Eine Schweizer Nationalmannschaft ohne Spieler mit albanischen Wurzeln? Schwer vorstellbar. Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri sind die beiden wichtigsten Spieler des Teams, Valon Behrami hatte diesen Status ebenfalls, auch Admir Mehmedi oder Blerim Dzemaili sind albanischer Herkunft. Dabei ist es noch gar nicht lange her, als erstmals ein Fussballer mit Wurzeln im Kosovo für die Schweiz auflief.
Milaim Rama ist der Wegbereiter, dessen wundersamer Aufstieg mit sieben Länderspiel-Einsätzen gekrönt wird. 1993 kommt er in die Schweiz, da ist er 17 Jahre alt und hat noch nie in einem Klub gespielt. Sein erstes richtiges Team ist der FC Interlaken, Rama beginnt ganz zuunterst, in der 5. Liga.
«Danach ging es sehr schnell. Es war fast wie ein Wunder», schildert Rama seinen Aufstieg. Der FC Thun wird auf den Stürmer aufmerksam, holt den 21-Jährigen. In der Nationalliga B weht jedoch ein anderer Wind, Milaim Rama trifft nur selten. Bis in der Saison 2001/02 der Knopf aufgeht – und wie! Unter dem neuen Trainer Hanspeter Latour schiesst Rama die Thuner mit 25 Toren in die Nationalliga A.
Kein Wunder, ist er heute eine der grössten Legenden der Thuner Klubgeschichte. Sein steiler Aufstieg geht auch in der höchsten Spielklasse weiter. Rama schiesst 20 Tore, nur GC-Meistermacher Richard Nuñez ist mit 27 Treffern noch besser.
Nationaltrainer Köbi Kuhn bleibt der Thuner Knipser nicht verborgen. Der Verband setzt sich deshalb dafür ein, dass Rama eingebürgert wird. Nur vier Monate nach seinem Antrag erhält Milaim Rama den Schweizer Pass, vier weitere Monate später absolviert er bereits sein erstes Länderspiel.
«Ich hatte mir das Aufgebot mit meinen Toren verdient», so Rama heute. Dass er es so weit gebracht hatte, bezeichnet er als «ein absolutes Wunder. Denn mir fehlen im Vergleich zu anderen zehn Jahre Ausbildung in einem Fussballklub. Aber ich habe das Unmögliche möglich und alle Albaner stolz gemacht.»
Ein Tor gelingt ihm im Dress des Nationalteams nicht. Er darf aber auch nur zwei Mal wenigstens eine Halbzeit lang ran, die anderen fünf Länderspiele sind Kurzeinsätze von höchstens zwölf Minuten. Höhepunkt sind die fünf Minuten im EM-Spiel 2004 gegen Frankreich, auch wenn die Schweiz zum Zeitpunkt von Ramas Einwechslung mit 1:3 zurückliegt und die Partie dann auch mit diesem Resultat verliert. Sauer? «Ich bin sehr dankbar, dass mich Köbi Kuhn zum Nationalspieler gemacht hat», sagt Rama bloss.
Unglücklich für Milaim Rama, der über hundert Tore für den FC Thun geschossen hat, ist die Tatsache seiner Absenz bei der Champions-League-Sternstunde der Berner Oberländer. Denn als Thun 2005 als Vizemeister sensationell im Konzert der Grossen mitmischt, verdient Rama seine Brötchen nach einem Abstecher in die deutsche Regionalliga (Augsburg) beim FC Schaffhausen.
«Ich bereue nicht, dass ich die Champions League verpasst habe. Ich bereue einzig, dass ich die Nerven verloren und nach nur einem Jahr in Augsburg den Vertrag aufgelöst habe.» Erst 2006 kehrt Milaim Rama nach Thun zurück, wo er bis zu seinem Rücktritt 2012 bleibt.