Seit Jahren gehören die Tampa Bay Lightning zu den besten Teams der NHL. Doch den Technik-Virtuosen aus Florida haftete der Ruf an, dass sie stets versagen, wenn es um etwas geht, wenn die Gangart härter wird und auch die anderen Franchisen ihr bestes Hockey spielen. In der vergangenen Saison holten die Lightning die President's Trophy für das beste Team der Regular Season, um dann gleich bei erster Gelegenheit grandios zu scheitern.
Winning me...
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Something to celebrate in 2020. pic.twitter.com/pr0LyHA7V6
Doch in diesem Jahr war alles anders. Der Stanley-Cup-Sieger von 2004 verstärkte sich geschickt und liess sich von der Körperlichkeit der Konkurrenz nicht mehr schocken. Die «Blitze» hielten dagegen, spielten sich in einen Rausch und holten hochverdient den zweiten Cup der Franchise-Geschichte. Mit nur sechs Niederlagen in vier Playoff-Serien war die Dominanz mehr als beeindruckend.
Im Kampf um die Norris Trophy für den besten Verteidiger der Regular Season musste sich Victor Hedman noch klar geschlagen geben. Hinter Roman Josi von den Nashville Predators und John Carlson von den Washington Captials belegte der 29-jährige Schwede nur Rang 3, obwohl er von Experten seit längerer Zeit als der beste Verteidiger der Liga angesehen wird.
Doch im Gegensatz zu Josi und Carlsen war die Punktausbeute des Verteidigungsministers der Lightning einfach zu bescheiden – «nur» 11 Tore gelangen Hedman bei 44 Assists in 66 Spielen. Doch in den Playoffs zeigte der schwedische Norris-Trophy-Gewinner von 2018, dass er auch anders kann: In den 25 K.o.-Spielen der Lightning erzielte er 10 Tore und 12 Assists. Eine beeindruckende Marke für einen Defensiv-Spezialisten.
Und Hedman wurde für seine Leistungssteigerung belohnt: Als erst zweiter Verteidiger in den letzten zwölf Jahren wurde er von der NHL mit der Conn Smythe Trophy als Playoff-MVP ausgezeichnet.
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Steven Stamkos war schon ohne Stanley-Cup-Triumph eine lebende Lightning-Legende. Seit 2008 spielt der 30-jährige Kanadier für die Franchise aus West-Florida, seit 2014 ist er Captain des Teams. In der Saison 2018/19 löste der Nummer-1-Draft von 2008 zudem Vincent Lecavalier als Rekord-Torschützen des Klubs ab, mittlerweile steht Stamkos bei 422 Toren und 410 Assists in 803 Spielen.
Diese Saison stand allerdings unter keinem guten Stern für Stamkos. Nach einer Operation an der Rumpfmuskulatur im März und einer weiteren Verletzung im Trainingscamp Mitte Juli drohte der sechsfache All-Star die kompletten Playoffs zu verpassen. Doch im dritten Finalspiel gegen die Dallas Stars stand Stamkos plötzlich wieder auf Eis.
Zwar absolvierte er nach seiner sechsmonatigen Verletzungspause nur fünf Shifts und spielte nur knapp drei Minuten, doch die hatten es in sich: Der einzige Torschuss von Stamkos sass nämlich, sein 2:0 war der wegweisende Treffer auf dem Weg zur erstmaligen Führung im Stanley-Cup-Final. Danach kam Stamkos nicht mehr zum Einsatz, erst beim Stemmen des Potts war der Captain wieder gefragt.
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Gary Bettman ist in der nordamerikanischen Hockey-Szene alles andere als beliebt. Der NHL-Commissioner wurde über die Jahre von den Fans als Gesicht der geldgierigen Funktionäre abgestempelt. Bei fast jeder Gelegenheit wurde Bettman deshalb in den Stadien von Vancouver bis Miami gnadenlos ausgepfiffen. Oft auch in Momenten, wo es eigentlich etwas zu feiern gab, wie beispielsweise während seiner Reden vor der Übergabe des Stanley Cups.
Doch in diesem Jahr konnte keiner den verhassten NHL-Boss auspfeifen. Die NHL-Playoffs fanden wegen der Corona-Pandemie ja komplett ohne Zuschauer statt. So genoss Bettman den Moment der Stanley-Cup-Übergabe für einmal sichtlich. Vielleicht auch, weil er nicht allein im Mittelkreis stand und den Gewinner-Captain zu sich rief. Die Lightning hatten wegen des fehlenden Publikums um eine Änderung des sonst üblichen Protokolls gebeten. Und so war Bettman für einmal mittendrin statt nur dabei.
In der letzten NHL-Saison schrieben die St.Louis Blues ein hollywoodreifes Märchen. Gerade noch in die Playoffs gerutscht, feierten sie völlig überraschend den ersten Stanley-Cup-Triumph der Franchise-Geschichte. In den diesjährigen Playoffs lief es weniger rund, nach einer wenig inspirierten Leistung scheiterte der Titelverteidigung gleich bei erster Gelegenheit an den Vancouver Canucks.
Wie sich mit dem Stanley-Cup-Triumph der Lightining herausstellte, wurden die Blues auch noch zum Super-Loser dieser NHL-Playoffs. Denn sie verloren gegen die Canucks, die später gegen die Vegas Golden Knights verloren, die später gegen die Dallas Stars verloren, die später gegen die Tampa Bay Lightning verloren. «From First to Worst» sozusagen.
Fast zehn Wochen dauerten die ungewöhnlichsten NHL-Playoffs der Geschichte. Wegen der Corona-Pandemie mussten die Spieler die gesamte Zeit in Isolation in der sogenannten «Bubble» verbringen. Insgesamt 64 Tage dauerte die Abgeschirmtheit total und am Ende traf das ein, was eigentlich niemand für möglich gehalten hat.
Anders als im Tennis oder in den anderen gossen US-Sportligen wie der NBA, der NFL oder MLB gab es keinen einzigen positiven Corona-Fall. Auch als die Fallzahlen in den USA und in Kanada kontinuierlich anstiegen, konnte die NHL stets eine «Null» vermelden – die «Bubble» hat gehalten. Dennoch dient sie nur bedingt als Blaupause für die kommende Saison. Denn die Spieler haben bereits klar gemacht, dass sie nicht eine komplette Spielzeit in Quarantäne verbringen wollen. Playoffs ja, Regular Season nein, lautet der Tenor.
Deshalb ist auch noch unklar, wie und wann die neue NHL-Saison starten wird. Im Moment gilt der 1. Dezember als anvisierter Starttermin, aber von den NHL-Verantwortlichen hat es derzeit keiner eilig. Lieber schaut man vorerst auf die bereits laufenden NFL und MLB und wie diese Ligen den Umgang mit Corona zu handhaben versuchen.