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Pat Burgener: So hat ihn seine Musik aus dem Tief geholt

Patrick Burgener SUI, FEBRUARY 11, 2022 - Snowboarding : Men s Halfpipe Final during the Beijing 2022 Olympic Winter games, Winterspiele,Spiele, Summer games at Genting Snow Park in Zhangjiakou, Hebei ...
Pat Burgener will zum dritten Mal an die Olympischen Spiele.Bild: www.imago-images.de

So hat die Musik Freestyler Pat Burgener aus dem Tief geholt

Zwei Kreuzbandrisse brachten seine Karriere als Snowboarder ins Wanken. Doch der 29-jährige Pat Burgener kämpfte sich zurück und verarbeitete die mentalen Tiefs in seinen Songs. Die Musik steht ohnehin neben der dritten Olympia-Teilnahme immer mehr im Fokus.
24.11.2023, 11:0524.11.2023, 13:47
Soraya Sägesser / ch media
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Er nimmt sein Snowboard in die Hand und dreht es um, um die Unterseite zu betrachten. Dort ist eine Gitarre abgebildet, auf die er seine Fingerkuppen setzt, als würde er mit seinem Snowboard tatsächlich Musik machen. Diese Szene vereint die Leidenschaft von Pat Burgener: Snowboarden und Musik.

Der 29-jährige Waadtländer gleitet mit seinem Snowboard über die Halfpipes der Welt, tourt mit seiner Gitarre durch die Konzertlokale und zeigt dies alles in den sozialen Medien. Dies meistens mit einem breiten Grinsen in seinem Gesicht und viel Spass. Doch so sehr er sein Instagram-Profil mit positiven Momenten befüllt, verläuft sein Leben nicht immer so unbeschwert.

In seinen Songs tönt dies ganz anders. Zwar sorgt er mit beruhigenden Gitarrentönen und seiner sanften Stimme für eine gemütliche Stimmung. Wer aber genau auf den englischen Text hört, bemerkt: Ihm geht es nicht immer gut. «Ich verlor mich in einem bösen Traum, nur um festzustellen, dass alles echt war. Ich fühle mich schlecht», singt er in seinem Song «Low».

Im Song «Holding On» klingt dies etwa so: «Ich stehe am Rande des Abgrunds, es scheint ein so langer Weg nach unten zu sein.» Oder in «Mother Home»: «Ich werde meine Tränen nicht sehen lassen, verstecke sie im Inneren.» Diese Songtexte sprechen für sich, denn Burgener schreibt seine Texte unter anderem selbst.

Wegen zwei Kreuzbandrissen ins Loch gefallen

«Die meisten Leute sahen nicht, dass es mir nicht gut ging», sagt er. Auch heute gibt es nach wie vor Tage, an denen er deprimiert und lustlos ist, sagt er weiter: «Das Leben ist ein ständiger Kampf mit dem Kopf.» Mittlerweile ist er aus dem Loch geflohen.

Für Burgener war es eine schwierige Zeit auf und neben dem Snowboard. Anstatt gross darüber zu sprechen, entschied er sich, einen Song darüber zu schreiben. Heute erinnert ihn «Work It Out» daran.

Und von diesen schwierigen Zeiten im Sport hatte er so einige. Im Jahr 2014 brach er sich zuerst die Hand, danach musste man ihm sein linkes Kreuzband zusammenflicken. Es war der Tiefpunkt seiner Karriere. «Ich habe damals die schlechte Zeit genützt, um etwas aufzubauen», sagt er und witzelt, dass er sich nicht hätte verkriechen und zwei Monate nur Schokolade essen können. Zumal von Schokolade der Kreuzbandriss auch nicht schneller heilt.

Anfang 2021 riss das linke Kreuzband erneut. Letztes Jahr zog er sich am gleichen Knie eine Knochenprellung zu. Das macht ihm heute noch zu schaffen. Aber wiederholt sagt Burgener: «Ich bin ein Kämpfer.» Und das zeigte er einmal mehr an den Olympischen Winterspielen in Peking, als er elf Monate nach seinem letzten Kreuzbandriss auf Platz 11 fuhr.

Neben der Piste das erste Album veröffentlicht

Der 29-jährige Freestyler fokussierte sich daneben fortan auf seine Musik. Im Frühling dieses Jahres veröffentlichte er sein erstes Album, ging im Herbst für einen Monat auf Europatour. «Es ist stressig, aber ein megageiles Erlebnis», so Burgener. Zwischen Tour mit Gitarre und Saisonstart auf dem Snowboard war er in London, um neue Musik aufzunehmen.

Burgener verbringt so viel Zeit mit seiner Musik, da scheint es, er verbringt kaum mehr Zeit mit dem Sport. Doch das täuscht. Er trainiert täglich. «Musik war für mich der Ausgleich und meine Ferien vom Snowboarden. Jetzt ist Snowboarden Ferien für mich», sagt er und lacht. Zehn Stunden Training seien für den 29-Jährigen aber weiterhin kein Problem.

Mit dem Big Air in Chur startete der Weltcup im Freestyle. Burgener war an diesen Tagen auf der Tour, denn er fährt diese Disziplin schon lange nicht mehr. Beim Big Air in Chur möchte er dennoch einmal auftreten, aber nicht als Freestyler, sondern als Musiker. «Das wäre ein Traum», sagt er.

Im letzten Jahr hat der zweifache Olympiateilnehmer keinen einzigen Wettkampf bestritten. Das schmerzende Knie hinderte ihn daran. Das soll dieses Jahr anders sein. «Ich trainiere wieder Vollgas», sagt er, denn sein Ziel ist nach wie vor die dritte Olympiateilnahme. Doch zuerst will er im Dezember in den USA in seine Saison starten. Mehr als vier Wettkämpfe möchte er jedoch nicht absolvieren. Denn die Zeit zwischen Musik, Videodrehs und Sport will er klug aufteilen, sagt er und fügt hinzu: «Egal, was du machst, du musst Freude haben.»

Als Kind von fünf Schulen geschmissen

Burgener ist ein positiver Mensch. Das gibt er immer wieder zu verstehen. «Du darfst keinen Gedanken daran verschwenden mit ‹Was wäre, wenn ...?›», sagt er. Der 29-Jährige ist einer, der inspirieren möchte. So wurde er als 10-Jähriger von fünf Schulen geschmissen, denn seine ADHS-Erkrankung machte ihm das Leben zum Albtraum. Der Sport ist sein Ventil und stetiger Begleiter. «Snowboard ist kein Sport, sondern ein Lifestyle», sagt er.

Was das Geld angehe, werde er mit dem Sport nicht reich, sagt er. «Ich verdiene mein Geld als Pat Burgener, der seine Community unterhält.» Ob auf der Bühne der sozialen Medien, dem Schnee oder bei Konzerten. «Wenn ich über 100’000 Followers habe, bin ich steinreich», habe er sich damals gedacht. Heute folgen ihm 170’000 Menschen auf Instagram. Steinreich ist er aber nicht.

Irgendwann habe er gemerkt, dass es nicht um die Zahl gehe, sondern dass es wichtig sei, wie authentisch er etwas mache. Und das zeigt er in seinen Trickvideos, kombiniert mit Werbung und Musik. Musik und Sport sind die Konstanten im Leben von Burgener. Vor einem Wettkampf hört er beispielsweise seine eigene Musik. Vor einem Konzert kurvt er mit dem Skateboard auf der Bühne herum. Es zeigt eines: Der Freestyler kann nicht ohne Musik – und der Musiker kann nicht ohne Freestyle.

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