Das ist mal ein Empfang. Der ganze Freiburg-Fanblock begrüsst den ehemaligen Publikumsliebling Mohamadou Idrissou mit einem eigens komponierten Song. Und der geht so: «Idrissou spielt Champions League, auf PS3, die ganze Nacht, von 12 bis 8!» Was war geschehen?
Eigentlich hat der Kameruner beim SC Freiburg ein gutes Leben. Der Stürmer erzielt in der Aufstiegssaison 2008/09 einige wichtige Tore und ist auch in der ersten Spielzeit nach der Promotion eine feste Grösse im Team.
Doch im Frühling 2010 läuft es dem Sportclub nicht mehr nach Wunsch. Die Rückrunde startet man mit einem Punkt aus fünf Partien, zu Hause ist man schon sechs Spiele ohne Tor und damit das heimschwächste Bundesliga-Team der Geschichte. Die Abstiegsränge rücken näher und es herrscht Krisenstimmung. Kurz: Die Zukunftsaussichten sind rabenschwarz.
Idrissou ist unglücklich und das Spitzenteam Schalke buhlt um den Angreifer. Jetzt steht auch noch das Kellerduell gegen das abgeschlagene Schlusslicht Hertha Berlin an. Idrissou hat die ganze Woche schlecht trainiert und in der Kabine diese folgenschweren Worte an seine Teamkollegen gerichtet: «Ich habe keine Lust mehr, mit Absteigern zu spielen. Ich spiele nächstes Jahr Champions League.»
Ob die Worte wirklich so gefallen sind, will niemand bestätigen. Trainer Robin Dutt erklärt lediglich: «Zu Details sage ich nichts. Aber es sind von Freitag bis Sonntag Dinge vorgefallen, die nicht akzeptabel sind.» Der Kameruner wird von Dutt gegen Berlin auf die Ersatzbank gesetzt. Freiburg taucht 0:3. In der folgenden Woche gibt es eine zweistündige Aussprache zwischen Trainer, Spielerrat und Idrissou. Danach machen alle auf gute Laune.
Doch der Publikumsliebling ist tief gefallen, die Fans verzeihen ihm nicht und tatsächlich verlässt der 1,91-Meter-Schlacks im Sommer die Breisgauer nach dem knappen Ligaerhalt. Ziel ist aber nicht die Champions League und Schalke, sondern Borussia Mönchengladbach, immerhin Europa-League-Teilnehmer.
Es sollte jedoch eine schlimme Saison werden für die Fohlen. Vor dem 16. Spieltag liegt das Team abgeschlagen auf dem letzten Platz. Und jetzt geht die Reise nach Freiburg. Der SC grüsst glücklich von Rang 5.
Mo Idrissou und seine Kollegen starten allerdings gut. Der Kameruner vergibt bald eine dicke Chance und hätte in der 36. Minute fast zum 1:0 getroffen. Doch Torhüter Oliver Baumann lenkt den Ball mit letztem Einsatz an den Pfosten. Dort kracht auch Idrissou rein. Er quält sich zwar noch zehn Minuten bis zur Pause, kehrt aber nach dem Tee nicht mehr aufs Feld zurück.
Durch die Hintertür klappt der Abgang beim 0:3 aber nicht. Kurz vor der Pause setzt der SC-Fanblock zur Melodie von «Rivers of Babylon» zu einem höhnischen, minutenlangen Abschiedsgesang an: «Idrissou spielt Champions League, auf PS3, die ganze Nacht, von 12 bis 8!»
Statt Königsklasse und Spitzenkämpfe heisst es für Idrissou Abstiegskampf und Spottgesang. Den Schuldigen für den Spass auf seine Kosten findet «Mo» selbst: Freiburgs Trainer Robin Dutt. Er erklärt noch vor dem Rückspiel gegen Freiburg im Mai 2011 gegenüber der «Badischen Zeitung»: «Das kam bestimmt von ihm. Es ist nicht fair, einen Spieler, der alles für den Verein gegeben hat, als Buhmann gehen zu lassen. Ich bin noch nicht mal ordentlich verabschiedet worden, keine Blumen, nichts. Das hat weh getan.» Dabei hat ausgerechnet Dutt vor dem Spiel in Freiburg im Dezember die Fans zu einem respektvollen Umgang mit dem Stürmer aufgefordert.
Im Februar 2011 übernimmt Lucien Favre die Fohlen und führt die «Elf vom Niederrhein» spektakulär via Barrage zum Ligaerhalt. Für Idrissou findet er keine Verwendung mehr und schiebt ihn im Sommer zu Frankfurt in die 2. Bundesliga ab. Dort wird der Kameruner immerhin zu einer Schlüsselfigur im Aufstiegsrennen, wechselt aber nach der Rückkehr in die erste Liga zu Kaiserslautern und bleibt in Liga 2. Im Sommer 2014 geht die Reise weiter zu Maccabi Haifa, danach spielt er noch bei einigen unterklassigen Vereinen aus Österreich und Deutschland, bevor er im Sommer 2021 seine Karriere beendet. Champions League hat er nie gespielt – ausser womöglich auf der Playstation.