Stephanie Erne, Melanie Müller und Gentiana Morina haben eines gemeinsam: Sie möchten den Schweizer Frauenfussball voranbringen und junge Mädchen fördern und unterstützen. «Es gibt viele Mädchen, die aufgrund ihrer Kultur nicht Fussball spielen dürfen», so Morina, die aus eigener Erfahrung spricht. Damals, als sie noch jung war, musste sie heimlich kicken gehen. Ihre Familie wollte sie nicht auf dem Fussballplatz sehen. Sie kämpfte so lange für ihre Passion, bis sie auch bei ihrer Familie Akzeptanz fand.
Mit ihren beiden Freundinnen hat sie im August 2019 den Förderverein FI9 gegründet. Der Verein steht im Namen der verstorbenen Freundin Florijana Ismaili. Sie war Spielerin bei YB und in der Schweizer Nati und kam bei einem Badeunfall im Comersee im Alter von 24 Jahren ums Leben.
Müller spielt beim FC Luzern, Erne ist Trainerin der FCL-Frauen-U17 und Morina Assistenztrainerin bei einer 1.-Liga-Mannschaft. Mit dem Förderverein FI9 organisieren sie unter anderem Camps und Fördertrainings in der ganzen Schweiz. «Bei uns können Mädchen und junge Frauen Fussballluft schnuppern und Teil dieser Gesellschaft sein», sagen die Gründerinnen.
Welche Vision hatte Florjana Ismaili?
Erne: Flo hatte den grossen Wunsch, dass alle Mädchen, die Fussball spielen wollen, dies auch dürfen. Weder die Kultur noch finanzielle Probleme sollten ein Hindernis sein. Fussball sollte für alle zugänglich sein. Sie war sehr bemüht, den Frauenfussball bekannter zu machen. Das ist nun auch unser Ziel.
Gleich geht es weiter mit dem Interview, aber vorab eine kurze Werbeunterbrechung:
Und nun zurück zum Interview ...
Wie wollt ihr diese Ziele erreichen?
Morina: Wir möchten Mädchen mit Migrationshintergrund helfen, ihre Passion auszuleben. Wir suchen die Gespräche mit den Spielerinnen und den Eltern. Oftmals sind die Eltern besorgt, dass aus den Mädchen Jungs werden. In diesem Punkt sind wir gezwungen, Aufklärungsarbeit zu leisten. Wir hatten aber bereits viele tolle Gespräche und konnten den Mädchen helfen.
Was haben die Eltern dieser Mädchen sonst noch für Bedenken?
Morina: Die meisten finden, dass es kein Frauensport sei. Bei mir war es ähnlich. Ich habe mit vier Jahren angefangen mit Fussball. Damals musste ich heimlich spielen. Meine Eltern waren dagegen, bis sie lernten, es zu akzeptieren.
Was motiviert euch, nicht aufzugeben und weiterzukämpfen für die Rechte dieser Mädchen?
Müller: Wir erhalten extrem viele Zuschriften. Sei es per Mail oder sogar per Post. Die Mädchen sind dankbar und entwickeln sich weiter. Ein Mädchen hat uns sogar Cupcakes gebacken und einen sehr süssen Brief geschrieben. Wir durften bereits viele erfolgreiche Momente feiern. All das motiviert uns. Und natürlich auch die Erinnerung an Flo.
Was möchtet ihr jungen Frauen mit auf den Weg geben?
Morina: Das Leben ist viel zu kurz. Mach dein Ding und kümmere dich nicht um andere Meinungen. Wenn du etwas im Kopf hast, dann fixier dich darauf. Auch wenn du mal scheiterst, bleib dran. Du schaffst das schon.
Stephanie: Wir möchten die Mädchen persönlich weiterbringen durch unsere eigenen Erfahrungen. Wir haben alle das Sport-KV gemacht und in grossen Vereinen gespielt. Wir wissen, wie es ist, wenn man mal an seine Grenzen kommt. Auch in diesen Punkten möchten wir sie unterstützen.
Wieso braucht es mehr Mädchen, die Fussball spielen?
Müller: Je mehr Breite wir im Frauenfussball schaffen können, umso besser wird das Niveau. Daher ist es wichtig, dass die Mädchen möglichst früh beginnen Fussball zu spielen, um ihr maximales Potenzial ausschöpfen zu können. Dazu benötigt es wiederum mehr Angebote im Mädchenfussball, um die Mädchen abholen zu können.
Morina: Ich finde, Männer sind im Allgemeinen bevorzugter im Leben. Sei es im Job oder im Fussball. Im Fussball ist der Vergleich extrem. Als Frau musst du mehr geben, um anerkannt zu werden. Darauf möchten wir die Mädchen vorbereiten. Es ist wichtig, dass man dies von jung auf macht.