Der Moment, in dem ein junger Eishockeyspieler von einer NHL-Mannschaft gedraftet wird, sollte eigentlich einer der Freude und des Triumphs sein. David Reinbachers Draft-Moment war aber weit von Perfektion entfernt.
Der österreichische Verteidiger des EHC Kloten wurde zwar überraschend früh ausgewählt – an fünfter Position von den Montreal Canadiens. Aber schon der Moment der Bekanntgabe lief nicht wie geplant ab. Montreals Goalie-Legende Carey Price vergass beim Pick den Nachnamen Reinbachers und stand wie vom Blitz getroffen auf der Bühne. Bis Price vom Staff der Canadiens erlöst wurde, dauerte es eine gefühlte Ewigkeit.
Carey Price had an opportunity to do the funniest thing possible and he TOOK it pic.twitter.com/R3mePWeEwg
— Pete Blackburn (@PeteBlackburn) June 28, 2023
Während Reinbacher Richtung Bühne schritt, um sich das Trikot der Canadiens überzustreifen, drehten viele Fans der Mannschaft durch. Nicht aus Freude, aus Frustration.
My favourite past time for the next week is going to be watching reactions to the Reinbacher pick from Habs fans🍿 pic.twitter.com/abwEI8SiZq
— James Johnson 🔥 (@JamesJohnsonYYC) June 29, 2023
ALL TIMER #GoHabsGo pic.twitter.com/Y2dcmveK99
— Sens Buzz 🐝 (@SensBuzz) June 28, 2023
Habs Fan TV reacts to… David Reinbacher. pic.twitter.com/SudoNLoIzL
— Habs Fan TV (@habsfantv_) June 29, 2023
Diese Reaktionen waren im ersten Moment nicht eine Kritik an Reinbacher, sondern am Management der Canadiens. Viele Fans glaubten, dass es so früh im Draft noch bessere Optionen gehabt hätte. Etwa Matvei Michkov oder Ryan Leonard, zwei hochtalentierte Offensivkräfte.
Doch obwohl sich allfällige Kritik eigentlich an General Manager Kent Hughes und sein Team richten sollte, bekam auch Reinbacher sein Fett weg. So sollen dem Österreicher diverse Hassnachrichten zugeschickt worden sein, darunter auch solche, in denen er als «Hitler» beschimpft worden sein soll.
Das Management in Montreal soll von dieser heftigen Reaktion überrascht worden sein, wie «The Athletic» berichtet. So hätten die Canadiens eigentlich geplant, dass der Verteidiger nächste Saison bereits in Nordamerika spielt – wenn nicht in der NHL, dann wenigstens beim AHL-Team in Laval. Doch nun scheinen sich die Verantwortlichen diesen Schritt noch einmal zu überlegen. Um Reinbacher nicht im jungen Alter diesem direkten Hass auszusetzen, besteht die Möglichkeit, dass er noch ein weiteres Jahr in Kloten bleibt.
Dort könnte der 18-Jährige sich im gewohnten Umfeld weiter entwickeln und gleichzeitig noch seine Ausbildung abschliessen. Reinbacher sagte: «Ich mache, was die Canadiens von mir verlangen. Es gäbe für meine Schule auch eine Online-Option, falls ich nach Nordamerika wechsle.» Der nächste Fixpunkt im Kalender des Kloten-Verteidigers wird das Development-Camp im Juli sein.
So dauert es vielleicht noch ein oder zwei Jahre, bis Reinbacher tatsächlich für die Canadiens aufläuft. Dabei könnten sich die Fans eigentlich auf den Österreicher freuen. Thibaud Chatel, der für nlicedata.com die Spiele der National League trackt und analysiert, ist vom Potenzial des 18-Jährigen überzeugt: «Er ist ein moderner, kompletter Verteidiger, der in jedem Jahr ein Top-10-Pick wert wäre.»
Montreal takes David Reinbacher with the 5th pick !!!!!! @CanadiensMTL
— Thibaud Chatel (@Thibaud_Chatel) June 28, 2023
Best Dman out of Swiss NL since Josi. Not the same profile but will be a franchise cornerstone. pic.twitter.com/uj8EIWRDRn
In Chatels Modell zur Evaluation von Draft-Prospects war Reinbacher gar der zweitbeste Spieler hinter Connor Bedard, mit einer Chance von über 50 Prozent, auf seiner Position das Prädikat «elite» zu erreichen. Und er wagt einen spektakulären Vergleich: «Sie sind zwar nicht der gleiche Spielertyp, aber Reinbacher war in seinem Draft-Jahr besser als Roman Josi.»
Belehre sie eines Besseren David!