Irgendwann erlaubte sich Roger Federer den Hinweis, er spiele übrigens gegen Steven Johnson, «das ist der Grund, weshalb ich in Australien bin.» Ein Duell, das aus sportlicher Sicht wenig Brisanz hat.
Viel dringender sind vor den Australian Open andere Themen. Die Luftqualität zum Beispiel, die wegen der Buschfeuer ausserhalb der Stadt in der Vorwoche zum Teil so schlechte Werte erreichte, dass die Behörden die Bewohner aufforderten, die Fenster und Türen zu verriegeln und ihre Häuser nicht zu verlassen.
Federer weilt seit über einer Woche in Melbourne, trainierte aber nur bei geschlossenem Dach, «darum kann ich kein echtes Urteil abgeben», sagt er. Am Spielertreffen am Freitagabend seien aber viele offene Fragen besprochen worden. Zuvor waren der Spanier Rafael Nadal und er von Brayden Schnur attackiert worden. Sie würden sich zu wenig für das Wohl der Konkurrenten einsetzen, monierte der Kanadier, sie seien egoistisch und selbstsüchtig. Später entschuldigte sich Schnur bei Federer.
Für die Kritik hatte der Baselbieter denn auch wenig übrig. In seiner Funktion als Spielerrat habe er bereits am ersten Tag in Melbourne im Turnierbüro vorgesprochen und sich über die Situation aufklären lassen. Er halte es für vertretbar, zu spielen. Und überhaupt: «Viel wichtiger ist, was mit den Tieren passiert, dem Wald, der Vegetation, den Menschen, die von den Buschbränden betroffen sind und den Feuerwehrleuten.»
Für die Spieler sehe er keine Gefahr. «Ich mache mir keine Sorgen.» Wichtig sei die Kommunikation, und dort sei vieles schief gelaufen. Nicht alle teilen Federers Meinung. Der Amerikaner Noah Rubin zum Beispiel, der in der Qualifikation ausschied, sagte: «Wir Spieler haben das Gefühl, dass uns Informationen vorenthalten werden. Wenn es um die Gesundheit geht, sind alle betroffen - unabhängig vom Geschlecht, vom Ranking, vom Einkommen.» Er sehe eine Grenze überschritten. Seinen Appell schloss er mit dem Hinweis, er werde dem Roten Kreuz Geld spenden.
Federer sagte, nicht nur die Luftqualität, sondern auch die Hitze würden eine Rolle spielen. «Einige Spieler sind es nicht gewohnt, bei 35 Grad zu spielen. Speziell dann, wenn sie in der Halle trainiert haben.» Gegen den Vorwurf, er setze sich nicht für seine Spielerkollegen ein, wehrte sich Federer aber wortreich. «Ich bin im Spielerrat, schon lange auf der Tour, kenne die Niederungen der Weltrangliste, war Junior.»
Er sei schon so lange dabei, und letzten Endes würde allen daran liegen, dass es dem anderen gut gehe. Man sehe sich ja auch in der Kabine. Er verstehe die Frustration einiger. Mal sei es die Tour an sich, mal der Spielplan, mal die Hitze. «Man kann es nicht allen Recht machen. Es wird immer jemanden geben, der sich beschwert.» Federer kennt das seit Jahren.
Äussern musste sich der 38-Jährige auch zu der streitbaren Margaret Court, noch einmal zur Klimabewegung, die ihn mit ihrem Protest zu einer Stellungnahme bewegt hatte. Über seinen Gegner, Steve Johnson, hatte er noch kein Wort verloren. Auch nicht dazu, dass Rafael Nadal mit einem Turniersieg seinen Grand-Slam-Rekord einstellen könnte. Seit dem 16. November hat Federer keinen Ernstkampf mehr bestritten, «deshalb sind meine Erwartungen ziemlich tief.»
Das erstaunt, hat Federer in Australien sechs Mal gewonnen, zuletzt 2018. Er begründete das damit, dass er noch nicht wisse, wo er stehe. Doch er habe sich gut vorbereitet, fühle sich körperlich gut, «das ist schon einmal Gold wert.» Denn er habe nicht mehr so viel Energie wie mit 25. «Der Weg zum Erfolg ist sehr weit.» Keiner weiss das besser als Roger Federer, der 20-fache Grand-Slam-Sieger.