und den US Open in New York kein unnötiges Risiko eingehen will.