«Ich weiss, was ich tun muss, um ihn zu schlagen», versicherte der Weltranglisten-Dritte vor seinem Match gegen den Schotten. «Es wird wichtig sein, dass ich die Ballwechsel diktiere, dass ich aggressiv auftrete. Ich darf ihm keine Zeit lassen, sein Spiel aufzuziehen.» In den letzten Begegnungen gegen Murray gelang dies Wawrinka gut. Drei der letzten vier Partien gegen den zweifachen Wimbledonsieger konnte er für sich entschieden.
Auch der letzte Auftritt in London, am Mittwochabend beim 7:6 (7:3), 7:6 (7:3) gegen Marin Cilic, ist ein Grund zur Zuversicht für Wawrinka. Im Vergleich zum völlig missglückten Turnierauftakt gegen Kei Nishikori war er kaum wiederzuerkennen. «Es war ein sehr gutes Spiel von mir», freute sich Wawrinka und erklärte, er habe mit seinem Betreuerstab um Trainer Magnus Norman viel über die Partie gegen Nishikori geredet. Die richtigen Schlüsse wurden offenbar gezogen. Mit dem Sieg gegen Cilic hielt er sich im Rennen um den Halbfinaleinzug.
Nun ist die Ausgangslage für Wawrinka ziemlich einfach: Er qualifiziert sich für die Halbfinals, wenn er Murray in zwei Sätzen schlägt. Wenn er in drei Sätzen gewinnt, benötigt er einen Erfolg des bereits ausgeschiedenen Cilic gegen Nishikori. Eine Niederlage des US-Open-Siegers würde sowohl Murray als auch Nishikori den Vorstoss unter die letzten vier sichern.
«Es ist sowieso immer besser, in zwei Sätzen zu gewinnen», unterstrich Wawrinka. Dass er mit einem Zweisatzsieg Murray aus dem Turnier werfen und damit eine Hauptrolle im Kampf um die Weltranglisten-Führung spielen könnte, interessiert ihn nicht. «Alles, was ich weiss, ist, dass ich gewinnen muss, um auf ein Weiterkommen zu hoffen.»
Wawrinka hat in der jüngeren Vergangenheit schon mehrfach bewiesen, dass ihm grosse Herausforderungen liegen. Trotzdem wäre ein Erfolg gegen Murray eine Premiere: Ausser dreimal in einem Grand-Slam-Final (Australian Open 2014 gegen Rafael Nadal, French Open 2015 und US Open 2016 jeweils gegen Novak Djokovic) konnte er noch nie einen Weltranglisten-Ersten bezwingen. 0:19 lautet die Bilanz abgesehen von den drei Major-Finals. Er fühle sich mental bereit, um einen grossen Match zu zeigen, versicherte Wawrinka. «Aber ich spiele gegen einen Andy Murray voller Selbstvertrauen, der zuletzt alles gewonnen hat. Er ist die Nummer 1 der Welt und hat bewiesen, dass er alles gibt, um es zu bleiben.»
Murray ist seit seinem verlorenen Match gegen Juan Martin Del Potro beim Davis-Cup-Halbfinal gegen Argentinien Mitte September in 21 Partien ungeschlagen. Seit dem verlorenen French-Open-Final gegen Novak Djokovic hat der 29-Jährige sieben von neun Turnieren gewonnen, die er bestritten hat, darunter Wimbledon und die Olympischen Spiele in Rio.
«Trotz aller Erfolge muss er physisch etwas angeschlagen sein von der langen Saison», vermutet Wawrinka. Am Mittwoch stand der Brite für seinen Dreisatzsieg gegen Nishikori fast dreieinhalb Stunden lang im Einsatz. Natürlich spürt auch der Schweizer die Anstrengungen der letzten elf Monate. Aber er hat gegen Cilic gezeigt, dass er noch über ausreichend Reserven verfügt, um sich nach einem verpatzten Turnierstart zu steigern. «Ich habe eine Super-Challenge vor mir. Es ist das letzte Turnier einer unglaublichen Saison. Ich will nicht, dass sie am Freitag endet.» (fox/sda)