Die Partie war schnell entschieden. Im ersten Drittel gehen die Colorado Avalanche gegen die Vancouver Canucks innert 9:23 Minuten 5:0 in Führung. Ausgerechnet Steve Moore markierte dabei das 5:0. Es ist sein fünfter Treffer in der NHL. Und wird sein letzter bleiben. Denn die Aggression weicht in dieser Partie nicht – und sie wird im letzten Drittel brutal explodieren.
8:2 steht es mittlerweile. Todd Bertuzzi verfolgt Moore über das Feld, provoziert ihn, zerrt am Shirt, aber der 25-Jährige ignoriert seinen Kontrahenten. Bis dieser ihm entnervt hinterrücks die Faust an den Hinterkopf donnert. Es kommt zu einer Massenschlägerei. Nur Moore bleibt bewusstlos liegen.
Nach rund zehn Minuten wird der angegriffene Spieler auf einer Trage vom Eis und ins Spital befördert. Drei Wirbel hat er im Nackenbereich gebrochen, er erleidet eine Gehirnerschütterung dritten Grades, verletzte Wirbelkörper und Nerven, eine Platzwunde im Gesicht und Erinnerungsverlust. Moore wird nie mehr aufs Eis zurückkehren.
Wie war es überhaupt dazu gekommen? Die Geschichte beginnt drei Wochen zuvor, als die beiden Teams aufeinandertreffen. Moore checkt dabei Canucks-Captain Markus Näslund brutal am Kopf. Ein «Nobody» schaltet den Topskorer aus, reklamieren die Kanadier. Doch es gibt keine Strafe – nicht einmal als die Szene im Nachhinein untersucht wird.
Vancouver tobt. Bertuzzi nennt Moore ein «Stück Scheisse». Näslund verpasst drei Spiele. Just auf das nächste Duell am 3. März kehrt er zurück. Die Partie geht ohne grosse Zwischenfälle über die Bühne.
Doch wiederum fünf Tage später kommt es zum dritten Duell innert wenigen Wochen. Jetzt wird Moore pausenlos provoziert. Er sagt: «Immer, wenn ich auf dem Eis war, wollten sich zwei bis drei Spieler mit mir prügeln.»
Nach sechs Minuten – noch stand es 0:0 – rauft sich Moore mit Matt Cooke. Es ist nur eine von vier Prügeleien im ersten Drittel. Die Rechnung scheint beglichen. Trotzdem warnt ein NHL-Verbandsangestellter die Schiedsrichter, dass es hier eine Eskalation geben könnte. Verhindern können sie diese nicht.
Bertuzzi gibt zwei Tage nach dem Zwischenfall eine Pressekonferenz und entschuldigt sich unter Tränen für den Vorfall. Er habe Moore nicht verletzen wollen.
Der Rüpel wird bis zum Saisonende gesperrt, die Canucks müssen 250'000 Dollar bezahlen. Da danach eine Lock-out-Saison folgt, wird Bertuzzi international gesperrt.
Erst zur Saison 2005/06 darf er wieder aufs Eis. Er fehlte 17 Monate, was die viertlängste Sperre der Geschichte bedeutete. Der Flügelstürmer verliert damit rund 500'000 an Gehalt und geschätzte 350'000 Dollar Werbeeinnahmen.
Doch damit ist der Fall nicht beendet. Gegen Bertuzzi wird ein Strafverfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung aufgenommen. Er wird dabei erst freigesprochen, erhält aber eine einjährige Bewährungszeit. Moore arbeitet an seinem Comeback, doch immer wieder auftretende Kopfschmerzen und Übelkeit verhindern ein Profi-Comeback.
Darum klagt das Opfer ab 2005 weiter. Der Fall dauert Jahre. Moore fordert am Ende vor Gericht 68 Millionen Dollar für Schmerzensgelder und Erwerbsausfall. Erst im August 2014 einigen sich die beiden aussergerichtlich. Die Bedingungen bleiben geheim.
Bertuzzi setzt seine Karriere 2006/07 bei den Florida Panthers fort, wird dann zu den Detroit Red Wings transferiert und wechselt im Sommer 2007 zu den Anaheim Ducks, ein Jahr später zu den Calgary Flames. 2009 kommt er zurück zu Detroit, wo im Sommer 2014 sein Kontrakt nicht verlängert wird. Als Free Agent unterschreibt er 2015 bei den Binghamton Senators, in der Hoffnung, so wieder in die NHL zu kommen. Zwölf Tage später löst er den Vertrag auf und beendet seine Karriere.