Sie ist noch nicht 16 Jahre alt, da wird Sarah Meier erstmals Schweizer Eiskunstlauf-Meisterin. Sieben Jahre später gewinnt die Bülacherin EM-Silber. Es ist die erste Schweizer Frauen-Medaille seit drei Jahrzehnten. Ein Erfolg, den Meier 2008 wiederholen kann.
Doch nun soll Schluss sein: Meier will ihre Eislaufkunst künftig nur noch abseits von Wettkämpfen präsentieren. Vor der EM 2011 in Bern kündigt sie ihren Rücktritt an. Die Veranstaltung im eigenen Land soll einen würdigen Rahmen für den Abschied von der Profisportbühne bilden.
Dass Sarah Meier ihre Karriere mit einer Goldmedaille um den Hals krönen würde, ahnt sie zum Zeitpunkt der Rücktrittsankündigung nicht. Denn ihre Form ist unbeständig, der Körper lädiert. Wegen einer Fussverletzung kann sie seit Oktober keinen Ernstkampf bestreiten. «Gut möglich, dass ich hier von einem Neuling geschlagen werde», sagt Meier deshalb im Vorfeld.
Aber die Titelkämpfe beginnen gut, noch bevor die Schlittschuhe das erste Mal auf dem Eis sind. Sarah Meier zieht für das Kurzprogramm eine günstige Startnummer, kann nach allen Favoritinnen antreten. Sie nutzt diese Chance und zeigt eine starke Leistung, auch die Dreifach-Kombinationen gelingen ihr. So ist Meier bei Halbzeit auf Rang 3, hinter der Finnin Kiira Korpi und Ksenia Makarowa aus Russland.
«Dafür, dass sie seit fast einem Jahr keinen Wettkampf gelaufen war, war dies fast eine Meisterleistung», lobt die NZZ. Sarah Meier ist mit ihrer Darbietung ebenfalls zufrieden. Dennoch betont sie in der Interviewzone der eiskalten Berner Postfinance-Arena: «Ich bin noch sehr, sehr weit von einer Medaille entfernt.»
Tags darauf vor der Kür ist sie dann noch nervöser. Der allerletzte Wettkampf ihrer Karriere – und eine Medaille ist sehr wohl im Bereich des Möglichen, das weiss auch Meier. «Ich glaube, ich sterbe!», vertraut sie vor dem Einsatz Stéphane Lambiel an, dem zweifachen Weltmeister (2005 und 2006) aus dem Wallis.
Lambiel findet vielleicht die richtigen Worte, um Meier etwas zu beruhigen. Jedenfalls gelingt es ihr, sich für die finale Kür noch einmal hundertprozentig zu konzentrieren. Sie nimmt sich vor, nicht bloss Bronze verteidigen zu versuchen, sondern anzugreifen.
Sarah Meier gelingt der Wettkampf ihres Lebens. Sie ist von A bis Z fokussiert, macht keinen Fehler. Erst als die Musik aus dem Film «Love in the Time of Cholera» verstummt, lässt sie Emotionen zu. Jetzt kullern ihr Tränen über die Wangen.
«Ich hoffe, ich stelle nach dem Aufwachen nicht fest, dass alles nur ein Traum war», sagt sie noch. Es ist keiner. Schöner als Sarah Meier kann man eine Karriere nicht beenden.