Der erste Tag der Australian Open 2024 endete um 0:35 Uhr Ortszeit, der zweite Tag begann um 1:40 Uhr und am Donnerstag endete Daniil Medwedew Arbeitstag um 3:39 Uhr. Der Russe setzte sich in der zweiten Runde gegen den Finnen Emil Ruusuvuori in fast 4,5 Stunden durch.
Natürlich waren die Tribünen leer, als der Medwedew, der in den ersten beiden Sätzen unterlegen war, seinen Gegner im fünften Satz mit 6:0 vom Platz fegte. Hätte Medwedew nicht selbst spielen müssen, wäre er wohl auch nicht ins Stadion gekommen. So sagte er an der Pressekonferenz nach dem Spiel:
Der ehemalige Tennisspieler John Isner kennt lange Spiele. 2010 zog sich der Marathon-Match zwischen dem Amerikaner und dem Franzosen Nicolas Mahut in Wimbledon über drei Tage hin. Isner machte am Australian Open dann auch deutlich, was er von den nächtlichen Tennismarathons hält: «Das ist ein kompletter Unsinn», meinte er.
Diejenigen Spieler, die nachts antraben müssen, kommen nach ihren Spielen oftmals nicht vor 7 Uhr morgens ins Bett, denn nach dem Spiel ist die Arbeit noch nicht getan. Es warten Pressekonferenzen, Interviews und Nachbesprechungen. Dabei wäre doch die Erholung an einem Grand-Slam-Turnier besonders wichtig.
No one should be playing tennis at 330am. This is looney tunes.
— John Isner (@JohnIsner) January 18, 2024
Medewedew und Ruusuvuori sind nicht die ersten Spieler, die bis in die frühen Morgenstunden auf dem Platz standen. Bei den Australian Open halten Marcos Baghdatis und Lleyton Hewitt den Rekord: 2018 spielten sie bis um 4:33 Uhr. Im letzten Jahr beendete Andy Murray seine zweite Runde um 4:06 Uhr und bezeichnete die Partie anschliessend als Farce. Auch an anderen Turnieren werden die von den Spielern oftmals kritisierten Night Sessions gespielt, zum Beispiel am US Open oder am Masters in Paris-Bercy.
Erst Anfang Jahr gab es auf Wunsch der Athletinnen und Athleten hin Änderungen, was die Spielzeiten betrifft. Die neue Regelung gilt jedoch nur für die traditionellen ATP- und WTA-Turniere, nicht aber für die Majors, wo die Organisatoren selbst entscheiden können, wie lange gespielt wird. In Wimbledon ist zum Beispiel um 23 Uhr Schluss, damit die Anwohnenden vom Lärm nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.
Diese Entscheidungshoheit des Australian Open bezüglich Anspielzeiten führte also dazu, dass die Partie zwischen Medwedew und Ruusuvuori erst 23:16 Uhr begann – obwohl bei den Grand Slams der Herren die Spiele über drei Gewinnsätze ausgetragen werden und daher länger dauern.
Tennis Australia, der Veranstalter des Australian Open, hat eine eigene Massnahme ergriffen, um das Problem zu bekämpfen: So wurde ein zusätzlicher Turniertag eingeführt, um die zahlreichen Erstrundenspiele besser zu verteilen. Seit diesem Jahr beginnt das Turnier also nicht mehr am Montag, sondern bereits am Sonntag.
Das Australian Open kopiert somit das Turnier im Roland Garros, das – wenn auch aus anderen Gründen – ebenfalls einen zusätzlichen Tag eingebaut hat. In Paris ist diese Neuerung den regelmässigen Regenunterbrüchen geschuldet.
Da die Night Sessions am Australien Open aber wie gehabt durchgeführt werden, liess die Kritik in nicht lange auf sich warten. Viele Beobachter sehen hinter dem zusätzlichen Tag nämlich Beweggründe finanzieller Natur. So sei der zusätzliche Tag eine Möglichkeit, um mehr Geld durch Ticketverkäufe zu generieren. Der Fall Medwedew–Ruusuvuori zeigt, dass diese Stimmen recht haben könnten.