Es sind harte Jahre, die die Fans der Young Boys durchmachen müssen. Ab und zu kommen sie einem Titelgewinn zwar nahe, aber klappen tut es nie. Für lange Zeit bleibt der Cupsieg 1987 der letzte grosse Erfolg.
Anfang März 2017 ist der Meisterzug bereits wieder abgefahren. Der FC Basel hat 17 Punkte Vorsprung auf die zweitplatzierten Berner, am Ende der Saison wird der FCB zum achten Mal in Folge Schweizer Meister.
Aber vielleicht geht ja im Cup etwas. Nach Siegen beim SC Veltheim aus Winterthur (6:0), in Bazenheid (7:1) und im Achtelfinal gegen GC (5:0) meint es die Losfee gut mit YB. Im Viertelfinal darf es zum einen zuhause antreten und zum anderen gegen den Zweitletzten der Challenge League ran, den FC Winterthur. Vor dem Cupspiel haben die Zürcher in 13 Partien nur einen Sieg geholt. Ein vermeintliches Freilos.
Vor 9462 Zuschauern nimmt die Partie auf dem Berner Kunstrasen denn auch den erwarteten Lauf. Torjäger Guillaume Hoarau schiesst schon nach acht Minuten das 1:0. Vor der Pause zirkelt Leonardo Bertone einen Freistoss zum 2:0 ins Netz. «YB wie im Training», schildert SRF-Reporter Mario Gehrer in seiner Zusammenfassung.
Eigentlich kann nun nichts mehr schief gehen. Doch es geht alles schief.
Dem Brasilianer Silvio gelingt nach einer Stunde der Anschlusstreffer – und nur fünf Minuten später gleicht Underdog Winterthur aus. Manuel Sutter ist der Torschütze.
Das 2:2 ist ein Schock für YB. Aber die Mannschaft ist nicht völlig von der Rolle. Sie gibt weiter den Ton an, kommt zu zahlreichen Chancen. Hoarau trifft in der Verlängerung erst die Latte und später den Pfosten. 28:6 Abschlüsse zählt die «Berner Zeitung» am Ende. Ihr Matchbericht trägt den Titel: «YB, wie es versagt und verliert».
Denn der Ball will einfach nicht mehr rein. So kommt es nach 120 Minuten zum Penaltyschiessen – etwas, das man noch zur Pause kaum für möglich gehalten hatte. In dieser Entscheidung aus elf Metern treffen alle fünf Schützen des FC Winterthur. Winti-Goalie Matthias Minder wird zum grossen Held, denn er wehrt den Penalty des YB-Franzosen Yoric Ravet ab.
Wieder bleiben die Young Boys damit an einem Unterklassigen hängen. 2012 war schon einmal Winterthur zu stark, ein Jahr darauf der FC Wil, dann schied man gegen Le Mont aus und 2015 sogar gegen den SC Buochs aus der 2. Liga Inter.
Es will einfach nicht. Da können Züri West noch so oft «Irgendeinisch fingts ds Glück eim» singen. Und so feiert Gelb-Schwarz im Sommer 2017 nicht den ersten Cupsieg seit einer halben Ewigkeit, sondern das traurige Jubiläum von 30 Jahren ohne Titel.
YB-Trainer Adi Hütter bezeichnet die Niederlage als eine seiner bittersten Stunden. Dem Vorarlberger verschlägt es die Sprache: «Bitte verzeihen Sie, wenn ich nicht immer die entsprechende Antwort finde. Das ist schwer in Worte zu fassen.»
Viele Anhänger haben die Schnauze voll. Sie fordern nach dem blamablen Ausscheiden Hütters Entlassung. Jahre später wird YB-Sportchef Christoph Spycher vom «ersten schwierigen Moment» im Amt sprechen.
Was schief gehen kann, geht damals bei YB schief. Murphy's Law. Irgendwann haben sie noch alles veryoungboyst. Das Verb hatte es längst ins Vokabular Schweizer Fussballfans geschafft. Doch wieder liegt man falsch, so falsch wie zur Pause gegen Winterthur, als man glaubte, dass eine 2:0-Führung vermeintlich nicht mehr zu verspielen sei.
Denn was nun folgt, ist die Wiederholung der erfolgreichsten Ära der Klubgeschichte. Wie in den 1950er-Jahren werden die Young Boys ab 2018 vier Mal in Folge Schweizer Meister. Zunächst mit Adi Hütter an der Seitenlinie, denn Spycher hält an seinem Trainer fest.
YB muss lange und oft untendurch. Aber das Glück hat die Berner endlich gefunden.